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Dr. Pauline Fleischmann

Institut für Biologie und Umweltwissenschaften

+49 441 798 3743

  • Zwei Ameisen krabbeln an einem Stein aus einer Vertiefung heraus, der Boden besteht aus Sand und kleinen Steinchen.

    Wüstenameisen der Gattung Cataglyphis kehren nach der Nahrungssuche zielsicher zum Nesteingang zurück, obwohl dieser nicht mehr als ein kleines Loch im Boden ist. Pauline Fleischmann

  • Die Forscherin sitzt im Freien in einem lichten Pinienwald hinter einem Versuchsaufbau, der aus einem Metallgestell, einer Kamera und mehreren Tüchern besteht.

    Pauline Fleischmann bei Feldexperimenten im Schinias-Nationalpark in Griechenland. Robin Grob

  • Landschaftsbild: Glatter, weißer Untergrund (das Salz), darüber blauer Himmel, im Hintergrund ein dünner, dunklerer Streifen am Horizont.

    In Tunesien leben die Wüstenameisen in völlig eintönigen Salzpfannen. Pauline Fleischmann

Feldbiologin mit Faible für Philosophie

Die Biologin Pauline Fleischmann erforscht Wüstenameisen – sowohl im Labor als auch in ihrer natürlichen Umgebung. Die Insekten können sich erstaunlich gut in eintönigem Gelände orientieren.

Die Biologin Pauline Fleischmann erforscht Wüstenameisen – sowohl im Labor als auch in ihrer natürlichen Umgebung. Die Insekten können sich erstaunlich gut in eintönigem Gelände orientieren.

Ganz vorsichtig lässt Pauline Fleischmann eine Ameise auf ihre Hand krabbeln. „Die tun nichts, die sind ganz harmlos“, sagt die promovierte Biologin lächelnd, während eines ihrer rund einen Zentimeter langen, sechsbeinigen Forschungsobjekte über ihren Handrücken eilt. Wüstenameisen der Gattung Cataglyphis stechen nicht und sondern auch keine Säure oder Giftstoffe ab. „Wenn sie im Freiland einem Feind begegnen, haben sie keine Chance“, sagt Fleischmann, und fügt hinzu, dass die Insekten ihren Bau in ihrer natürlichen Lebensumwelt – beispielsweise Salzpfannen in der nordafrikanischen Sahara oder Pinienwälder in Griechenland – nur zur heißtesten Zeit des Tages verlassen, wenn keine potenziellen Feinde unterwegs sind.

Die Forscherin, die zuvor an der Universität Würzburg in ihrer Promotion und als Postdoktorandin das Verhalten der Wüstenameisen erforscht hatte, ist seit dem Sommer 2022 „Research Group Fellow“ im Sonderforschungsbereich (SFB) 1372 „Magnetrezeption und Navigation von Vertebraten“ an der Universität Oldenburg. Sie erweitert damit die Perspektive des Forschungsverbunds, der sich bislang mit dem Magnetsinn und den Wanderungen von Vögeln, Fischen und Fledermäusen beschäftigt hatte, auf wirbellose Tiere.

Zwei Kolonien der Wüstenameisen hat Fleischmann aus Griechenland mitgebracht. Die Insekten leben in einem kleinen, klimatisierten Raum im Gebäude W04 in zwei grauen Kunststoffkisten. Öffnet man den Deckel, sieht man Hunderte der kleinen Sechsbeiner scheinbar planlos hin- und herwuseln. Manche tragen dabei winzige weiße Kügelchen zwischen ihren Vorderbeinen herum – ihre Eier. Immer mal wieder verlässt eine Arbeiterin den Bau zur Futtersuche durch einen durchsichtigen Schlauch, der in eine weitere Box mündet. Deren Boden ist mit Sand und vertrockneten Pflanzenresten bedeckt. Hier und da liegt ein toter Mehlwurm herum.

Navigieren mit verschiedenen Methoden

„Wüstenameisen sind berühmt für ihr Orientierungsvermögen“, berichtet Fleischmann. In der Natur laufen die Insekten bei der Futtersuche mehr als hundert Meter kreuz und quer durch eintönige Ödnis, um dann auf geradem Weg schnurstracks zum Nest zurückzukehren. Schon länger ist bekannt, dass sie zur Navigation einen Himmelskompass verwenden, in den die Position der Sonne und das Polarisationsmuster des Sonnenlichts im UV-Bereich einfließen. Zudem verfügen die Tiere über einen so genannten Schrittintegrator, mit dem sie die Entfernung zum Nest abmessen.

