Leitung
Prof. Dr. OLIVER WURL
HALOBATES
Essentielle Klimavariablen (ECVs) umfassen physikalische, chemische oder biologische Faktoren, die das Klimasystem charakterisieren. Die ozeanischen ECVs, insbesondere Temperatur und Salzgehalt, sind für die Meeresoberfläche und das darunter liegende Wasser gut definiert. Unter Meeresoberfläche versteht man die oberste 1 mm dicke ozeanische Grenzschicht, auch Meeresoberflächen-Mikroschicht genannt. Allerdings stellt die In-situ- Messung der Oberflächentemperatur und des Salzgehalts eine große Herausforderung dar. Herkömmliche Methoden zur direkten Beobachtung und Probenahme von Schiffen und Bojen werden durch den Integritätsverlust der Oberflächengrenzschicht behindert. In diesem Zusammenhang haben wir den Forschungskatamaran HALOBATES entworfen und gebaut (Abbildung 1). Der Katamaran ist nach einer Gattung von Meeresinsekten benannt, den einzigen wirklich ozeanischen Insekten, die die Meeresoberfläche bewohnen und über bemerkenswerte Fähigkeiten verfügen, sich an ihren einzigartigen Lebensraum anzupassen.
Die autonome Funktionalität und die vollautomatischen Probenahmemöglichkeiten von HALOBATES ermöglichen eine hochauflösende Kartierung der Oberflächengrenzschicht und der oberflächennahen Schicht (< 1 m). Die Probenahme der Oberflächengrenzschicht beruht auf einer Probenahmeanordnung mit mehreren teilweise eingetauchten und kontinuierlich durch die Meeresoberfläche rotierenden Glasscheiben. HALOBATES ist mit mehreren Leitfähigkeits-, Temperatur- und Tiefensensoren (CTD) in einem Durchflusssystem ausgestattet, die sowohl die Oberflächen- als auch die tiefere Temperatur und den Salzgehalt messen, insgesamt in 7 Tiefen im oberen ersten Meter. HALOBATES verfügt über die Flexibilität, zusätzliche Durchflusssensoren und austauschbare Nutzlasten zu integrieren, wodurch es für eine Vielzahl wissenschaftlicher Missionen anpassbar ist. Sowohl atmosphärische als auch ozeanische Kräfte beeinflussen die Eigenschaften der Oberflächengrenzschicht. Zu den Standard-Missionssensoren gehört daher eine breite Palette meteorologischer Sensoren, und die Marine Sensor Systems-Gruppe unterstützt den Betrieb von Acoustic Doppler Current Profilern (ADCPs).
HALOBATES bietet zwei Betriebsmodi: manuelle Steuerung über einen 2,4-GHz-Funkcontroller mit einer Übertragungsreichweite von mehr als 5 km oder autonomer Betrieb nach vorprogrammierten Wegpunkten. Das Steuerungsteam auf dem Deck des Mutterschiffs erhält Echtzeitdaten und behält über das Telemetriesystem die vollständige Kontrolle. Mit einer Reichweite von 30 km bei Geschwindigkeiten von 2–3 km/h ermöglicht HALOBATES kontinuierliche Untersuchungen kleinerer Gebiete oder längerer Transekte, insbesondere über mesoskalige Merkmale wie Fronten und Süßwasserlinsen, wie in Abbildung 2 dargestellt.
Diese Spitzentechnologie spielt eine zentrale Rolle beim Verständnis klimabezogener Prozesse an der Grenzschicht zwischen Ozean und Atmosphäre. HALOBATES ist eine unschätzbar wertvolle Datenquelle zu essentiellen Klimavariablen (ECVs) und anderen ozeanografischen Variablen innerhalb der dünnen Oberflächengrenzschicht und der oberflächennahen Schicht – den Schichten, die jedes Schiff oder jede Boje zerstören wird. Bei aktuellen wissenschaftlichen Missionen liegt der Schwerpunkt auf der Untersuchung der Luft-Meer-Flüsse von Süßwasser (FreshOcean) und CO2 (BASS SP1.5), der kleinräumigen Konvektion als Verbindung zu darunter liegenden Wasserschichten (BASS – SP2.3) und der Validierung von Satellitenprodukten im Zusammenhang mit ECVs (NorthSat -X).
Halobates
Halobates in der Deutschen Bucht (HE626); Foto: Samuel Mintah Ayim