Inwieweit können Meere klimarelevante Gase aufnehmen und dafür sorgen, dass sie aus der Atmosphäre verschwinden? Welche Veränderungen treten auf? Meere sind größtenteils mit hauchdünnen Oberflächenfilmen bedeckt – was passiert in diesem dünnen Film?
Mit diesen und weiteren Forschungsfragen beschäftigt sich die Arbeitsgruppe „Meeresoberflächen“ um Dr. Oliver Wurl, Meereswissenschaftler an der Universität Oldenburg. Um Antworten zu finden, sind Wurl und seine Kollegen vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) seit dem 23. Juli an Bord des Hamburger Forschungsschiffs Meteor.
Die Wissenschaftler forschen derzeit in sogenannten Auftriebsgebieten in der Nähe des Gotland-Beckens in der zentralen Ostsee. Bevor sie Mitte August zurückkehren, stehen noch Probenahmen im Finnischen Meerbusen auf dem Expeditionsplan. Auftriebsgebiete zeichnen sich durch das Aufströmen von kaltem Tiefenwasser aus und entstehen nur bei bestimmten Wetterlagen. Die obersten Wasserschichten in Auftriebsgebieten sind gesättigt mit Kohlenstoffdioxid und nährstoffreich, was wiederum zu hoher pflanzlicher Biomasse (Primärproduktion) führt. Auftriebsgebiete sind daher in vielen Hinsichten für Meereswissenschaftler besonders interessant.
Wurls Arbeitsgruppe bestimmt Kohlenstoffdioxid-Austauschraten zwischen Meer und Atmosphäre mit Hilfe einer eigens am ICBM entwickelten Boje. Zudem untersucht die Gruppe hochauflösend chemische und biologische Parameter im Meeresoberflächenfilm, der eine Dicke von weniger als einem Millimeter hat. Auch hier wurde das Forschungsinstrument – ein ferngesteuerter Katamaran – an der Universität entwickelt. Der Katamaran ist mit rotierenden Glasscheiben ausgestattet, das Prinzip der Probennahme ist denkbar einfach: Der Oberflächenfilm haftet aufgrund seiner wasserabweisenden Natur an dem Glas an.
Wurls Gruppe nutzt die Proben auch für mikrobiologische Analysen, um so die Rolle der Bakterien im Gasaustausch besser zu verstehen. Zudem untersucht sie die Sauerstoffentwicklung und den Sauerstoffverbrauch in verschiedenen Meerestiefen im Vergleich zur Oberfläche. „Nur wenn wir die Zusammenhänge zwischen der Gasaustauschrate und den Eigenschaften der dünnen Meeresoberfläche kennen, können wir beurteilen, wie klimarelevante Gase tatsächlich von den Meeren aufgenommen werden und welche Prozesse eine Rolle spielen“, betont Wurl.
Die Expedition der Meteor umfasst sowohl ein Langzeit-Monitoring-Programm im Auftrag der Helsinki-Kommission und des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie als auch ein wissenschaftliches Programm zum besseren Verständnis biochemischer Prozesse in Auftriebsgebieten. Neben den Oldenburger Wissenschaftlern sind an Bord Arbeitsgruppen des Instituts für Ostseeforschung (Warnemünde) und des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung e.V. (Leipzig).