Adorno-Forschungsstelle

Die Adorno-Forschungsstelle am Institut für Philosophie der Carl von Ossietzky Universität ist aus der gleichnamigen Forschungsstelle hervorgegangen, die seit 1996 unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Müller-Doohm am Institut für Soziologie bestand. Seit 2007 wird sie unter der Leitung von Prof. Dr. Johann Kreuzer – in Oldenburg zuständig für den Arbeitsbereich Geschichte der Philosophie – fortgeführt.

Ziel der Forschungsstelle ist es, die verschiedenen Aktivitäten zu Adorno und überhaupt zur Kritischen Theorie und ihrem Umkreis zu bündeln und zusammen mit den Ergebnissen langjähriger Recherchearbeiten der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Als integrales Resultat dieser Aktivitäten ist 2011 das Adorno-Handbuch, herausgegeben von Richard Klein, Johann Kreuzer und Stefan Müller-Doohm, in erster Auflage erschienen. Seit 2019 liegt es in einer zweiten, erweiterten und aktualisierten Auflage vor.

Die Forschungsstelle versteht sich als ein fächerübergreifendes Forschungsnetzwerk, das sowohl der aktuellen Auseinandersetzung mit dem Werk Adornos und seinem Umkreis als auch dessen produktiver Fortführung dient, und so Anreize zu weiterer Forschungsarbeit bietet. Das können Einzelvorhaben – etwa Dissertationen – sein. Aber auch thematische Projekte zur gegenwartsdiagnostischen Erschließungskraft und Relevanz jener Denkimpulse sind ins Auge gefasst, für die in originärer Weise ‚kritische‘ Theorie im Sinne Adornos steht.

Die Adorno-Forschungsstelle bietet jedes Semester ein Forschungsseminar zu Klassikern der Kritischen Theorie und zu aktuellen Forschungsthemen an, das allen Interessierten offen steht. Internationale Fachkonferenzen sollen darüber hinaus den zeitgenössischen Diskurs um Adorno und die ungebrochene Aktualität der Kritischen Theorie weiter vorantreiben, wie zuletzt das Symposium „70 Jahre Minima Moralia – Poetik und Philosophie” im September 2022.

Workshop "80 Jahre Dialektik der Aufklärung - Probleme und Perspektiven"

Karl-Jaspers-Haus, Unter den Eichen 22; Beginn: 4.10.2024 13.30 Uhr, Ende 6.10.2024 13.30 Uhr

1944 stellen die Exilanten Max Horkheimer und Theodor W. Adorno mit der Dialektik der Aufklärung die Frage, „warum die Menschheit, anstatt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten, in eine neue Art von Barbarei versink[e]“. Die Analysen der Autoren zum Projekt der Aufklärung sowie den Entstehungsbedingungen des Faschismus’ können damals wie heute als Kritik und zugleich Verteidigung der Vernunft gelesen werden. Anlässlich des 80jährigen Jubiläums des meistrezipierten Werks der Kritischen Theorie richtet die Adorno-Forschungsstelle der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg einen Workshop aus, auf dem vor allem die Aktualität der Grundbegriffe und -thesen der Dialektik der Aufklärung aus möglichst verschiedenen Perspektiven beleuchtet und auf den Prüfstand gestellt werden soll. 

Zentral soll dabei die Frage stehen, ob eine Vernunftkritik, wie sie in der Dialektik der Aufklärung vorgelegt wird, noch immer in gleicher Weise als operationsfähige Gesellschaftskritik herhalten kann und inwiefern sie an gegenwärtige kritische Diskurse anschlussfähig ist. Mögliche Spielfelder dieser Frage wären etwa die Beziehung des Werkes zu späteren Ansätzen Kritischer Theorie oder dem Poststrukturalismus; seine Thesen zum Antisemitismus; das (fehlende) Verhältnis der Dialektik der Aufklärung zu Rassismus und anti-imperialem Widerstand; der Begriff des Fortschritts und seine Kritik; das Konzept der Kultur- und Medienkritik oder auch die Frage nach dem Stellenwert der Dialektik. 

In verschiedenen Sektionen soll so einerseits geklärt werden, inwieweit die Gesellschaftsanalyse der Dialektik der Aufklärung bis heute Aktualität besitzt; andererseits soll herausgestellt werden, inwieweit ihr Kritikapparat von gegenwärtigen Diskursen umgeformt oder transformiert werden kann, um als wahrhaft kritisches Instrumentarium hinsichtlich aktueller Problemstellungen weiter fungieren zu können. 

Es werden insgesamt 15 Vorträge an drei Tagen stattfinden. Interessierte sind herzlich willkommen! 

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Neu erschienen:
Helena Esther Grass / Stefan Müller-Doohm (Hg.): Adornos Minima Moralia. Poetik und Philosophie, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft (ZÄK) Sonderheft 25. 2024

Vor etwa 70 Jahren hat Theodor W. Adorno seine Aphorismen-Sammlung unter dem Titel »Minima Moralia« veröffentlicht: Diese »Reflexionen aus dem beschädigten Leben« sind sein erfolgreichstes und persönlichstes Buch. 
In ihm artikuliert er nicht nur seine Erfahrungen der Vertreibung durch die NS-Diktatur und der Jahre des Exils, sondern verfolgt mit seinen epigrammatischen Texten auch die Absicht, in einem Säkulum der Täuschungen, der Propaganda und fortgesetzten Gewalt Restbestände einer Wahrheit aus dem Fluss der katastrophischen Zeit zu retten – nichts könnte angesichts gegenwärtig drohender Rückfälle hinter zivilisatorische Errungenschaften der Aufklärung aktueller sein.
Die Herausgeber:innen und Autor:innen – darunter Anne Eusterschulte, Petra Gehring, Josef Früchtl, Viet Anh Hguyen Duc, Martin Mittelmeier, Ralf Konersmann, Stefan Niklas, Detlev Schöttker, Martin Seel, Johann Kreuzer, Ferdinand Zehntreiter – teilen die Überzeugung, dass Adorno mit seinen Aphorismen eine besondere Sprachform entwickelt hat: eine expressiv-ästhetische Ausdrucksweise, deren Erkenntnisqualität in kontroverser Perspektive das Thema dieses Bandes ist.

Quelle: meiner.de/zeitschriften-ejournals/zak-sonderhefte/adornos-minima-moralia.html

Webmaster (Stand: 30.09.2024)  | 
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