Die Universität erhält ein neues interdisziplinäres Forschungszentrum im Bereich Sicherheitskritische Systeme. Dort entwickeln und überprüfen Wissenschaftler Sozio-technische Systeme für Auto, Flugzeug, Schiff und Bahn. Das Ziel: eine sichere und umweltverträgliche Mobilität.
Die Wissenschaftler setzten sich mit ihrem Antrag „Interdisciplinary Research Center on Critical Systems Engineering for Socio-Technical Systems“ durch – in der vom Niedersächsischen Wissenschaftsministerium und der VolkswagenStiftung gemeinsam initiierten Ausschreibung zur „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit niedersächsischer Hochschulstandorte“. Insgesamt 19,5 Millionen Euro stehen dafür aus dem Förderprogramm „Niedersächsisches Vorab“ zur Verfügung. Fünf Millionen Euro davon fließen in das Oldenburger Forschungszentrum für Sicherheitskritische Sozio-technische Systeme. Neben der Universität Oldenburg sind das Informatikinstitut OFFIS, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das Kompetenzcluster SafeTRANS an dem Forschungszentrum beteiligt. Sprecher ist der Oldenburger Informatiker Prof. Dr. Werner Damm.
„Das neue Forschungszentrum knüpft nahtlos sowohl an den langjährigen DFG-Sonderforschungsbereich zu Sicherheitskritischen Systemen als auch an die universitären Forschungsschwerpunkte in der Neurosensorik, Meerestechnik und Medizin an“, erklärt Universitätspräsidentin Prof. Dr. Babette Simon.
Sicherheitskritische Systeme sind hochkomplexe computerbasierte Systeme, die in der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt, der Meerestechnik, der Automatisierungstechnik, der Energieversorgung und im Gesundheitswesen eingesetzt werden. Sie steuern beispielsweise den Motor in Fahrzeugen, unterstützen bei Navigation, Spurhalten und Unfallvermeidung, und tragen als Autopilot und Kollisionsvermeidungssystem in Flugzeugen und Schiffen zu einem sicheren Luft- und Schiffsverkehr bei. Die steigende Vernetzung dieser Systeme und die Einbeziehung menschlichen Verhaltens schaffen sogenannte Sozio-technische Systeme, in denen Menschen und technische Geräte gemeinsam Aufgaben wie zum Beispiel eine sichere, umweltverträgliche Mobilität bei gleichzeitigem Komfort und Effizienz für die Nutzer lösen. Um die Einhaltung der geforderten Sicherheitsstandards in der Entwicklung solcher Systeme zu garantieren, sind neue, interdisziplinäre Ansätze nötig, die weit über die der klassischen Ingenieursdisziplinen wie der Informatik, der Elektrotechnik oder dem Maschinenbau hinausgehen.
Von zentraler Bedeutung ist es, die Interaktion zwischen den im Gesamtsystem handelnden Menschen, ihren Assistenzsystemen und deren technischer und natürlicher Umwelt zu verstehen. Hier setzt das Oldenburger Forschungszentrum an. Die Wissenschaftler überprüfen und entwickeln Sozio-technische Systeme insbesondere im Verkehrsbereich, das heißt für Auto, Flugzeug, Schiff und Bahn. Ihr Ziel: eine sichere und umweltverträgliche Mobilität. „Flugzeuge, Schiffe und Züge – sie alle funktionieren mit Sicherheitskritischen Systemen. Bei der Entwicklung dieser hochkomplexen Systeme müssen wir die „Human Factors“, also menschliche Einflussfaktoren, berücksichtigen. Das erfordert hochpräzise Untersuchungen und einen interdisziplinären Forschungsansatz“, betont Damm.
Die Verlässlichkeit von Sicherheitskritischen Systemen lässt sich im Labor nur unzulänglich erproben. Dafür sind Simulationen im großen Maßstab notwendig, die eine enge Kooperation mit der Industrie erfordern. Die Kooperationspartner OFFIS, das DLR mit seiner „Anwendungsplattform Intelligente Mobilität" (AIM) und SafeTRANS mit einem Netzwerk in die Industrie stellen sicher, dass Sicherheitskritische Systeme unter realen Bedingungen erprobt werden können. „Wir verstehen das Forschungszentrum als Think Tank, in dem Experten aus Wissenschaft und Industrie die Forschung zu Sicherheitskritischen Systemen auf höchstem Niveau gemeinsam weiter vorantreiben“, so Damm. Ein integriertes College widmet sich zudem der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern.