Aktuelles Forschungsprojekt "Literaturkonzepte der juristischen und politischen Eliten"
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Aktuelles Forschungsprojekt "Literaturkonzepte der juristischen und politischen Eliten"
DFG-Projekt Ralf Grüttemeier: „Ein Land der mittelmäßigen Literatur“. Literaturkonzepte der juristischen und politischen Eliten in den Niederlanden im 20. Jahrhundert
Das Projekt will relevante Bausteine für eine Geschichte des literarischen Feldes der Niederlande im 20. Jahrhundert aus Sicht der juristischen und politischen Eliten liefern. Diese Beziehung wird traditionell konzeptualisiert als eine zunehmende Autonomisierung der Literatur und des literarischen Feldes seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Dabei verhalten sich im Konfliktfall (zum Beispiel bei Gerichtsverfahren gegen Literaten oder bei politisch motivierter Zensur) Literaturwissenschaftler in der Regel wie Parteigänger. Gerade unter Berufung auf ihre professionelle Kennerschaft nehmen sie zumeist die Rolle eines Verteidigers der literarischen Autonomie gegen jede Einflussnahme von außen ein. Im hier beantragten Projekt soll hingegen eine analytische Metaperspektive verwendet werden. Um die Sicht der juristischen und politischen Eliten auf das niederländische literarische Feld im 20. Jahrhundert zu rekonstruieren, untersucht das Projekt ihr professionelles Verhalten als Juristen und Politiker gegenüber Literatur sowie ihre beruflich artikulierten Sichtweisen auf Literatur, insbesondere mit Bezug auf Poetik und Ansichten zur gesellschaftlichen Funktion von Literatur. Dazu werden bislang noch nicht erschlossene Quellen herangezogen: Im Bereich der Politik sollen systematisch alle parlamentarischen Debatten analysiert werden, in denen Literatur eine Rolle spielte. Auf juristischer Ebene werden, in Ergänzung und Kontextualisierung der bislang untersuchten Prozessdokumente, alle verfügbaren Texte und Archivalien aller Personen herangezogen, die als juristisch-literarische Vermittler gelten können: einerseits die Rechtsanwälte, die eine Rolle in niederländischen literarischen Prozessen gespielt haben, andererseits niederländische Juristen, die regelmäßig über Literatur publizieren. Diese Rekonstruktion des Blicks von außen soll anschließend in Beziehung zum literarhistorischen und feldtheoretischen Forschungsstand der Niederlandistik gesetzt werden. Auf diese Weise will das Projekt insbesondere prüfen, inwiefern die verzögerte Entwicklung des niederländischen literarischen Feldes auch durch eine relativ geringe Wertschätzung der niederländischen juristischen und politischen Eliten für moderne niederländische Literatur – wofür es einige Hinweise gibt – erklärt werden kann.
Die Ergebnisse im Hinblick auf die Niederlande sollen gegen Ende der Projektlaufzeit auf einer Tagung mit dem Arbeitstitel "Literature and the Field of Power from an International Comparative Perspective" aus komparatistischer Perspektive auf ihre Spezifik hin geprüft werden. In diesem Zusammenhang sollen im Projekt auch Thesen bezüglich eines genaueren theoretischen Modells der sich permanent ändernden Machtverhältnisse zwischen dem literarischen Feld und dem Feld der Macht entwickelt und zur Diskussion gestellt werden.
DFG-Projekt Ralf Grüttemeier: “A country of mediocre literature”. Literary concepts of the juridical and political elites in the Netherlands in the 20th century
The project aims at writing relevant parts of a history of the Dutch literary field in the 20th century from the perspective of the juridical and political elites. This relation has been usually described in terms of a growing autonomisation of literature since the end of the 19th century. In case of conflict (for example around literary trials or political censorship) most literary scholars act as a party in a conflict, that is: as defenders of literary autonomy. In the present project however, an analytical meta-perspective on the conflicting parties will be taken. By looking at the Dutch literary field through the eyes of the juridical and political elites, the project starts out to reconstruct the professional behaviour and views towards literature of those outside the literary field, especially concerning their poetic preferences and ideas on the societal function and status of literature. In order to do so, the project will use sources that have been neglected so far: concerning politics, it will analyse systematically all parliamentary debates in which literature has played a role. Concerning law, and in addition to the documents from trials that the applicant has used in earlier research, the project will look at all available texts from all persons that can be taken as juridical-literary mediators in the Netherlands of the 20th century: lawyers in Dutch literary trials and jurists that publish regularly on literature. This reconstruction of the views and professional behaviour from those outside the literary field will then be held against the state of art of Dutch literary scholarship with regard to literary history and field-theory. This way, the project will add a further dimension to the picture of the Dutch literary field and thereby promises a more adequate reconstruction and a more plausible explanation of its comparatively delayed development in the 20th century. Especially, it will investigate the indications that the Dutch elites show more reservations towards their own (in casu: Dutch) modern literature than other nations. Accordingly, at the end of the project, the specificity of the Dutch case will be discussed a workshop (with the working title "Literature and the Field of Power from an International Comparative Perspective"), exploring in how far the results concerning the Netherlands offer fruitful perspectives for other literary fields and/or for a more detailed theoretical model of the ever changing and contested power-balance between the literary field and the field of power.