Prize Papers: Schnappschüsse der Vergangenheit
Prize Papers: Schnappschüsse der Vergangenheit
Die Geschichte der Frühen Neuzeit aus einem alltäglichen Blickwinkel nachvollziehen – aus Sicht von Menschen, deren Briefe oder Notizen nur rein zufällig die Jahrhunderte überdauert haben: Das erlauben die sogenannten Prize Papers im Londoner Nationalarchiv. Hunderttausende Dokumente, aber auch Gegenstände aus der Zeit ab 1652 lagerten dort lange unbeachtet in unzähligen Archivboxen. Ein Langzeitprojekt unter Oldenburger Leitung hebt inzwischen diesen Schatz an Überlieferungen und macht ihn ebenso für Forschende zugänglich wie für die Öffentlichkeit.
Schreiben lernen unter Deck
Was der Bremer Matrose Johann Pohl zu Papier brachte, wäre üblicherweise kaum in einem Archiv überliefert worden. Seine zählt zu den vielen ungehörten Stimmen, die die Erschließung der „Prize Papers” zu Gehör bringt und so das Wissen über vergangene Jahrhunderte ergänzt.
Die Perspektive wechseln
In den Prisenpapieren bilden sich die großen Umwälzungen der europäischen Expansion wie Kolonialismus oder Armutsmigration aus einem – oftmals sonst kaum überlieferten – alltäglichen Blickwinkel ab. Chance für einen Perspektivwechsel, so Dagmar Freist, Leiterin des Akademienprojekts.
Wenn Briefe für ihren Verfasser handeln
„Heranzoomen und wieder herauszoomen zu können, das ist einfach faszinierend“, sagt Historiker Lucas Haasis über Mikrogeschichte. In einer solchen mikrohistorischen Studie hat er selbst zehn Jahre lang gewissermaßen eine Zeitkapsel untersucht.
Notorischer Feind zur See: Frankreich
Es ging um die Frage, ob Maria-Theresia die rechtmäßige Thronfolgerin sei. Daran entzündete sich 1740 ein Krieg, der auch auf See ausgetragen wurde – und zwar quasi weltweit. In einer Fallstudie legt das Prize-Papers-Projekt den Fokus auf gekaperte Schiffe der damaligen Kolonialmacht Frankreich.
Lost & Found
Die Bestände der Prize Papers im Londoner Nationalarchiv bieten viele faszinierende und immer wieder überraschende Funde – für diejenigen, denen sie gehörten oder für die sie bestimmt waren, bedeuteten sie vor zwei bis drei Jahrhunderten einen Verlust. Eine Auswahl an „Fundstücken”.
Eine Frage der Faltung
Liebesschwüre, Geschäftsgeheimnisse, Nachrichten aus der fernen Heimat: Wie ließen sich vor Jahrhunderten – und vor Entstehen verschließbarer Kuverts – vertrauliche Zeilen verschicken? Es ist eben eine Frage der Faltung und der passenden Verschlussmechanismen.
Des Grafen neue Kleider
Eine Einladung zu einem Fest des britischen Königs – wie sie manche „Auserwählten“ zur Krönung Charles III. erreicht haben mag – und die edle Garderobe geht auf der Anreise verloren? Wie feinste Seidenstrümpfe und silberner Spitzenkragen 1745 in die Mühlen der Justiz gerieten.
Unrecht, das bis heute nachwirkt
Bis zu 12,5 Millionen versklavte Menschen wurden einst aus Afrika in die Amerikas verschleppt. Das Akademienprojekt „Prize Papers“ macht menschliche Schicksale und die Verstrickung Europas sichtbar – auch in Kooperation mit dem US-Projekt „Slave Voyages“.
Auspacken und staunen
Ein 200 Jahre alter Strickpulli von den Färöerinseln hat als Fund des Prize-Papers-Projekts in Medien international für Furore gesorgt. Wie es dazu kam – und was die Forschenden aus Oldenburg und London in vier bislang ungeöffneten Paketen darüber hinaus noch entdeckten.