Experten aus Deutschland und den Niederlanden diskutierten über den Ausbau erneuerbarer Energien. Ihre Ergebnisse fassten sie in einem Eckpunktepapier zusammen. Den Anlass gab das niederländische Königspaar: König Willem-Alexander und Königin Máxima statteten der Universität einen Arbeitsbesuch ab.
Der Ausbau erneuerbarer Energien kann nur dezentral und grenzüberschreitend gelingen: Das ist der Kernpunkt eines Eckpunktepapiers, das 40 namhafte Experten aus Deutschland und den Niederlanden am Montag, 26. Mai, in Oldenburg entwickelt haben. Mit diesem Dokument ging das Energiesymposium zu Ende, das die Universität Oldenburg in Kooperation mit dem An-Institut EWE-Forschungszentrum NEXT ENERGY veranstaltet hat. Den Anlass gab das niederländische Königspaar: König Willem-Alexander und Königin Máxima statteten der Universität einen Arbeitsbesuch ab – und trugen sich dabei auch ins Goldene Buch der Stadt Oldenburg ein.
Gemeinsam Strategien für die nordwesteuropäische Energiepolitik zu entwickeln, das war Ziel des Symposiums „Länderübergreifender Ausbau erneuerbarer Energien: Herausforderungen und Lösungsansätze“. Das Eckpunktepapier enthält konkrete Handlungsempfehlungen für die niedersächsisch-niederländische Zusammenarbeit in Energiefragen.
Der Besuch des Königspaares sei für Niedersachsen „mehr als eine Ehre, es ist uns eine Freude“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil bei der Begrüßung. Weil verwies auf die vielfältige grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Beispielhaft nannte er die European Medical School Oldenburg-Groningen, diese sei der „Stolz der Region“. Die Energiepolitik bestimme die niederländisch-niedersächsische Kooperation in hohem Maße, wobei die Forschung etwa zu Speichertechnologien eine besondere Rolle spiele, betonte der Ministerpräsident. „Und ich kann Ihnen sagen, hier in Oldenburg befinden Sie sich in einer Stadt, die gerade in dieser Hinsicht, was Energieforschung angeht, eine ausgesprochen hohe Kompetenz aufweist“.
Bereits vor mehr als 30 Jahren hätten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Oldenburg mit Fragestellungen zu erneuerbaren Energien und deren Einbeziehung in eine nachhaltig orientierte Ökonomie befasst, betonte die Kommissarische Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Al-Shamery bei der Eröffnung des Symposiums. Viele ehemalige und aktuelle Oldenburger Wissenschaftler seien inzwischen in Schlüsselpositionen tätig, so zum Beispiel auch in der unmittelbaren Regierungsberatung. „Ob zu Solarzellen, zur Optimierung von Windparks, zu Energiespeichern oder zur Regelung dezentraler Energiesysteme: Die Energieforschung der Universität Oldenburg ist – wie übrigens auch die Lehre in diesem Bereich – international und breit aufgestellt.“ Sie sei zudem in Zusammenarbeit mit den Forschungsinstituten ForWind, NEXT ENERGY und OFFIS stark anwendungsorientiert.
Paneldiskussion
Erneuerbare Energien wie Wind und Sonne sind aus der europäischen Energieversorgung nicht mehr wegzudenken. Wegen der wetterbedingten Schwankungen der Stromproduktion steigt der Bedarf an Technologien, die die Elektrizitätsversorgung flexibilisieren. Genau das war Thema einer Paneldiskussion, die der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar moderierte. Es diskutierten Dr. Werner Brinker (Vorstandsvorsitzender EWE AG, Oldenburg), Prof. Dr. Angelika Heinzel (Institut für Energie- und Umweltverfahrenstechnik, Universität Duisburg-Essen), Manon Janssen (Vorstandsvorsitzende der Topsector Energie sowie der Ecofys Group), Peter Molengraaf (Vorstandsvorsitzender Netbeheer Nederland) und Prof. Dr. Paulien Herder (Engineering Systems Design in Energy and Industry, Technische Universität Delft). Die Diskutanten erörterten unter anderem die Frage: Wie müssen die Netze, das Kraftwerksportfolio und die neuen Speichertechnologien beschaffen sein, um die Stabilität der Stromversorgung grenzüberschreitend zu garantieren?
