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  • Rauf oder runter? Attraktivität und Sympathie wirken sich unter anderem auf die Stimmhöhe der Gesprächspartner aus.

Was die Stimme verrät

Was geschieht mit der Stimme, wenn Gesprächspartner ihr Gegenüber attraktiv finden? Und wie wirkt sich Sympathie aus? Eine Studie mit Oldenburger Studierenden hat den Sprachwissenschaftlern Jan Michalsky und Heike Schoormann erste Antworten geliefert.

Was geschieht mit der Stimme, wenn Gesprächspartner ihr Gegenüber attraktiv finden? Und wie wirkt sich Sympathie aus? Eine Studie mit Oldenburger Studierenden hat den Sprachwissenschaftlern Jan Michalsky und Heike Schoormann erste Antworten geliefert.

Ob Siri, Alexa oder Google Assistent – mit technischen Geräten über Sprache zu kommunizieren, wird in unserem Alltag immer mehr zur Normalität. Dass sich die Sprachassistenten dabei zunehmend menschlich anhören, verdanken die Entwickler auch Erkenntnissen aus der Sprachwissenschaft. Um die Stimmen der technischen „Unterstützer“ möglichst natürlich zu gestalten, ist es auch wichtig, zu verstehen, wie sich soziale Parameter im Sprechverhalten niederschlagen. Ob und wie verändert sich beispielsweise die Stimme des Sprechers, wenn dieser seinen Gesprächspartner attraktiv oder sympathisch findet? Genau das haben die Oldenburger Sprachwissenschaftler Dr. Jan Michalsky und Heike Schoormann untersucht. Ihr Ergebnis: Sympathie und Attraktivität wirken sich unter anderem auf die Stimmhöhe aus.

Neue Ansätze in der Forschung 

Inspiration für ihre Forschung holten sich die zwei Nachwuchsforscher im Tierreich. Dort spielen die Lautäußerungen der Tiere und vor allem die Tonhöhe, also die Frequenz, eine zentrale Rolle: Größere Tiere weisen in der Regel eine tiefere Grundfrequenz auf, kleinere Tiere eine höhere; wer im Kampf Macht demonstriert, senkt seine Grundfrequenz – wer sich unterwirft, erhöht sie. Wölfe machen sich dieses Verhalten bei der Balz und im Revierkampf zunutze, um möglichst stark zu wirken.

Lange Zeit haben Experten den Gedanken verfolgt, dass für den Menschen vergleichbare Prinzipien gelten. Doch die Ergebnisse neuerer Studien sind widersprüchlich: „Wir wissen immer noch nicht wirklich, was eine Stimme attraktiv macht“, erzählt Michalsky. Neue wissenschaftliche Methoden haben der Forschung indes Auftrieb gegeben: So setzen aktuelle Studien darauf, Stimmverhalten in realen Gesprächssituationen zu untersuchen.

Studie mit Oldenburger Studierenden

Diesen Ansatz – das Stimmverhalten in spontan gesprochener Sprache zu untersuchen – verfolgen auch Michalsky und Schoormann. Sie interessiert jedoch nicht, was eine „attractive voice“, also eine attraktive Stimme ausmacht, sondern, wie die „attracted voice“ reagiert: Was geschieht mit der Stimme eines Menschen, wenn er mit jemandem spricht, der für ihn attraktiv ist?

Um das herauszufinden, haben die beiden Forscher Oldenburger Studierende zum Speed-Dating eingeladen – zehn Männer und zehn Frauen. Insgesamt nahmen die Wissenschaftler 100 Gespräche von jeweils 15 bis 20 Minuten Länge auf. Vor und nach der Unterhaltung mussten die Probanden auf einer Skala von eins bis zehn bewerten, wie attraktiv und sympathisch sie ihr Gegenüber finden. Anschließend werteten Michalsky und Schoormann die Gespräche aus. Dabei betraten die Sprachwissenschaftler Neuland: „Wir sind davon ausgegangen, dass es schon eine breite Forschungsbasis dazu gibt. In der Literatur haben wir aber erstaunlich wenig gefunden“, sagt Michalsky.

