Wissenschaftlerinnen gezielt gewinnen und unterstützen
Der [...] Journal Impact Factor wurde ursprünglich als Instrument für Bibliothekare zum Auffinden von Fachzeitschriften für deren Ankauf entwickelt, und nicht als Maßstab für die wissenschaftliche Qualität der in einem spezifischen Artikel beschriebenen Forschung. Vor diesem Hintergrund ist es entscheidend, zu verstehen, dass der Journal Impact Factor als Instrument zur Forschungsbewertung eine Reihe von gut dokumentierten Schwächen aufweist.
Wissenschaftlerinnen gezielt gewinnen und unterstützen
Die aktive Rekrutierung von Wissenschaftlerinnen ab der Promotionsphase wird inzwischen breit von den führenden Wissenschaftsorganisationen empfohlen. Voraussetzungen dafür sind u.a. professionelle, transparente und dokumentierte Prozesse.
Leopoldina 2022, DFG 2020, HRK 2022
Gendergerechte Berufungs- und Einstellungsverfahren
Aktive Rekrutierung von Wissenschaftlerinnen kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn sie auf einen für Wissenschaftlerinnen inhaltlich ansprechenden Zuschnitt der Stelle aufbauen kann. Bei Professuren beginnt der Prozess bereits bei der Erstellung des Profilpapiers. Aktive Rekrutierung muss in gendergerechte Berufungs- und Einstellungsverfahren eingebettet sein. Berufungsordnungen und Einstellungsrichtlinien müssen dahingehend überprüft und ggf. modifiziert werden.
Vertretungsprofessuren können die Chancen auf einen Ruf verbessern. Die Besetzung von Vertretungsprofessuren sollte daher ebenso transparent und gendergerecht geregelt sein.
Neue Bewertungskultur
In diesem Zusammenhang spielt die bereits vor der Corona-Krise begonnene Diskussion um eine neue Bewertungskultur mit Blick auf das „akademische Alter“ und die Publikationsleistungen eine Rolle. Zielsetzung ist insbesondere eine stärker individuelle, qualitative Beurteilung der Person und ihrer jeweiligen wissenschaftlichen Leistung. Die DFG hat darauf bereits mit einem Positionspapier (DFG 2022a) und der Einführung eines neuen Lebenslaufformats (s. DFG) reagiert. Für Universitäten besteht die Möglichkeit, sich der DORA-Erklärung zu verpflichten.
Auf diese Weise könnte z. B. ermöglicht werden, während der Corona-Krise entfallene Forschungsaufenthalte und ggf. verlängerte Qualifikationsphasen, Publikationslücken u. Ä. zu berücksichtigen, von welchen Wissenschaftlerinnen besonders betroffen waren (s. Gender Care Gap) (DFG 2022).
Paritätische Besetzung von selbständig forschenden Positionen
Darüber hinaus wird die paritätische Besetzung von weisungsungebundenen wissenschaftlichen Positionen (z. B. Tenure Track Professuren, Forschungsgruppenleitung) empfohlen. Bei der Besetzung von Schlüsselposition mit einem Mann sollte transparent und detailliert begründet werden, warum keine Wissenschaftlerin rekrutiert werden konnte (Leopoldina 2022). Die HRK (2022, 2) plädiert dafür, „mittel- und langfristig […] jede zweite Professur mit einer Frau zu besetzen, wenn eine angemessene Repräsentation der Geschlechter erreicht werden soll.“
Verlässliche Vertragsdauern
Die DFG (2022) empfiehlt Beschäftigungsverhältnisse mit verlässlichen Vertragsdauern und unbefristete Stellen im Mittelbau (s. auch Leopoldina 2022) bzw. die Qualifizierung auf Dauerstellen auszubauen und Karrierewege neben der Professur zu eröffnen.
Zielgerichtete fachspezifische Gleichstellungsmaßnahmen
Fördermaßnahmen sollten stärker fachspezifisch ausgestaltet werden. Postdoktorandinnen sollten gezielt, strukturiert, fachspezifisch und auch individuell zu karrierefördernen Instrumenten angesprochen werden. Das individuelle Instrument der Mentoringprogramme hat sich bewährt und sollte fortgeführt werden (DFG 2022).
Attraktivität der Universität für Wissenschaftlerinnen als Basis
Wesentlich für die Gewinnung von Wissenschaftlerinnen ist auch die Attraktivität der Universität als Arbeitgeberin. Familienfreundliche Strukturen, die auch die Pflege von Angehörigen beinhalten, werden ebenso empfohlen wie Dual Career Angebote (evtl. im Rahmen von „Cluster Hiring“) und ein strukturiertes Onboarding (Leopoldina 2022).
Bessere Nutzung des Potenzials der Internationalisierung für Gleichstellung
Damit das Potenzial von Wissenschaftlerinnen künftig auch in der Internationalisierung besser genutzt werden kann (s. Gender Career Gap), muss strukturellen Ursachen und institutionellen Hürden ebenso wie wissenschaftlichen Ausschlussmechanismen stärker mit differenzierten Maßnahmen entgegengewirkt werden. Gleichzeitig ist Gender-Wissen und Gleichstellungskompetenz zu erhöhen. Geschlechtergleichstellung sollte als Voraussetzung für Exzellenz anerkannt und kommuniziert werden. Insbesondere sollten mehr Wissenschaftlerinnen als Gastgebende gewonnen und männliche Gastgebende sollten häufiger Wissenschaftlerinnen nominieren bzw. einladen. Vor dem Hintergrund, dass familienpolitische Leistungen von Männern stärker in Anspruch genommen werden, ist eine stärkere Differenzierung von familienunterstützenden und gleichstellungsfördernden Maßnahmen erforderlich (Löther et al. 2022, 8)
Quellen: