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Professor Dr. Gabriele Gerlach
Institut für Biologie und Umweltwissenschaften
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Prof. Dr. Henrik Mouritsen
Institut für Biologie und Umweltwissenschaften
Tel.: 0441/798-3081
henrik.mouritsen@uni-oldenburg.de

  • Fische im Great Barrier Reef: Wie orientieren sie sich? Foto: Gabriele Gerlach

  • Die Larven der Korallenriff-Fische. Foto: Andreas Bally.

Wie Fische ihren Weg finden

Wie schaffen es kilometerweit verdriftete Fischlarven, an ihr Geburtsriff zurückzukehren? Ein internationales Forscherteam hat das Wanderverhalten von Korallenriff-Fischen untersucht. Und entdeckt: Zur Navigation im offenen Ozean nutzen die Tiere einen Sonnenkompass.

Wie schaffen es kilometerweit verdriftete Fischlarven, an ihr Geburtsriff zurückzukehren? Ein internationales Forscherteam hat das Wanderverhalten von Korallenriff-Fischen untersucht. Und entdeckt: Zur Navigation im offenen Ozean nutzen die Tiere einen Sonnenkompass. 

Jedes Jahr im australischen Sommer, von Dezember bis Februar, findet im Great Barrier Reef eine Massenwanderung von Fischlarven statt. Ähnlich wie die Lachse zum Laichen an die Mündung ihres Geburtsflusses wandern, kehren die Korallenriff-Fische an ihr Heimatriff zurück. Ein Wanderungsverhalten, das Prof. Dr. Gabriele Gerlach seit etwa zehn Jahren untersucht. Jetzt konnte die Hochschullehrerin für Biodiversität und Evolutionsbiologie der Tiere zusammen mit dem Biologen und Experten für Neurosensorik, Prof. Dr. Henrik Mouritsen (beide Universität Oldenburg), nachweisen: Die Larven nutzen zur Navigation im offenen Ozean einen Sonnenkompass.

Unter dem Titel "Sun Compass Orientation Helps Coral Reef Fish Larvae Return to their Natal Reef” ("Orientierung mit dem Sonnenkompass hilft Korallenriff-Fischen, an ihr Geburtsriff zurückzukehren") haben Gerlach und Mouritsen gemeinsam mit Michael Kingsford (James Cook University in Townsville, Australien) und Jelle Atema (Bost  on University, USA) jetzt die Ergebnisse ihrer Forschungen in der international renommierten Online-Fachzeitschrift der Public Library of Science Plos One veröffentlicht.

Genetische Marker im Einsatz

Nur wenige Wochen, nachdem die Larven im Riff geschlüpft sind, werden sie nachts ins freie Wasser gespült. Lange ging die Wissenschaft davon aus, es sei reiner Zufall, wohin die Strömungen und Stürme die nur wenige Millimeter großen Larven verdriften. Um ihrem Wanderungsverhalten auf die Spur zu kommen, untersuchte Gerlach die Larven mittels genetischer Marker. "Wie man DNA-Spuren zu kriminalistischen Zwecken verwendet, so lässt sich die DNA-Analyse nutzen, um die Herkunftsriffe der Larven zu bestimmen", erläutert die Wissenschaftlerin.

Auf diese Weise konnte sie zeigen: Ein Großteil der Larven wurde mehr als 15 Kilometer weit verdriftet. 60 Prozent siedeln sich aber auch wieder an ihren Heimat-Riffs an. Diese Rückkehr sei vor allem bei sehr isolierten Riffen überlebenswichtig, so die Biologin. Ohne einen Orientierungssinn würden die Larven im Ozean zu Grunde gehen. Wie also finden die marinen Winzlinge zurück zu ihrem Zuhause?

Larven erschnüffeln sich ihr Riff - bis zu einer Entfernung von zwei Kilometern

Zusammen mit Kingsford und Atema fand Gerlach heraus, dass die Larven sich am Geruch orientieren können. Sie können ihr Riff bis zu einer Entfernung von zwei Kilometern erschnüffeln – eine beachtliche Fähigkeit, doch in den Weiten des Ozeans hilft sie nicht weiter. Strömungsmodelle zeigen: Die meisten Larven werden in der ersten Woche um mehr als zehn Kilometer in Richtung Nordwesten verdriftet. Die Frage also bleibt: Wie finden die Larven ihren Weg zum Geburtsriff?

Mouritsen als Experte für Navigation von Vögeln wagte eine Hypothese. Möglicherweise, so Mouritsen, nutzten die Korallenriff-Fische – ähnlich wie Zugvögel – einen Sonnenkompass. Die WissenschaftlerInnen hatten nämlich beobachtet, dass die Larven auf ihrem Weg zurück zum Geburtsriff stets in südsüdöstlicher Richtung schwammen – vorausgesetzt, der Himmel war klar und die Sonne sichtbar. "Diese Richtung wäre optimal, um gegen die vorherrschende Nordnordwest-Strömung anzuschwimmen und zum Heimatriff zu gelangen", so Mouritsen.

Innere Uhr ermöglicht Larven Navigation

Der Sonnenstand verändert sich mit dem täglichen Weg der Sonne über den Himmel. Um die Sonne als Kompass nutzen zu können, müssten also die Fischlarven über eine innere Uhr verfügen. Um dies zu überprüfen, veränderte Mouritsen in einem Laborexperiment für einige Tiere den Wechsel von Licht und Dunkelheit. So stellte er ihren Tag-Nacht-Rhythmus um sechs Stunden vor. Das Ergebnis: Sie schwammen in die entgegengesetzte Richtung – ein deutlicher Beleg für die innere Uhr, die den Larven die Navigation ermöglicht.

So konnten die Wissenschaftler zeigen: Die Korallenriff-Larven verfügen also wirklich über eine zeitkompensierte Sonnenkompass-Orientierung, und sie nutzen diese, um die unvermeidbare Drift nach Nordnordwesten zu kompensieren – und ihr Geburtsriff wiederzufinden. Lässt sich diese Lösung eines bislang rätselhaften Wanderns auch auf andere Tiere übertragen? Gerlach und Mouritsen gehen davon aus, dass die herausgearbeiteten Fähigkeiten nicht nur  bei Korallenfischen vorkommen können, sondern bei vielen marinen Lebewesen.

Gabriele Gerlach, Henrik Mouritsen, Jelle Atema, Michael Kingsford: "Sun Compass Orientation Helps Coral Reef Fish Larvae Return to their Natal Reef"
 

 

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