• Drei Personen sitzen nebeneinander in einer Nische und diskutieren, auf dem rollbaren Tisch vor ihnen steht ein aufgeklapptes Laptop.

    Isabel Larisch, Angelina Salman und Ntsanyem Njeukwa Bounkeu (von links) tragen als studentische Hilfskräfte dazu bei, die Perspektive der Studierenden stärker in die Lehre zu integrieren. Die Projekttreffen finden oft im Learning Lab statt. Universität Oldenburg / Daniel Schmidt

  • Das Learning Lab ist ein Raum, der maximale Flexibilität bietet. Es gibt zum Beispiel klappbare Gruppentische, Sitzsäcke und Einzelarbeitsplätze. Universität Oldenburg / Daniel Schmidt

  • Ein großes Smartboard ermöglicht es Gruppen, gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Universität Oldenburg / Daniel Schmidt

Die neue Art zu lernen

Die Universitätslehre der Zukunft ist nicht nur digitaler, sondern insgesamt abwechslungsreicher. Studierende erhalten mehr Möglichkeiten, mitzumachen und selbst aktiv zu werden. Das Projekt participate@UOL arbeitet daran, neue Formate umzusetzen. 

Die Universitätslehre der Zukunft ist nicht nur digitaler, sondern insgesamt abwechslungsreicher. Studierende erhalten mehr Möglichkeiten, mitzumachen und selbst aktiv zu werden. Das Projekt participate@UOL arbeitet daran, neue Formate umzusetzen. 

Noch ist das Learning Lab fast ein Geheimtipp. Der helle, freundliche Raum in den verwinkelten oberen Etagen der Bibliothek steht allen Studierenden offen: als Ort, an dem man gemeinsam lernen und arbeiten kann und der viele technische Möglichkeiten bietet. Das Learning Lab ist eins der sichtbarsten Ergebnisse des Projekts participate@UOL, das seit 2021 läuft und gerade für ein Jahr bis Ende 2025 verlängert wurde. Die Stiftung „Innovation in der Hochschullehre“ stellte der Universität 3,9 Millionen Euro zur Verfügung, um neue Lehr-Lern-Formate auszuprobieren, weiterzuentwickeln, die besten zu ermitteln und schließlich in der Praxis zu implementieren. 

Das zentrale Ziel des Projekts besteht darin, die universitäre Lehre beispielsweise durch mehr interaktive Elemente und neue Technologien zu verändern. „Was uns antreibt ist, dass wir das Studium attraktiver machen wollen“, betont Peter England aus dem Referat Studium und Lehre, der als Projektkoordinator die Fäden in der Hand hält. Das rund 20-köpfige Projektteam ist eng mit vielen anderen Bereichen der Universität verwoben: Einige Mitarbeitende sind an den Fakultäten angesiedelt, andere arbeiten in der Hochschuldidaktik, beteiligt sind überdies IT-Dienste und BIS.

Das Vorhaben setzt auf viele kleine Verbesserungen, die zunächst erprobt werden und sich dann verstetigen sollen. Zu den Neuerungen gehören Schulungen für Lehrende zu neuen digitalen Tools, verschiedene freie Bildungsmaterialien, sogenannte Open Educational Resources, und digitale Begleitangebote für Erstsemester, darunter etwa ein virtueller Rundgang durch die Bibliothek. Es gibt Lehrveranstaltungen, die die Möglichkeiten virtueller Realität (VR) nutzen und Workshops von Studierenden für Studierende zu Themen wie Achtsamkeit oder dem Erstellen eines Lernplans. 

Über allem steht der Gedanke der Partizipation, der schon im Projekttitel zum Ausdruck kommt. „Wir setzen bei den Bedürfnissen der Studierenden an“, betont England. Um diese zu ermitteln, wirkten etwa bei der Gestaltung des Learning Labs die studentischen Projektmitarbeiterinnen Friederike Ulses und Isabel Larisch aktiv mit. Die beiden hatten die Aufgabe, herauszufinden, wie sich Studierende eine ideale Lernumgebung vorstellen und was eine „attraktive Lernatmosphäre“ ausmacht.

„Dabei haben wir das Peer-to-Peer-Prinzip als besonders zielführend erlebt“, berichtet Larisch, die vor kurzem ihr Lehramtsstudium abgeschlossen hat. Sie und Ulses trafen sich mit Fachschaften und studentischen Gremien und redeten in Workshops mit anderen Studierenden über deren Ideen. Es stellte sich heraus, dass einige Wünsche wie die Versorgung mit Steckdosen und stabilem W-LAN von vielen geteilt werden, es darüber hinaus aber ganz unterschiedliche Bedürfnisse gibt.

„Man darf alles verschieben und kann das auch so hinterlassen. Man muss nicht leise sein, sondern es darf lebhaft diskutiert werden.“

 

Das Learning Lab ist ein Raum geworden, der maximale Flexibilität bietet. Gruppen können hier in angenehmer Atmosphäre gemeinsam am Smartboard arbeiten oder für einen Workshop die Sitzmöbel locker im Kreis anordnen. Man kann sich auf gemütlichen Sofas mit Trennwand zu zweit über ein Laptop beugen oder in einer virtuellen Umgebung üben, einen Vortrag zu halten. Es gibt klappbare Gruppentische, Sitzsäcke und Einzelarbeitsplätze. „Man darf alles verschieben und kann das auch so hinterlassen. Man muss nicht leise sein, sondern es darf lebhaft diskutiert werden“, sagt Lars Seehausen, Spezialist für digitale Lehre, der Nutzerinnen und Nutzern bei allen Fragen hilfreich zur Seite steht. 

