Das Wiko zu Berlin
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Das Wiko zu Berlin
Das Wissenschaftskolleg zu Berlin. Eine historisch-wissenschaftssoziologische Studie, 1978-2020 (See English version below)
In dem Projekt wird das Wissenschaftskolleg zu Berlin (Wiko) untersucht. Das Wiko ist eines der weltweit renommiertesten Institute for Advanced Study (IAS), es soll ausgewählten Spitzenwissenschaftler:innen die Möglichkeit bieten, jenseits des disziplinär segmentierten Universitätsalltag dem eigenen Denken eine neue Richtung zu geben. Die Fellows sollen frei von allen Verwertungsinteressen und Erfolgszwängen forschen und sogar scheitern zu dürfen. Das Kolleg sollte von Beginn an sowohl disziplinäre Grenzen, die Differenz von Wissenschaft und Kunst als auch nationale Forschungstraditionen unterlaufen, indem Wissenschaftler:innen aller Fächer, Künstler:innen und Fellows aus dem damaligen Ostblock bzw. Afrika, Asien und Süd-amerika eingeladen wurden.
Das Wiko erscheint wie in Knotenpunkt des Wissenschaftsbetriebs: Der Aufenthalt ist bewusst als Bruch mit universitären Routinen angelegt und soll diese in der Folge ändern. Im Längsschnitt zeichnet sich eine Transformation von Habitus und Selbstverständnis von Wissenschaftler:innen seit den 1980er Jahren ab. Das Wiko kann zudem als Symptom einer Krise des Wissenschaftssystems gedeutet werden, das durch Bürokratisierung, Spezialisierung, Überfüllung und den sich bei Gründung des Wiko bereits abzeichnenden verschärften globalen Wissenschaftswettbewerb zunehmend in die Kritik geraten ist.
Deshalb bietet dieses IAS eine ideale wissenschaftshistorische Fallstudie, um den vielfältigen und komplexen Strukturwandel der Wissenschaft in der bundesdeutschen Nachkriegszeit konzentriert auf eine exzentrisch positionierte Institution detailliert untersuchen zu können. Das Projekt wird die Gründungsgeschichte des Wiko seit 1978 in der spezifisch wissenschaftlichen Situation der späten 70er und 80er Jahre (Massenuniversität, Kritik des Elitendenkens, Beginn des Exzellenzdiskurses) rekonstruieren und die Position des Kollegs in der westdeutschen und internationalen Wissenschaftslandschaft genauer bestimmen.
Bearbeiter: PD Dr. David Kuchenbuch.
Das Projekt wird seit 2024 durch die DFG gefördert.
Erste Publikation:
Etzemüller, Thomas: „Mein Gott, das war das glücklichste Jahr in meinem Leben“. Das Wissenschaftskolleg zu Berlin als Milieu und Offenbarung. Zur Ethnografie einer anti-universitären Institution, in: Meyer, Daniel/Reuter, Julia/Berli, Oliver (Hg.): Ethnografie der Hochschule. Zur Erforschung universitärer Praxis, Bielefeld 2022, S. 251-273
The Wissenschaftskolleg zu Berlin, 1978-2020. A Study in History and Sociology of Science
The research project examines the Wissenschaftskolleg zu Berlin (Wiko). Wiko is one of the world's most renowned Institutes for Advanced Study (IAS), offering select academics the opportunity to give new direction to their thinking, unburdened by the constraints and routines of everyday university life. Free from commercial or bureaucratic pressures, the fellows are invited to conduct research according to their own interests, even fail – productively – in their endeavors. From its beginnings, the Kolleg was in fact meant to undermine disciplinary boundaries and those separating science and art, as well as national research traditions, by inviting academics from all disciplines, artists, and public figures, from the (former) Eastern Bloc, Africa, Asia, and South America.
The Wiko, thus, holds a special place in the academic world. The fellowships are deliberately designed as a break away from university routines, intended to change fellows’ perceptions of their own work as a result. Consequently, Wiko also makes for an ideal object to study transformations in the habitus and self-image of academics since the 1980s from a historiographical viewpoint. Similarly, Wiko can be interpreted as the outcome of a permanent crisis discourse in the university system, which is seen as suffering from bureaucratization, specialization, teaching overload, and intense global scientific competition, all of which were already apparent when the Wiko was founded.
As an institution which is at the same time eccentrically positioned and functionally integrated in the academic world, the Wissenschaftskolleg thus offers an ideal case study by which to examine in detail the diverse and complex structural changes in academia in the post-war period. The project will reconstruct the founding history of Wiko since 1978 in the specific context of the late 1970s and 80s (mass university, criticism of elitism, beginnings of the “excellence”-discourse) and determine the position the IAS has since held in the (West) German and international academic landscape.
The project has been funded by the DFG since 2024.
Researcher: Dr. David Kuchenbuch
First publication:
Etzemüller, Thomas: „Mein Gott, das war das glücklichste Jahr in meinem Leben“. Das Wissenschaftskolleg zu Berlin als Milieu und Offenbarung. Zur Ethnografie einer anti-universitären Institution. In: Meyer, Daniel/Reuter, Julia/Berli, Oliver (Eds.): Ethnografie der Hochschule. Zur Erforschung universitärer Praxis, Bielefeld 2022, 251-273