Was sie aber für die Biologin und den SFB besonders interessant macht: Die kleinen Insekten orientieren sich auch am Erdmagnetfeld – so eine unerwartete Erkenntnis aus Fleischmanns Doktorarbeit. Bei Feldversuchen in Griechenland stellte sie überraschend fest, dass die Ameisen bei sogenannten Lernläufen auch ohne den Himmelskompass wissen, wo sich das Nest befindet. Ein künstlich gedrehtes Magnetfeld brachte die Tiere dagegen durcheinander.

Das Fachgebiet der Forscherin ist die Neuroethologie, die Kombination aus Verhaltensforschung und Neurobiologie. Die Arbeit mit den Tieren in der Natur macht ihr dabei besonders viel Spaß: „Es ist das, was ich am allerliebsten mache“, berichtet die Biologin, die auch schon Heuschrecken und Fledermäuse erforscht hat und für Studien unter anderem in Costa Rica und Tunesien unterwegs war. Ursprünglich lag der Schwerpunkt ihres Interesses an der Schnittstelle von Biologie und ihrem zweiten Studienfach Philosophie, doch derzeit steht der neu entdeckte Magnetkompass der Ameisen im Mittelpunkt ihres Interesses. „Ich will verstehen, wie der Magnetsinn funktioniert und wie die Ameisen ihn verwenden“, betont sie. Der Wechsel nach Oldenburg war für sie folgerichtig: „Wer die Magnetwahrnehmung erforschen will, muss hierherkommen“, sagt sie. Im SFB gebe es eine große Expertise.

Zwar vermutet sie, dass der Magnetsinn der Ameisen auf einem anderen Mechanismus beruht als man es beispielsweise für Vögel annimmt. Dennoch sieht sie für ihre Forschung viele Anknüpfungspunkte. Im SFB erlebe sie eine große Kooperationsbereitschaft, auch zwischen den verschiedenen Disziplinen. Sie arbeitet bereits mit Prof. Dr. Michael Winklhofer und der Dr. Franziska Curdt aus der Arbeitsgruppe „Sensorische Biologie der Tiere“ zusammen. Die Forschenden untersuchen innerhalb des Verbunds die Bedeutung magnetischer Mineralien bei der Magnetwahrnehmung, etwa bei Fischen. Darüber hinaus plant Fleischmann, den Magnetsinn der Ameisen auch auf neuronaler Ebene zu erforschen, etwa durch elektrophysiologische Untersuchungen im Labor. 

Gut eingelebt in Oldenburg

Nach über einem Jahr in Norddeutschland hat sich Pauline Fleischmann gut eingelebt: Sowohl in der Stadt als auch an der Universität habe sie viele „liebe und verbindliche“ Menschen getroffen, die ihr und ihrer Familie den Anfang nach neun Jahren in Würzburg leicht machten. Ein weiterer Pluspunkt: „Ich finde es toll, dass alles gut mit dem Rad zu erreichen ist.“

Auch der Kindertransport, stellte sie fest, lässt sich am schnellsten per Fahrrad erledigen. Diese Erfahrung brachte sie auf eine Idee: Neben ihren Wüstenameisen hat Fleischmann nämlich auch einen Teil eines Preisgeldes mit nach Oldenburg gebracht. Für die Ergebnisse ihrer Doktorarbeit erhielt sie 2021 den mit 15.000 Euro dotierten Förderpreis „For Women in Science“ der Deutschen UNESCO-Kommission und der L’Oréal-Stiftung. In Zusammenarbeit mit der Biologin und Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard werden damit in Deuschland jährlich drei hochqualifizierte junge Wissenschaftlerinnen mit Kindern dabei unterstützt, Familie und Beruf zu vereinbaren.

5.000 Euro des Preisgeldes sind für ein Projekt am Institut der Preisträgerin bestimmt. Unter anderem aufgrund der Coronapandemie konnte Fleischmann in Würzburg ihren ursprünglichen Plan nicht mehr realisieren – und hat die Summe, aufgestockt durch Mittel des SFB, nun in Oldenburg für die Anschaffung von vier Fahrradanhängern eingesetzt. „Die Anhänger können von jungen Eltern unter den Studierenden und Promovierenden der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften und aus dem Sonderforschungsbereich für ein Semester kostenfrei ausgeliehen werden“, erläutert Fleischmann. Die Organisation übernimmt die Gleichstellungsstelle der Fakultät. So soll es für junge Frauen leichter werden, Studium oder Forschungstätigkeit und Familie besser unter einen Hut zu bekommen. Einen der Anhänger nutzt sie momentan selbst – denn auch sie pendelt als Mutter von zwei Kindern im Kita-Alter regelmäßig zwischen Kinderbetreuung und Campus.

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