Schultz, Wolfgang-Andreas
Schultz, Wolfgang-Andreas
Schultz, Wolfgang-Andreas
Statement
Was geschieht, wenn der Westen seine Definitionsmacht darüber verliert,
was "modern" ist? Die Globalisierung könnte überraschende Folgen haben ...
Biographie
Wolfgang-Andreas Schultz, geb. 1948 in Hamburg, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hamburg, danach Komposition und Musiktheorie bei Ernst Gernot Klussmann und György Ligeti, dessen Assistent er 1977 wurde. Von 1988 bis 2016 war er Professor für Musiktheorie und Komposition in Hamburg. Er schrieb zahlreiche, im In- und Ausland aufgeführte Werke, darunter Opern, Symphonien, Solokonzerte und Kammermusik. Mehrere CDs mit seiner Musik sind erschienen, zuletzt: „Japanische Landschaften“ ( C2Hamburg 2013). Publikationen: „Das Ineinander der Zeiten – Kompositionstechnische Grundlagen eines evolutionären Musikdenkens“ (Weidler-Verlag). 2014 erschienen im Schott-Verlag die wichtigsten musikphilosophischen Texte als Buch unter dem Titel „Trauma.Avantgarde.Spiritualität - Vorstudien zu einer neuen Musikästhetik“, und 2018 im Europa-Verlag das Buch „Die Heilung des verlorenen Ichs – Kunst und Musik in Europa im 21. Jahrhundert“. (www.WolfgangAndreasSchultz.de)
Werkauswahl
Bühnenwerke:
"Das Federgewand", Kammeroper nach einem japanischen No-Spiel (1978)
"Talpa", Kammeroper nach einer Erzählung von Juan Rulfo (1979)
"Sturmnacht", Oper in 2 Akten, Text von Hanns-Josef Ortheil (1980 - 82)
"Achill unter den Mädchen" Oper in einem Akt, Text von Hanns-Josef
Ortheil (1993 - 95)
Orchesterwerke:
"Shiva", Tanzdichtung für Flöte und Orchester (Flötenkonzert, 1990 - 91)
1. Symphonie "Die Stimmen von Chartres" (1998 - 99)
4. Symphonie "Die Stimmen Andalusiens" für Sopran und Orchester (2005 - 06)
"Transfiguration", Bildbeschreibung nach Raffael für Orchester (2006)
"Sakuntala", indische Legende für Violine und Orchester (Violinkonzert,
2010 - 11)
Kammer- und Klaviermusik:
"Capriccio notturno" für Bläserquintett (1984)
"Mein junges Leben hat ein End" - Totenritual, Fantasie für Klavier
(1995 - 96)
"Japanische Nebellandschaft" für Flöte solo (2003)
3. Streichquartett "Landschaft der Horchenden - Vier Menschen (2004 - 05)
"Bilder auf dem Grund des Sees", Quartett für Flöte, Violine, Viola und
Violoncello (2009 - 10)
"Landschaft mit der Verstoßung der Hagar", Quartett für Klavier,
Violine, Viola und Violoncello (nach Claude Lorrain, 20011 - 12)
"Indras Netz" - ein Zyklus für Klavier nach dem Kegon-Sutra (2012)
"Krishnas Verwandlungen" für Flöte und Klavier (2015 - 16)
Variationen über ein Thema von Bach für Klavier (2016)
"Im Blick der Bilder", 5 Klavierstücke nach Bildern von Lorrain,
Tintoretto und C.D. Friedrich, 2018)
Globalisierung und neue Musik
Es gibt nicht "Musik" und "ethnische Musik". Die klassische und moderne
Musik sind die "ethnische Musik" der westlichen Gesellschaften. Wir
werden der Musik anderer Kulturen auf Augenhöhe begegnen müssen.
Im Westen hat sich ein Denken entwickelt, das Einzelne aus seinen
Beziehungen zu isolieren, während fast alle anderen Kulturen das
Einzelne gerade durch seine Beziehungen zu verstehen suchen -
essentialistisches gegen relationales Denken. In der Moderne des 20.
Jahrhunderts, vor allem in den avantgardistischen Strömungen, hat das
essentialistische Denken auch die Musik erfasst, am stärksten im
Serialismus: dort stand der aus allen Relationen gelöste Einzelton mit
seinen physikalischen Eigenschaften im Zentrum. Klänge aus
Zusammenhängen und von allen Bedeutungen zu lösen, wurde als "Befreiung"
missverstanden und führte dazu, dass nur noch das "Material" im
Vordergrund stand.
Sich von diesem Denken zu verabschieden und wieder Beziehungen ins
Zentrum zu stellen, öffnet die Türen für neue Verbindungen zur eigenen
Tradition und zur Musik anderer Kulturen. Es soll weder darum gehen,
sich auf die europäischen Tradition zurückzuziehen, noch darum, sich von
ihr zu verabschieden, sondern darum, sie in der Begegnung mit anderen
Kulturen zu bereichern. Aus dem Osten kommt dafür ein schönes Bild:
"Indras Netz". Dort wird das Bewusstsein mit einem Netz von Perlen
verglichen, die alle ihre eigene Identität haben und zugleich alle
anderen in sich spiegeln.
Wolfgang-Andreas Schultz