Eckpunktepapier
In Arbeitsgruppen vertieften die Teilnehmer des Symposiums die Diskussion und widmeten sich dabei fünf entscheidenden technischen Bereichen: Dabei ging es beispielsweise um „Reservekapazitäten/Flexible Erzeugung“ – dazu gehört die Frage, wie wetterbedingte Erzeugungsengpässe abgefedert werden können. „Lastmanagement/Smart-Grids“, „Netzausbau und -ertüchtigung“, „Stromspeicher“ und ein „Technologie-Portfolio der Erneuerbaren Energien“ waren die weiteren Themen. Das Ergebnis der Diskussion liegt als Eckpunktepapier vor. Es enthält konkrete Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung nordwesteuropäischer Energiepolitik. Diese wollen die Experten politischen Entscheidungsträgern nahebringen. „Mit diesem Papier appellieren wir sowohl an die deutsche als auch an die niederländische Seite, die Herausforderungen bei der Umgestaltung der Energiesysteme gemeinsam anzugehen. Das Expertensymposium hat sich mit zentralen Bereichen der Energiewende im Stromsektor befasst. Dabei wurden technische, ökonomische, regulatorische und soziale Aspekte gleichermaßen thematisiert, so dass im Ergebnis zahlreiche wertvolle Empfehlungen ausgesprochen werden konnten“, sagte Prof. Dr. Carsten Agert, Institutsleiter von NEXT ENERGY.
Laborrundgang bei NEXT ENERGY
Bei einem Laborrundgang gab Agert dem Königspaar Einblicke in die Forschungen bei NEXT ENERGY. So veranschaulichte er an einem Hausmodell die thermischen und elektrischen Energieflüsse in Wohngebäuden – zum Beispiel zwischen Photovoltaik-Anlage, Hausspeicher, Elektroauto und Brennstoffzellen-Heizung. Es sind solche Einzelkomponenten, die in zukünftigen Gebäuden zu intelligenten Schaltzentralen des Energiesystems zusammenwachsen, wenn sie optimal aufeinander abgestimmt sind.
Im Batterielabor erläuterte Agert die Forschungen in der Lithium-Ionen-Technologie. Hier geht es NEXT ENERGY vor allem um Sicherheitsaspekte und das Batteriemanagement. Während sich diese Technologie für kleine und mittlere Anwendungen eignet, kann die Vanadium-Redox-Flow-Batterie auch auf die großformatige Speicherung von erneuerbarer Energie ausgelegt werden. An einem Miniaturmodell erläuterte Agert, wie in der Vanadium-Redox-Flow-Batterie zur Umwandlung von chemischer in elektrische Energie Aktivmaterial aus zwei Tanks in eine Reaktionseinheit gepumpt wird. Bei einem weiteren Versuchsaufbau lernte das Königspaar anhand eines Modellautos das „Power-to-Gas“-Konzept kennen. Das Experiment verdeutlichte, wie erneuerbare Energie bei Strom-Überschuss als Wasserstoff gespeichert wird, um später bei Bedarf wieder als Elektrizität genutzt zu werden.
Zum Abschluss des Laborrundgangs stand ein Besuch in Deutschlands erster Batteriewechselstation für Elektrofahrzeuge auf dem Programm. Im Jahr 2011 wurde sie auf dem NEXT ENERGY-Institutsgelände für Forschungszwecke eröffnet. Agert demonstrierte einen vollautomatisierten Batteriewechsel innerhalb von knapp vier Minuten. Die Station ermöglicht die bedarfsgerechte Bereitstellung von erneuerbarer Energie für die Elektromobilität. Zugleich kann man sie als stabilisierenden Faktor für das Stromnetz auf Verteilnetzebene nutzen.
Memorandum of Understanding
Während des Symposiums haben deutsche und niederländische Vertreter im Beisein des Königspaares und des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Weil eine Absichtserklärung unterzeichnet. Die Vereinbarung sieht die Gründung von zwei kooperierenden Forschungsstandorten in Oldenburg und Groningen vor, unter dem Dach eines gemeinsamen Energie-Kompetenzzentrums. Die unterzeichnenden Organisationen: Energy Academy Europe, Energy Valley (beide Niederlande) sowie das Oldenburger Energiecluster OLEC.
Fotos des Besuchs Video: Auftakt Energiesymposium ENERiO
NEXT ENERGY
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