Kontakt

Projektleiterin

Prof. Dr. Jannika Mattes

Team

Dr. Camilla Chlebna

Dr. Meike Löhr

Dr. Sebastian Rohe

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 
Institut für Sozialwissenschaften 
26111 Oldenburg

Dieses Projekt wird unterstützt von unserem Mercator-Fellow, Professor Lars Coenen vom Mohn Centre for Innovation and Regional Development an der Western Norway University of Applied Sciences.

Regionaler Energiewandel: Die sozialen Aushandlungs-, Normierungs- und Lernprozesse im Windenergiesektor

Abschlussbericht

Deutsche Zusammenfassung

Der Wandel im Energiesystem geht mit der Entwicklung erneuerbarer Energien einher und wird durch den Aus- und Zubau dieser Technologien sichtbar. Tiefgreifende technologische, wirtschaftliche und auch soziale Umstrukturierungen sind mit diesem „Energiewandel“ (Transition) verbunden. Unterschiedlichste Akteure sind an der Transition beteiligt, müssen Kompromisse aushandeln, Standards und Routinen schaffen und sich neues Wissen aneignen. Häufig werden diese Prozesse auf einer allgemeinen, nationalen Ebene analysiert. Diese Perspektive vernachlässigt jedoch Prozesse auf lokaler und regionaler Ebene, die als Basis des höchst unterschiedlich voranschreitenden Wandels begriffen werden können. Hier hat das Projekt REENEA angesetzt und hat – ausgehend vom Windenergiesektor als beispielhaften Teil der Energietransition – die sozialen Dynamiken und regionalen Unterschiede des Energiewandels untersucht. Die Windbranche hat sich in den letzten Jahren zunehmend zum globalen Sektor weiterentwickelt, der in nationale, europäische und internationale Kontexte eingebettet ist. Gleichzeitig ist die Branche aber nach wie vor regional verankert: Wirtschaftscluster bilden sich, in denen Hersteller, Dienstleister, Zulieferer und Forschungseinrichtungen kooperieren; an Standorten mit viel Windenergie werden Lösungen zur Energiespeicherung oder Sektorkopplung getestet; Arbeitsplätze entstehen und neue Industrien oder Windparks werden für Kommunen zu wichtigen Quellen für Steuereinnahmen. Aber auch soziale Konflikte um die Akzeptanz oder die Standorte von Windkraftanlagen werden auf lokaler Ebene ausgetragen. Die Forschungsergebnisse des REENEA Teams unterstreichen die Bedeutung sozialer Interaktionen, die den Verlauf und Erfolg regionaler Energietransitionen maßgeblich prägen. Insbesondere (ausbleibende) Akteursaktivitäten, die den Transitionsprozess festigen und institutionalisieren, erklären Unterschiede in der Entwicklung von (regionalen) Transitionen. Effektive informelle und formelle Kooperationen von engagierten Akteuren ermöglichten es manchen Regionen sich zu erfolgreichen und breit aufgestellten Windenergiestandorten zu entwickeln. Diese Erfolge sind auf regionaler Ebene allerdings keinesfalls automatisch beständig, sondern können in jeder Entwicklungsphase potenziell durch Veränderungen externer Rahmenbedingungen erodiert werden. Regionale Akteure müssen mit solchen Veränderungen umgehen, was sowohl beschleunigend als auch bremsend auf den Transitionsprozess wirken kann. Die Bedeutung regionaler Netzwerke und Institutionen unterscheidet sich je nach Wertschöpfungsposition: Während etwa Anlagenhersteller zunehmend von internationalen Märkten abhängig sind, ist es für Projektentwickler wichtig, lokale Stakeholder zu kennen, um sich Flächen vor Ort zu sichern und Genehmigungen zu erhalten. Wenn regionale Entscheidungsträger*innen die Projektentwicklungsbüros und Landbesitzer*innen als regional verankert empfinden, trägt dies maßgeblich zur Akzeptanz und Legitimität des Windenergieausbaus bei.

Das Forschungsprojekt REENEA beschäftigt sich mit dem Energiewandel auf der regionalen Ebene und seinen sozialen Prozessen und Interaktionen. Einerseits verfolgt das Projekt damit das Ziel, die bislang eher allgemein und national untersuchte „Energiewende“ an Entwicklungen im regionalen Windenergiesektor konkreter zu fassen. Andererseits soll die bislang eher wissenschaftlich, konzeptionelle Debatte aus der Transformationsforschung stärker in der Analyse von vergleichenden Fallbeispielen verankert werden. Beispielhaft werden Prozesse des Wandels im Bereich des Windenergiesektors in verschiedenen Regionen beobachtet und analysiert.

Hierfür vereinigt das REENEA Team die Kompetenzen der Soziologie, der Politikwissenschaft, der Wirtschaftswissenschaft und der Wirtschaftsgeographie. Gemeinsam wird an innovativen, bereichsübergreifenden Konzepten gearbeitet, um die bestehenden Erklärungsansätze der Transformationsforschung zu ergänzen. Die Rolle von Akteuren aus verschiedenen Teilbereichen der Gesellschaft (Politik, Verwaltung, Industrie, Wissenschaft, Finanzwesen, Interessensvertreter und Zivilgesellschaft) im Innovations- und Transformationsprozess wird anhand von regionalen Transformationsfeldern analysiert. Regionale Transformation wird dabei durch das Zusammenspiel von Aushandlungs-, Normierungs-, und Lernprozessen erklärt.

Räumlich steht die regionale Ebene im Mittelpunkt der Betrachtung, wobei Abhängigkeiten von und Auswirkungen auf den überregionalen Kontext (national, international und global) ebenfalls berücksichtigt werden. Es werden sechs deutsche Regionen ausgewählt, in denen eine systematische Detailanalyse stattfindender Veränderungsprozesse im Windenergiesektor durchgeführt wird. Dafür werden hauptsächlich qualitative Forschungsmethoden (Fallstudien auf der Basis von 20 bis 30 Interviews je Region, Dokumentenanalyse, teilnehmende Beobachtung) angewandt.

Zum einen ermöglicht es diese vergleichende Studie dem REENEA Team Aussagen über die Dynamiken, die den sozialen Prozessen des Wandels zugrunde liegen, abzuleiten. Das Team trägt somit zur konzeptionellen Weiterentwicklung der Transformationsforschung bei. Zum anderen werden bestehende Konzepte und Theorien über die regionale Spezifizität von Transformationsprozessen empirisch untermauert. Darüber hinaus ermöglicht die systematische Aufarbeitung der Ergebnisse die Formulierung von Empfehlungen für die regional sensible Gestaltung von notwendigen oder erwünschten Transformationen durch die Politik.  

(Stand: 21.03.2024)  | 
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