IT ist unverzichtbar
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IT ist unverzichtbar
„Unser Energieversorgungssystem und insbesondere das elektrische Energiesystem befinden sich derzeit in einer Transformation, vor allem in puncto Digitalisierung. Im fossilen System war es so: Ein Ungleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch ließ sich auch mit eingeschränkten Mitteln der Kommunikation ausgleichen. Das lag vor allem an der Trägheit der großen thermischen Kraftwerke, etwa der Kohlekraftwerke. Jetzt verursachen die vielen kleinen, regenerativen Energieanlagen hingegen eine deutlich höhere Dynamik. Um dieses System zu stabilisieren und Effizienzpotenziale zu heben, brauchen wir künftig noch stärker den ganzen Strauß der Informationstechnologien, etwa Datenanalyse und maschinelles Lernen – also Lernen anhand großer Datenmengen – um sowohl auf der Erzeugungs- als auch auf der Lastseite flexibler auf den Zustand des Systems reagieren zu können.
Ein spannender Ansatz in der Forschung ist die kontrollierte Selbstorganisation. Das bedeutet, dass die einzelnen technischen Geräte mit sogenannten Software-Agenten – autonomer und kommunikationsfähiger Software – auszustatten. Eine Anlage kann so bei Problemen im Netz zum Beispiel mit Anlagen in räumlicher Nähe darüber verhandeln, die Lasten in einen anderen Zeitraum zu verschieben. Zentrale Systeme greifen dann nur in kritischen Situationen ein. In Feldversuchen konnten wir bereits zeigen, dass diese Ansätze in sogenannten sicherheitskritischen Systemen wie Stromnetzen funktionieren.
Strom ist allerdings nur einer von mehreren Sektoren im Energiesystem. Eine weitere Aufgabe für die Zukunft ist die Kopplung dieser Sektoren, etwa des Strom- und des Gasnetzes. Über die Erzeugung von Wasserstoff aus überschüssigem Strom besteht beispielsweise eine Möglichkeit, diese vorher getrennten Systeme miteinander zu verbinden und Überschüsse nicht verpuffen zu lassen.
Die Vision für die Zukunft sieht so aus: Die eng miteinander gekoppelten Energiesysteme lassen sich im Griff behalten, indem wir die Methoden der kontrollierten Selbstorganisation mit Verfahren der verteilten Künstlichen Intelligenz zusammenführen. Das heißt, dass die einzelnen Komponenten des Systems nicht nur miteinander kommunizieren, sondern auch auf Basis von Daten lernen und dieses Wissen in ihr gemeinsames Handeln einbeziehen. All diese Systeme gemeinsam zu optimieren, ist natürlich eine echte Herausforderung auf vielen Ebenen, für die wir Technologien aus unterschiedlichen Bereichen zusammenführen müssen – aber auch können! Die Energiesysteme stabil zu halten ist kein Selbstläufer, aber aus der sehr gut aufgestellten Oldenburger Energieinformatik können wir einen großen Beitrag leisten.“
Prof. Dr. Astrid Nieße leitet die Abteilung Digitalisierte Energiesysteme am Department für Informatik. Am OFFIS – Institut für Informatik gehört sie dem Bereichsvorstand Energie an, zudem ist sie Sprecherin des Zukunftslabors Energie am Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen.