Lehre gender- und diversitätssensibel gestalten

Studierende bringen unterschiedliche Lebensrealitäten mit und haben unterschiedliche Sichtweisen auf Inhalte und Rahmenbedingungen ihres Studiums. Gender- und diversitätssensible Lehre berücksichtigt diese Vielfalt und ermöglicht allen Studierenden gutes Lernen.

Warum ist gender- und diversitätssensible Lehre so wichtig?

Das Erleben einer Minderheitensituation kann an vielen unterschiedlichen Stellen im Uni-Alltag auftreten. Dabei ist die Minderheitensituation manchmal sehr offensichtlich und manchmal auch nicht auf den ersten Blick zu erkennen.

In vielen MINT-Studiengängen sind Frauen in der Minderheit, bei den Studierenden genauso wie bei den Lehrenden. Studierende, die als erste in ihrer Familie studieren, fühlen sich in einem Umfeld fremd, in dem die meisten Beteiligten durch ihren familiären Hintergrund mit dem System Hochschule vertraut sind. Behinderungen oder chronische körperliche und seelische Erkrankungen stellen die Betroffenen vor besondere Herausforderungen. Die Fürsorge für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige oder die Notwendigkeit, durch einen Nebenjob den Lebensunterhalt zu sichern, beeinflussen die zeitlichen Ressourcen, die für das Studium aufgewendet werden können.

Lehrende können durch einen bewussten Einsatz von Sprache deutlich machen, dass sie sich dieser Vielfalt bewusst sind. Durch aktivierende Lehr- und Lernmethoden können sie das Potential von Diversität nutzen und die vielfältigen (Lebens-)Erfahrungen ihrer Studierenden in den Lernprozess integrieren. Und manchmal kann es auch wichtig und hilfreich sein, die Grenzen der eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erkennen und Beratungsstellen (Psychologischer Beratungsservice, conTakt, International Office) in den Unterstützungsprozess einzubinden.

Mit der Entwicklung und Implementierung einer hochschulspezifischen Diversitätsstrategie wird Diversität langfristig als Querschnittsthema in allen Bereichen des universitären Lebens verankert. Das Diversitätsverständnis im Rahmen des „Selbstverständnis Chancengleichheit“ der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (PDF) steht auf der Unterseite zum Diversity Audit auf der Landingpage Chancengleichheit zum Download zur Verfügung.

Sprache bewusst einsetzen

Durch den Einsatz einer Sprache, die die Vielfalt der Studierenden berücksichtigt und Diskriminierungen vermeidet, können Lehrende deutlich machen, dass sie sich mit der Problematik auseinandersetzen und ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe aller Studierenden am Lehr-Lern-Prozess am Herzen liegt. Sie senden damit ein starkes Signal an alle Studierenden, dass sie sie entsprechend ihrer Voraussetzungen und Bedürfnisse fördern möchten und dass sie sich bewusst gegen Ausgrenzung und Diskriminierung stellen.

Die Leitlinie gendersensible Sprache und Kommunikation  skizziert Ziele und Hintergrund sowie Grundlinien der Umsetzung für die Universität Oldenburg. Anregungen und Beispiele zum Einsatz einer gendersensiblen und diversitätsbewussten Sprache finden sich auf der Seite der Gleichstellungsstelle. Im gendersensiblen Wörterbuch sind neutrale Begriffe und Formulierungen aus dem universitären Kontext gesammelt.

Das Glossar der Neuen Deutschen Medienmacher bietet Formulierungshilfen für eine diskriminierungssensible Sprache .

Eine übersichtliche Zusammenstellung von Empfehlungen zum sprachlichen Umgang mit dem Thema Behinderung und chronische Erkrankung findet sich hier.

Gendergerecht lehren

Geschlecht kann in alltäglichen Lehrinteraktionen folgenreich relevant werden, ohne, dass dies notwendig auch den Lehrenden oder den Studierenden bewusst ist. So können sich geschlechterstereotype Zuschreibungen, unterschiedliche geschlechtsspezifische Bewertungs- und Feedbackpraktiken sowie ungleiche Beteiligungschancen nachteilig auf den Lernerfolg auswirken. In Studienfächern, in denen eine Minderheitensituation und negative geschlechterstereotype Zuschreibungen aufeinandertreffen, kann sich das besonders ungünstig auf die Chancengleichheit auswirken.

Die Broschüre „Gendergerecht lehren“ der TU Darmstadt enthält eine Checkliste und praktikable Handlungsansätze, mit denen die Gleichstellungsorientierung der eigenen Lehrtätigkeit analysiert und weiterentwickelt werden kann.

Auf der Website des „Netzwerks Frauen- und Geschlechterforschung NRW“ finden sich Vorschläge zur Integration von Genderaspekten in die Curricula von über 50 Studienfächern.

Im Portal Gendering MINT digital sind Lerneinheiten (Open Educational Resources OER) zusammengestellt, die Studierenden und anderen Interessierten einen Zugang zu Genderthemen im MINT-Bereich ermöglichen. Dabei werden naturwissenschaftliche Wissensbestände und Arbeitsweisen mit denen der Kultur- und Sozialwissenschaften verknüpft.

Alltagsrassismus erkennen und etwas dagegen tun

Rassismus äußert sich nicht nur in Beleidigungen und körperlichen Übergriffen und ist nicht ausschließlich ein Problem von Rechtsextremen. Rassismus ist alltäglich und allgegenwärtig, denn rassistische Denkmuster sind geschichtlich tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Dies geschieht im Alltag oft ganz unbewusst. Deshalb ist es wichtig, sich mit rassistischen Stereotypen und ausgrenzendem Verhalten auseinanderzusetzen. Die Broschüre „Menschen respektvoll begegnen: Alltagsrassismus“ der HAW Hamburg gibt Hinweise darauf, wie Rassismus im Alltag wirkt und was dagegen getan werden kann.

Ausgrenzungserfahrungen im Alltag kosten Betroffene viel Kraft und beeinträchtigen den Bildungserfolg. Eine Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung belegt, dass internationale Studierende und Studierende mit Migrationsbiographie sich an der Universität oft sozial isoliert fühlen. Die Studie liefert Handlungsempfehlungen zur Sicherung des Studienerfolgs, etwa für die Studieneingangsphase.

Studierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen unterstützen

Laut dem Forschungsbericht "beeinträchtigt studieren – best2" wird 11% der Studierenden ihr Studium durch körperliche oder gesundheitliche Einschränkungen erschwert. Nicht alle Einschränkungen sind deutlich sichtbar und Studierende werden sich vielleicht scheuen, Lehrende direkt anzusprechen. Lehrende können die Kontaktaufnahme erleichtern, indem sie zu Beginn der Lehrveranstaltung darauf hinweisen, dass sie Unterstützung und Hilfe anbieten möchten und offen für ein Gespräch sind. Der Leitfaden für Lehrende des Studentenwerks bietet einen Überblick über mögliche körperliche oder psychische/seelische Beeinträchtigungen und welche Hilfestellungen Lehrende bieten können. Der Leitfaden informiert außerdem über gesetzliche und hochschulrechtliche Grundlagen der Nachteilsausgleiche und benennt Ansprechpartner*innen und Beratungsstellen. Das Studentenwerk bietet darüber hinaus weitere Informationen und Downloads für Lehrende und Studierende.

Unter den folgenden Links finden sich Anregungen zu einem bewussten Umgang mit Sprache und  Hilfestellungen zur Gestaltung einer barrierearmen digitalen Lehre (1), (2).

Unterschiedliche Bildungsbiographien bereichern den Lehr- und Lern-Alltag

Durch ihre Bildungsbiographie bringen Studierende sehr unterschiedliche Lernerfahrungen mit. Einige haben etwa in der Schule schon Erfahrungen mit forschendem Lernen oder Präsentationstechniken gemacht. Andere, die ihre Hochschulzulassung über eine Ausbildung und mehrjährige Berufstätigkeit erworben haben, bringen vielfältige Praxiserfahrungen mit, die den Lehr- und Lernprozess enorm bereichern können.

Interaktive Lehr- und Lernformen bieten die Möglichkeit, dass Studierende ihre vielfältigen Kenntnisse und Erfahrungen in den Lernprozess einbringen können. Eine Zusammenstellung verschiedener Methoden findet sich u.a. unter (1), (2), (3).

Die soziale Herkunft beeinflusst Teilhabe und Erfolg

Die soziale Herkunft hat im deutschen Bildungssystem großen Einfluss auf Teilhabe und Erfolgschancen. Studierende, die als Erste in ihrer Familie studieren, sind an den Hochschulen eine Minderheit. Auch ein Großteil der Lehrenden und Hochschulmitarbeitenden in Leitungsfunktionen hat einen akademischen Familienhintergrund. Häufig spüren „Studierende der ersten Generation“ dieses Ungleichgewicht und fühlen sich nicht zugehörig. Die Organisation ArbeiterKind.de möchte solche Studierende unterstützen und bietet Informationen für Lehrende.

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