In den Tonaufnahmen suchten die Forscher zunächst danach, ob Veränderungen der Stimme sich durch das gesamte Gespräch ziehen. Es bestätigte sich beispielsweise der sogenannte „Synchrony-Effekt“: Hierbei orientiert sich die Stimmhöhe des Sprechers an der des Gesprächspartners – die Stimmen behalten so einen bestimmten Abstand zueinander. Dieses Verhalten stehe im direkten Zusammenhang mit der wahrgenommenen Sympathie der Probanden, so Michalsky.

Unterschiedliche Effekte 

Findet der Sprecher sein Gegenüber dagegen vor allem attraktiv, schlage sich dies im Heben beziehungsweise Senken der Grundfrequenz nieder. Dieser Effekt trete vor allem in den Momenten auf, in denen ein Sprecherwechsel stattfindet. „Je attraktiver beispielsweise ein Mann seine Gesprächspartnerin findet, desto tiefer fängt er tendenziell an“, verdeutlicht Michalsky. Im Laufe von höchstens 15 Sekunden kehre er dann allerdings zu seiner ursprünglichen Tonhöhe zurück. Bei den Frauen in der Studie geschah genau das Gegenteil: In dem Moment, in dem der Mann abgab und sie den Gesprächsfaden wieder aufnahmen, erhöhte sich tendenziell die Stimmlage – je nachdem, wie attraktiv die Frau ihren Gesprächspartner fand. Danach kehrte die Stimme zur Ausgangshöhe zurück.

Finden sich die Gesprächspartner attraktiv, entfernen sich ihre Stimmen also zunächst voneinander. Im Laufe der Unterhaltung schwäche sich dieser Effekt wieder ab – einen bestimmten Eindruck zu erwecken, scheint also zu Beginn eines Gesprächs besonders wichtig zu sein, folgern die Nachwuchsforscher. Zudem fanden sie heraus, dass sich die Stimmhöhen zweier Personen im Laufe des Gesprächs einander annähern. Dies umso stärker, je attraktiver sich die zwei Personen finden – in der Fachsprache heißt dieser Effekt „Convergence“.

Sympathie und Attraktivität zeigen sich im Sprachverhalten also durch unterschiedliche Effekte: indem die Stimmen einen relativen Abstand zueinander halten oder sich aufeinander zubewegen. Auftreten können diese Effekte aber auch parallel, so Michalsky: „Synchrony und Convergence kann gleichzeitig erfolgen. Das heißt man kann ähnlicher werden und sich trotzdem mitbewegen.“ 

Ein Thema mit Zukunft

Aufgrund der kleinen, nicht repräsentativen Stichprobe sind noch keine zu verallgemeinernden Schlussfolgerungen aus der Studie zu ziehen. Doch die Ergebnisse stießen in der sprachwissenschaftlichen Community auf Interesse: „Wir hatten die richtige Idee zur richtigen Zeit“, so Michalsky. Gemeinsam mit Kollegen aus Dänemark arbeitet er an einem Antrag für ein größeres Forschungsprojekt. Während sich die Studie bisher auf heterosexuelle Singles konzentrierte, möchte der Phonetiker zukünftig auch andere Personengruppen wie Paare oder Homosexuelle miteinbeziehen. Außerdem sollen die Persönlichkeitsprofile der Kandidaten in die Auswertung miteinfließen.

Dass die Ergebnisse der Studie auch außerhalb der Wissenschaft von Nutzen sein können – nicht nur, um Sprachassistenten zu optimieren sondern beispielsweise auch für sprachtherapeutische Zwecke – freut die Wissenschaftler: „Das erlaubt einem, aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft rauszutreten – das ist schön“, so Schoormann.

 

 

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