Darüber hinaus bietet das Learning Lab eine besondere technische Ausstattung: Es stehen Rechner zum Schneiden von Filmen zur Verfügung, auf anderen lassen sich KIs ausprobieren, es gibt VR-Brillen, ein Podcaststudio, eine 3D-Kamera und einen Multitouch-Tisch. Studierende haben hier alle Möglichkeiten, neben klassischen Studienleistungen wie Hausarbeiten oder Vorträgen auch neue Formate wie Podcasts, Filme oder digitale Ausstellungsrundgänge zu produzieren. 

Das könnte in Zukunft häufiger vorkommen – denn auch in den Lehrveranstaltungen halten neue, meist digitale Technologien Einzug. Gute Lehre müsse zwar nicht unbedingt digital sein, betont Peter England: „Auch klassische Seminare lassen sich durch interaktive Elemente auflockern, etwa ein Quiz oder das sogenannte Peer-to-Peer-Learning, bei dem sich Studierende gegenseitig Wissen vermitteln.“ Wichtig sei es, mehr Interaktion und damit auch mehr Spaß in die Lehre zu bringen. 

Entscheidungen treffen in der virtuellen Notaufnahme

Digitale Lehrformate bieten dabei indessen besonders faszinierende Möglichkeiten. Das lässt sich bei 
Dr. Susanne Quintes besichtigen, Mitarbeiterin von participate@UOL in der Fakultät VI Medizin und Gesundheitswissenschaften. Sie ist verantwortlich für die „virtuelle Notaufnahme“, ein Lernprogramm für Medizinstudierende. In einem Seminarraum präsentiert Quintes mehrere VR-Brillen, die dazugehörigen Controller, zwei Laptops und einen leistungsfähigen Desktop-Rechner. „Das ist alles, was man dafür braucht“, sagt sie. Die virtuelle Notaufnahme funktioniert ganz ähnlich wie ein Computerspiel: Die Nutzerin oder der Nutzer befindet sich in einem virtuellen Krankenhaus und erhält die Nachricht, dass eine kranke Patientin im Behandlungszimmer liegt. Nun gilt es zu entscheiden, was als Nächstes zu tun ist. Mitstudierende können den Verlauf der Simulation auf einem großen Bildschirm verfolgen. 

Der Sinn der Übung: Die angehenden Ärztinnen und Ärzte sollen lernen, unter Zeitdruck Notfälle richtig einzuschätzen, Aufgaben zu priorisieren, eine erste Diagnose zu stellen und eine Behandlung einzuleiten – alles in einer sicheren Umgebung, in der Fehler keine Folgen haben. Im vergangenen Wintersemester kam die virtuelle Notaufnahme in zwei Seminaren mit mehr als 80 Studierenden zum Einsatz. Quintes sieht das Format nicht als Ersatz für etablierte Lehrmethoden wie etwa Einheiten mit Schauspielpatienten, sondern als Erweiterung, um Dinge zu üben oder zu erfahren, die sonst im Studium nur schwer möglich sind. Etwa den Stress, der in einer Notfallsituation aufkommt.

Dass die neue Lehrmethode gut ankommt, zeigte die Evaluation. Viele der Studierenden schätzten sich nach dem VR-Training als kompetenter ein als vorher und hatten das Gefühl, auf die Behandlung von Notfällen besser vorbereitet zu sein. „VR wird in der einen oder anderen Form in vielen Studiengängen eingesetzt werden“, ist Quintes überzeugt. Etwa in der Chemie, um die Geometrie komplizierter Moleküle zu veranschaulichen oder in der Geschichte, um in historische Szenarien einzutauchen. Lehramtsstudierende könnten virtuell lernen, schwierige Situationen im Klassenzimmer zu meistern.

Experimentieren und Ausprobieren wird leichter

Damit sich solche neuen Formate in der universitären Lehre etablieren können, müssen sich auch die Lehrenden dafür begeistern. Das Projektteam setzt auch in diesem Punkt auf Partizipation und begleitet beispielsweise Lehrveranstaltungen, in denen Neues ausprobiert wird. Auch darüber hinaus bieten die Mitarbeitenden viel Unterstützung an, helfen etwa beim Umgang mit neuer Technik wie dem VR-Zubehör. In kleinen Schulungen stellen sie außerdem regelmäßig neue digitale Tools für die Lehre vor, erläutern, wie sie funktionieren und zu welchen Lehrkonzepten sie passen. England hat festgestellt, dass diejenigen Lehrenden, die innovative Formate erfolgreich erproben, als Multiplikatoren wirken: „Sie erzählen ihren Kolleginnen und Kollegen davon. Die kommen dann zu uns und wollen es auch ausprobieren.“ 

Damit Experimentieren und Ausprobieren in der Lehre in Zukunft leichter wird, entsteht gerade ein „Teaching Lab“ für alle Fakultäten. Ähnlich wie das Learning Lab soll es ein möglichst flexibler Raum werden. Englands Traumvorstellung: „Im Idealfall lassen sich selbst Wände verstellen oder Podeste verschieben, damit sich jedes denkbare didaktische Szenario umsetzen lässt.“

Dieser Artikel ist zuerst in der aktuellen Ausgabe der Hochschulzeitung UNI INFO erschienen.

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