Forschungsprojekt "Neue Sachlichkeit" (abgeschlossen)
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Forschungsprojekt "Neue Sachlichkeit" (abgeschlossen)
DFG-Projekt Ralf Grüttemeier: "Neue Sachlichkeit"
Neue Sachlichkeit hat sich im Nachgang zur gleichnamigen Ausstellung in Mannheim 1925 von der Malerei aus schnell auch in anderen Kunstsparten wie Literatur, Architektur, Musik und Photographie etabliert. Ebenso hat sie auf andere Länder ausgegriffen. Dabei stechen insbesondere die Niederlande heraus, wie die Lehnübersetzung Nieuwe Zakelijkheid unterstreicht. Das Bild dieses Stilbegriffs (Müller-Seidel: wenn es denn ein solcher ist) in der Literaturwissenschaft ist jedoch nach wie vor in beiden Ländern ein Problem, unter anderem wegen der weltanschaulichen und poetologischen Heterogenität der hierunter gefassten Autoren bzw. Texte und der Verstrickung vieler Literarhistoriker in die Normen der zeitgenössischen Konkurrenten der Strömung. Vor diesem Hintergrund wählt das hier durchgeführte Projekt einen neuen Ansatz, der in einem Sammelband (Grüttemeier, Beekman & Rebel 2013) erprobt und jetzt anhand des vom Umfang her gut abzugrenzenden Korpus der Literatur der Niederlande systematisch angegangen wurde: Nieuwe Zakelijkheid wird als Positionierungsstrategie (sensu Bourdieu) untersucht.
Das Projekt fragt dabei nach den Funktionen des Begriffs und Konzepts Nieuwe Zakelijkheid im zeitgenössischen Kampf um Positionen im erst Anfang des 20. Jh.s etablierten literarischen Feld der Niederlande. Insbesondere wird dabei das Delpher-Projekt (KB Den Haag) genutzt, das darauf zielt, eine möglichst große Zahl von niederländischen Tageszeitungen online durchsuchbar zu machen. So wurde systematisch der Gebrauch und die Funktionen des Begriffs und Konzepts in den journalistischen Literatur- und Kunstdebatten analysiert und zu den bekannten Positionierungen der vermeintlich wirkungsmächtigsten Kritiker (u.a ter Braak, Marsman und van Vriesland) und Autoren (u.a. Last, Revis, Stroman und Wagener sowie Bordewijk und Kuyle) in Bezug gesetzt. Vor allem wurde untersucht, inwiefern die nicht nur in der Literatur, sondern in allen Kunstsparten schnell dominant werdende negative Beurteilung der Nieuwe Zakelijkheid vor dem Hintergrund der gerade erst gewonnenen relativen Autonomie des literarischen Feldes gesehen werden muss (cf. Dorleijn/van Rees 2006). Darauf deutet insbesondere hin, dass aus Sicht zentraler Akteure des literarischen Feldes die Nieuwe Zakelijkheid in vielen Aspekten von etablierten Autonomisierungstendenzen im Feld abwich und so zur Zielscheibe für Heteronomie-Kritik werden konnte (u.a. Nähe zu Journalismus, zu dokumentarischen Verfahren, zur Mode etc.). Das Ergebnis dieses Teilprojekts findet sich in der Dissertation von Janka Wagner.
Die anhand der Niederlande gewonnenen systematischen Ergebnisse wurden gegen Ende des Projekts auf einer internationalen Fachtagung insbesondere mit germanistischen Kollegen diskutiert und auf ihre internationale Anschlussfähigkeit hin geprüft. Das Ergebnis dieses Teilprojekts war der Sammelband Neue Sachlichkeit im Kontrast - Deutschland und die Niederlande.
DFG-Projekt Ralf Grüttemeier: "Neue Sachlichkeit - English summary"
After its launch with an exhibition in Mannheim in 1925, Neue Sachlichkeit spread quickly from painting to other art forms such as literature, architecture, music and photography, but also to other countries. The Netherlands were prominent in these dynamics, as the literal translation Nieuwe Zakelijkheid indicates. However, what literary historians mean with this stylistic notion (Müller-Seidel: if it is one) is still not clear in both Germany and the Netherlands, due among other things to the ideological and poetic heterogeneity of the authors and texts that were generally related to it and the fact that many scholars turned out to be biased by the norms of its contemporary opponents. Against this background, an innovative approach was implemented here by analysing the notion of Nieuwe Zakelijheid as a positioning strategy (sensu Bourdieu). This approach, after having been tested in different pilot-studies (see Grüttemeier, Beekman & Rebel 2013), was systematically applied to the well delineated Dutch case in this project.
More specifically, the project focussed on the functions of the notion and the concept Nieuwe Zakelijkheid in the fight for positions in the 1920s and 30s in the literary field of the Netherlands. Especially the Delpher-tool (KB Den Haag) will be used for the analysis, since it aims at offering a significant and still growing number of Dutch newspapers for a full-text-online search. The uses and functions of the term and the concept Nieuwe Zakelijkheid in journalistic literature- and arts-debates were analysed and related to the well-known views of the supposedly most influential critics (among others ter Braak, Marsman and van Vriesland) and authors of the Nieuwe Zakelijkheid (among others Last, Revis, Stroman and Wagener, but also Bordewijk and Kuyle). The central conclusion was that the negative judgement on the Nieuwe Zakelijkheid, which quickly became dominant in the realm of literature (but also in other arts), can be explained by the fact that the literary field had grown relatively autonomous only shortly before (cf. Dorleijn/van Rees 2006). The pilot-studies mentioned above (Grüttemeier, Beekman & Rebel 2013) is in line with this result: according to central actors in the literary field, the Nieuwe Zakelijkheid seemed to oppose tendencies towards growing autonomization, among other things by its closeness to journalism, to documentary writing, to fashion etc. Therefore Nieuwe Zakelijkheid became the prime target for the advocates of the autonomization of the literary field. A more detailed account of this part of the project can be found in the dissertation by Janka Wagner.
The systematic results gained in the proposed project were discussed in its third year in an international conference with colleagues from Germanistik, in order to reflect the result’s relevance in international perspective. This lead to the volume Neue Sachlichkeit im Kontrast (2021).