Das Minervaheiligtum von Cividate Camuno
Das Minervaheiligtum von Cividate Camuno
Das Minervaheiligtum von Cividate Camuno
„Mille dea est operum […] ingeniosa dea est.“ (Ov. Fasti, III, 833, 840)
Dienstag, 3. Mai 2016
Am Dienstagmorgen ging es für unsere Studentengruppe zum Heiligtum der Minerva in Spinera (Breno, Cividate Camuno). Dort tauchten wir unter fachkundiger Leitung in die Geschichte des Heiligtums ein.
Direkt am östlichen Ufer des Flusses Oglio gelegen, wurde das Minerva-Heiligtum auf einem Felsenvorsprung erbaut und gliederte sich in die natürlichen Begebenheiten ein.
Der Platz diente bereits seit der Eisenzeit als Kultstätte für die Camunni, den Einwohnern des Valcamonica. Archäologen fanden einen Opferschrein sowie einen Brandopferplatz aus jener Zeit. Von Anfang an scheint Wasser eine Hauptrolle in dem dort praktizierten Kult zu Ehren einer vermutlich weiblichen Gottheit gespielt zu haben.
Im Zuge der römischen Eroberung des camunnischen Gebiets im frühen 1. Jahrhundert n. Chr. wurde an der Stelle des ehemaligen Heiligtums ein römischer Tempel gebaut, welcher in flavischer Zeit renoviert wurde. Der Tempel war der römischen Göttin Minerva geweiht. Diese galt als Göttin des Handwerkes, des Gewerbes, der Weisheit, der Kunst sowie der taktischen Kriegsführung. Bei der Minerva Spinera handelt es sich jedoch in erster Linie um die römische Interpretation einer nativen Gottheit, die eng mit der Verehrung von Wasser verbunden war. Der Minerva Spinera wurde daher eine heilende Kraft zugeschrieben. Vermutlich wurden im Rahmen der Kultausübung rituelle Bäder praktiziert.
Das Heiligtum bestand aus mehreren Räumen, die bis an den Felsen heran gebaut wurden. Die Seiten wurden von Säulenhallen flankiert. Der Hof des Tempels verlief zum Fluss hin und wurde durch diesen begrenzt. Vom Hof führte eine kurze Treppe hinauf in den Hauptraum des leicht erhöht liegenden Tempels.
Die Innenräume des Tempels waren mit Mosaikböden und Fresken an den Wänden verziert, während eine Reihe von Wasserbecken und Brunnen in den Nebenräumen untergebracht waren und die enge Verbindung des Kults zum Wasser betonten. Der Boden des Hauptraumes war mit einem schwarz-weißen Fliesenmosaik dekoriert, in welches Abbildungen von Zweigen und Delphinen eingearbeitet waren. In diesem Raum stand die Statue der Minerva. Diese Statue war eine römische Kopie eines griechischen Originals aus dem 5. Jh. v. Chr. Gefertigt wurde sie aus pentelischem Marmor.
Im 4. Jh. n. Chr. führte die fortschreitende Christianisierung des Valcamonica zum Ende des Minervakults in diesem geographischen Raum. Das Heiligtum wurde durch ein Feuer zerstört. Nachdem die Erinnerung an den Tempel so gut wie ausgestorben war – noch heute wird eine Brücke in der Nähe des Heiligtums von der lokalen Bevölkerung als Brücke der Minerva bezeichnet – wurden seine Überreste 1986 im Rahmen von Erdarbeiten wiederentdeckt.
Seit dem 29. September 2007 sind die Überreste des Heiligtums als Freilichtmuseum der Öffentlichkeit zugänglich. Während die Besucher im Freilichtmuseum eine Kopie der Minerva Spinera zu sehen bekommen, ist das Original im archäologischen Museum von Cividate Camuno ausgestellt. Ebenso sind dort Teile der archäologischen Kleinfunde aus dem Tempel, wie Votivgaben an Minerva, zu betrachten.