Sie liebt Sprachen und Kulturen, hat aber auch ein ausgeprägtes Faible für Zahlen: Erstsemester Johanna van Koningsveld ist im Dezember Deutsche Meisterin im Kalenderrechnen geworden.
„Ach, du studierst gar nicht Mathematik oder Informatik?“ Mit ihrer Studienfachwahl – Slavistik und Niederlandistik an der Universität Oldenburg – verblüfft Johanna van Koningsveld seit Kurzem regelmäßig ihre Konkurrenz. Die 21-Jährige tritt regelmäßig und sehr erfolgreich bei Rechenwettbewerben an, wie im Dezember bei den Deutschen Kopfrechen-Meisterschaften im nordrhein-westfälischen Reken. Unter den Teilnehmenden sind diejenigen mit einschlägigem Bildungsweg in der Überzahl: „Viele machen doch etwas in Richtung Informatik“, sagt sie.
Dabei ist es für sie kein Widerspruch, im Studium eine ganz andere Richtung einzuschlagen. Neben dem Rechnen liebe sie einfach Sprachen und Kulturen, sagt Johanna. Dass sie Niederlandistik studieren wollte, lag für die gebürtige Emderin auf der Hand: „Meine Heimat ist in Grenznähe, ich habe zudem Vorfahren aus den Niederlanden und habe die Sprache in der Schule gelernt.“ Ein Austausch habe ihr ebenfalls viel Spaß gemacht und weiteres Interesse an dem Nachbarland, seiner Sprache und Kultur geweckt. Als neu eingeschriebene Studentin auch der Slavistik habe sie zudem „jetzt mit Polnisch angefangen, das gefällt mir sehr gut“.
Ob ihre ausgewiesenen Schnellrechen-Fähigkeiten in irgendeiner Weise das Sprachenlernen erleichtern, weiß Johanna nicht. Aber zumindest lässt sich das Rechentraining gut mit dem Studium kombinieren: „Ich trainiere oft zwischendurch, ob auf dem Rad zur Uni oder auch mal zwischen zwei Seminaren.“ Zahlenmaterial zum Trainieren liefert ihr eine App, die immer wieder Aufgaben mit Zufallszahlen generiert – oder auch etwa Autokennzeichen im Straßenverkehr. „Da kann man immer wieder quadrieren, Wurzeln ziehen oder das Ganze in Primfaktoren zerlegen“, sagt sie.
Johannas Paradedisziplin allerdings ist das Kalenderrechnen. So unterbricht es auch nicht den Gesprächsfluss, sie zwischendurch zu fragen, auf welchen Wochentag die Uni-Gründung am 5. Dezember 1973 fiel: „Das war ein Mittwoch“, sagt sie ohne jegliches Zögern. Und der 3. Oktober 1991, an dem die Universität in einem offiziellen Festakt die Namensnennung nach dem Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky feierte? „Das war ein Donnerstag.“
Ihr Training und vor allem ihr rasantes Ermitteln von Wochentagen haben sich im Dezember bei der Deutschen Meisterschaft im Kopfrechnen einmal mehr ausgezahlt: Johanna gab binnen fünf Minuten zu 98 von 100 möglichen Kalendereinträgen den korrekten Wochentag an und wurde – gemeinsam mit einer Mitbewerberin – Deutsche Meisterin. Im Kopfrechnen, das mehrere Disziplinen verbindet, wurde sie zudem Dritte, ein wenig sogar zu ihrer eigenen Überraschung. Einige Monate zuvor war sie bei der Kopfrechen-Weltmeisterschaft Siebtplatzierte im Kalenderrechnen geworden und damit die beste Teilnehmende aus Deutschland.
Das Rechen-Faible kommt nicht von ungefähr: „Mein Vater ist auch Kopfrechner und hat mir so gut wie alles beigebracht“, sagt Johanna. „Es hat mir einfach Spaß gemacht, viel von selber trainiert habe ich früher aber nicht.“ Nun als Studentin aber trainiert sie täglich, allein eine Stunde investiert sie pro Tag ins Kalenderrechnen. Sie hat auch ein Zeichentalent, macht gern Musik, „aber Kopfrechnen – speziell Kalenderrechnen – ist jetzt das Hobby, auf dem mein Fokus liegt“. Das Kalenderrechnen funktioniert übrigens natürlich auch in die Zukunft gerichtet. Der 100. Uni-Geburtstag am 5. Dezember 2073? „Der fällt auf einen Dienstag.“