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  • Im Attosekundenlabor werden wenige Femtosekunden lange Lichtblitze in noch kürzere Pulse verwandelt. Foto: Universität Oldenburg/Daniel Schmidt

  • Freuen sich über die neuen Experimentiermöglichkeiten (von links nach rechts): Lars Englert, Matthias Wollenhaupt, Antonietta de Sio, Christoph Lienau und Sascha Schäfer. Foto: Universität Oldenburg/Daniel Schmidt

Der Tanz der Elektronen

In einem neuen Labor auf dem Campus Wechloy untersuchen Oldenburger Physiker, wie sich Elektronen innerhalb von Atomen bewegen. So lässt sich beispielsweise erforschen, wie Ladungsträger in Solarzellen entstehen.

In einem neuen Labor auf dem Campus Wechloy können Oldenburger Physiker untersuchen, wie sich Elektronen innerhalb von Atomen bewegen. So lässt sich beispielsweise erforschen, wie Ladungsträger in Solarzellen entstehen

Hinter einer ganz gewöhnlichen Tür im dritten Stock des Gebäudes W02 auf dem Campus Wechloy verbirgt sich ein Labor, wie es nur wenige auf der Welt gibt. Besucher, die hineinwollen, müssen eine Plastikhaube aufsetzen und Schuh-Überzieher verwenden. Glänzender Schmuck ist tabu, und am wichtigsten: Wer sich bücken muss – um zum Beispiel einen heruntergefallenen Stift aufzuheben – sollte besser die Augen schließen.

Die Vorsichtsmaßnahmen sind nötig, weil im neuen Attosekundenlabor des Instituts für Physik ein extrem starker Laser steht. Der weiße Lichtstrahl des Lasers verläuft auf Hüfthöhe und wird sichtbar, wenn er auf ein Hindernis trifft. Auf keinen Fall darf er ins Auge fallen. Staubteilchen, die in das gebündelte Licht geraten, könnten sich in Gegenstände einbrennen. Sechs starke Lüftungsanlagen sorgen daher dafür, dass Fusseln und Staubkörnchen schnell wieder nach draußen befördert werden.

Lichtpulse, die Trillionstel Sekunden dauern

Das Besondere an dem neuen Labor: Dort entstehen Lichtpulse, die nur wenige Trillionstel Sekunden lang sind. Mit diesen extrem kurzen Blitzen lassen sich unvorstellbar schnelle Vorgänge innerhalb von Atomen gleichsam einfrieren und wie in einem Film festhalten – etwa, wie Elektronen von einem Energiezustand in den anderen übergehen. Vier Arbeitsgruppen des Instituts für Physik haben das rund zwei Millionen Euro teure Labor gemeinsam aufgebaut. Die Forscher wollen erstmals Vorgänge direkt untersuchen, die den Prozessen der Photosynthese in Pflanzenzellen oder der Ladungserzeugung in Solaranlagen ähneln.

„Das Labor eröffnet neue Ansätze zur Mikroskopie auf der Nanoskala“, berichtet Prof. Dr. Matthias Wollenhaupt. Der Leiter der Arbeitsgruppe Ultraschnelle Kohärente Dynamik (ULTRA) nutzt das Attosekundenlabor gemeinsam mit seinen Kollegen Prof. Dr. Christoph Lienau, Prof. Dr. Sascha Schäfer und Prof. Dr. Niklas Nilius und deren Arbeitsgruppen Ultraschnelle Nano-Optik (UNO), Ultraschnelle nanoskalige Dynamik (UND) und Rastersondenspektroskopie (Raspe). Die Koordination des Labors übernehmen die Physiker Dr. Lars Englert und Dr. Antonietta de Sio.

Weg der Elektronen verfolgen

„Um Wechselwirkungen zwischen Licht und Elektronen zu beobachten, zu verstehen und letztlich zu kontrollieren, benötigen wir Lichtblitze, die nur wenige Attosekunden lang sind“, erläutert Wollenhaupt. Erst seit wenigen Jahren ist es möglich, derartige Lichtpulse zu erzeugen: Eine Attosekunde entspricht dem Milliardstel einer Milliardstel Sekunde, also einer Null mit 17 Nullen hinter dem Komma, bevor eine Eins folgt. Viele Prozesse in der Nanowelt, etwa die Bewegung von Atomen und Molekülen, spielen sich typischerweise auf einer Skala von Femtosekunden ab – das sind einige Tausend Attosekunden. Die Abläufe im Inneren von Atomen oder Molekülen werden jedoch von Elektronen bestimmt, die wesentlich kleiner als Atomkerne sind und sich viel schneller bewegen. „Die Umlaufzeit eines Elektrons auf der innersten Bahn eines Wasserstoff-Atoms beträgt im berühmten Bohrschen Atommodell nur etwa 150 Attosekunden“, berichtet Lienau.

Das Kernstück des neuen Labors ist ein hochmodernes Femtosekunden-Lasersystem, das sich unter einer schwarzen Abdeckung verbirgt. Die Blitze, die es erzeugt, sind etwa vier Femtosekunden lang. Um daraus noch kürzere Attosekunden-Laserpulse herzustellen, bündeln die Forscher das Laserlicht in einem Strahl aus Edelgas. Dabei entstehen Lichtwellen mit einem ganzzahligen Vielfachen der ursprünglichen Frequenz. „Das funktioniert ähnlich wie beim Spielen eines Saiteninstruments“, erläutert Wollenhaupt. „Auch dabei werden neben dem Grundton höhere Töne angeregt, die so genannten Obertöne.“ Aus den Femtosekunden-Laserpulsen im sichtbaren Bereich des Lichts lassen sich auf diese Weise Laserpulse im extrem ultravioletten Teil des Spektrums erzeugen, die weniger als 150 Attosekunden lang sind. Mit diesen kurzwelligen Attosekundenpulsen lassen sich nicht nur die schnellen Bewegungen von Elektronen erfassen. Es wird gleichzeitig möglich, extrem kleine Strukturen wie einzelne Atome sichtbar zu machen – und somit den Weg von Elektronen innerhalb eines Festkörpers zu verfolgen.

Derzeit nehmen die Forscherinnen und Forscher das neue Labor in Betrieb, lernen die Instrumente kennen und beginnen mit ersten Experimenten. Dabei untersuchen sie zum einen fundamentale physikalische Probleme, zum anderen befassen sie sich mit anwendungsorientierten Fragen. Die Physiker wollen beispielsweise bestimmte chemische Reaktionen erforschen, die durch Licht gesteuert werden. Außerdem interessieren sie sich für den Energie- und Ladungstransfer in nanostrukturierten Materialien. Diese Werkstoffe, die auf mikroskopischer Ebene Strukturen wie Poren oder Gitter aufweisen, könnten als Grundlage für Solarzellen der übernächsten Generation dienen.

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(Stand: 20.11.2024)  | 
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