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Mit der inklusiven Beruflichen Orientierung geht die Frage einher, wie Menschen mit unterschiedlichen Bedarfen, u.a. auch mit Behinderung und einem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf, in einer barrierefreien Schule in ihrer Berufsorientierung und im beruflichen Übergang unterstützt werden können. Bei der Beruflichen Orientierung und Inklusion handelt es sich gleichermaßen um schulische Querschnittsthemen, die aufgrund der Subjekt- und Biografieorientierung sowie der Überschneidungen bei diversen Maßnahmen und Kooperationspartner*innen aufeinander bezogen werden können und müssen. Eine fundierte Qualifizierung aller zukünftigen Lehrkräfte gehört zu den entscheidenden Gelingensbedingungen einer inklusiven Berufsorientierung. Hierbei handelt es sich einerseits um ein Forschungsdesiderat bzgl. der notwendigen Kompetenzen der Lehrkräfte und anderseits um eine Gestaltungsaufgabe, welche alle drei Phasen der Qualifizierung von Lehrkräften betrifft.
Gegenstand des Promotionsprojektes ist deshalb der Qualifikationsbedarf von sonderpädagogischen Lehrkräften und Fachlehrkräften zur inklusiven Beruflichen Orientierung und die konkreten Implikationen für die Erstausbildung von Lehrkräften.
Die Promotion soll den folgenden Forschungsfragen nachgehen:
- Welches sind die Kompetenzen von sonderpädagogischen Lehrkräften und Fachlehrkräften für eine inklusive Berufliche Orientierung,
- die für die Bewältigung der Aufgaben beider Gruppen von Lehrkräften notwendig sind und Kooperation ermöglichen?
- die spezifisch für jeweils eine Gruppe der Lehrkräfte ist?
- Wie kann der Erwerb der notwendigen Kompetenzen im Rahmen der Lehrer*innenerstausbildung konzeptionell fundiert werden?
Die Bearbeitung der Forschungsfragen soll sowohl theoretisch wie auch empirisch erfolgen.
Die Inklusion und Berufliche Orientierung sind in den letzten 15 Jahren stark in den Schulen ausgebaut worden und in Niedersachsen verpflichtender Inhalt der Erstausbildung von Lehrkräften in Universitäten und Studienseminaren. Es handelt sich zugleich um zwei schulische Gesamtaufgaben, die theoretisch (individuelle Unterstützung, Subjekt- und Biografieorientierung) und praktisch (insbesondere aufgrund des involvierten pädagogischen Personals) zahlreiche Schnittstellen aufweisen.
Mit Blick auf die allgemeinen Schulen ist aber festzustellen, dass bereits die Gestaltung und Umsetzung systematischer Konzepte der Beruflichen Orientierung auch ohne inklusive Belange erhebliche Probleme bereitet, u.a. weil die Qualifikation der Lehrkräfte nicht gesichert ist (vgl. Schröder, Lembke & Fletemeyer, 2018). Bei einer inklusiven beruflichen Orientierung erweitern sich die Aufgaben und Ansprüche an die Lehrkräfte weiter, weil beispielsweise zusätzliche Maßnahmen und Partner zur Förderung des nachschulischen Übergangs sowie weitere Anschlussalternativen zu berücksichtigen sind. Die unzureichende Kompetenz, die auch von den Lehrkräften selbst wahrgenommen wird, führt in der Konsequenz zu einer ablehnenden Haltung bezüglich einer inklusiven Beruflichen Orientierung (Nentwig, 2018, S.377f). Die Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte für die notwendigen Kompetenzen angesichts der Intersektionalität der Aufgabenstellungen im aktuellen Bildungssystem erfordert umfassende Forschungsaktivitäten über alle Ebenen des Bildungssystems (Art 24 UN-BRK) hinweg (Bless, 2017). Eine fundierte Qualifizierung aller zukünftigen Lehrkräfte gehört zu den entscheidenden Gelingensbedingungen einer inklusiven Berufsorientierung und sollte gemäß internationaler Konzeptionen und dem World Report on Disabilities (World Health Organization & World Bank, 2011,S. 222) das Wissen, Können und die Einstellungen ansprechen (Melzer, Hillenbrand, Sprenger & Hennemann, 2015).
Gegenstand des Promotionsprojektes ist der Qualifikationsbedarf von sonderpädagogischen Lehrkräften und Fachlehrkräften zur inklusiven Beruflichen Orientierung und die konkreten Implikationen für die Erstausbildung von Lehrkräften. Die Promotion soll den folgenden Forschungsfragen nachgehen:
- Welches sind die Kompetenzen von sonderpädagogischen Lehrkräften und Fachlehrkräften für eine inklusive Berufliche Orientierung,
- die für die Bewältigung der Aufgaben beider Gruppen von Lehrkräften notwendig sind und Kooperation ermöglichen?
- die spezifisch für jeweils eine Gruppe der Lehrkräfte ist?
- Wie kann der Erwerb der notwendigen Kompetenzen im Rahmen der Lehrer*innenerstausbildung konzeptionell fundiert werden?
In einem ersten, theoretischen Schwerpunkt geht es um die Aufarbeitung des nationalen und internationalen Diskurses zur inklusiven Beruflichen Orientierung. Im zweiten, konzeptionellen Schwerpunkt sind vor dem Hintergrund der verschiedenen Kompetenzmodelle die Kompetenzanforderungen von Lehrkräften zur inklusiven Beruflichen Orientierung zu präzisieren. Dies betrifft sowohl spezifische als auch gemeinsame Kompetenzen von sonderpädagogischen Lehrkräften und Fachlehrkräften. Im dritten, empirischen Schwerpunkte sollen durch die Befragung von Lehrkräften die relevanten Kompetenzen herausgearbeitet werden. Der vierte Schwerpunkt dient zum Transfer der Forschungsergebnisse in den Erstausbildung von Lehrkräften an Universitäten, aber auch an Studienseminaren.
Bless, G. (2017). Integrationsforschung: Entwurf einer Wissenskarte. Zeitschrift für Heilpädagogik, 68., S. 216–227
Bylinski, U. (2014). Gestaltung individueller Wege in den Beruf: Eine Herausforderung an die pädagogische Professionalität. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag.
Dreer, B. (2013): Kompetenzen von Lehrpersonen im Bereich Berufsorientierung. Beschreibung, Messung und Förderung. Wiesbaden: Springer
Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV Bylinski, U./Rützel, J. (Hrsg.) (2016): Inklusion als Chance und Gewinn für eine differenzierte Berufsbildung. Bielefeld: Bertelsmann, S. 101-112
Hillenbrand, C. (2013). Inklusive Bildung: wirksame Unterstützung des Lernens für alle Schüler. In S. Maschke, G. Schulz-Gade und L. Stecher (Hg.), Jahrbuch Ganztagsschule 2014: Inklusion. Der pädagogische Umgang mit Heterogenität (S. 33–42). Schwalbach, Taunus: Debus Pädagogik.
Kunter, M.; Baumert, J.; Blum, W.; Klusmann, U.; Krauss, S.; Neubrand, M. (Hrsg.) (2011): Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Münster: Waxmann
Nentwig, L. (2018). Berufsorientierung als unbeliebte Zusatzaufgabe in der Inklusion? Eine Studie zur Bereitschaft von Lehrpersonen zum Engagement in der inklusiven Berufsorientierung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt
Preuss-Lausitz, U. (2019). Ergebnisse der Inklusions- und Separationsforschung nach zehn Jahren UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Bilanz und Perspektiven. Zeitschrift für Heilpädagogik, 70, S. 468–483
Schröder, R. (2018): Inklusion in der schulischen Berufsorientierung: Synergien und Herausforderungen. In: Zeitschrift für Heilpädagogik, Heft 03/2018, S. 108-120
Schröder, R.; Lembke, R.; Fletemeyer, T. (2018): Konzeptionelle Gestaltung der Berufs- und Studienorientierung in gymnasialen Schulformen: Eine qualitative Studie zur unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Realisierung. In: Wittmann, E.; Frommberger, D.; Ziegler, B. (Hrsg.): Jahrbuch der berufs- und wirtschaftspädagogischen Forschung 2018. Opladen-Berlin-Toronto: Budrich.
World Health Organization & World Bank (2011). World report on disability. Malta.
Prof. Dr. Clemens Hillenbrand, Pädagogik und Didaktik bei Beeinträchtigungen des Lernens, Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik
Prof. Dr. Rudolf Schröder, Ökonomische Bildung mit dem Schwerpunkt Berufsorientierung, Department für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften