Wie beeinflussen Alltagsgeräusche die Arbeit des menschlichen Gehirns? Der Oldenburger Neurowissenschaftler Martin Bleichner geht dieser Frage nach und erhält dafür den diesjährigen „Preis für exzellente Forschung“ der Universitätsgesellschaft. Auch zwei frisch Promovierte werden ausgezeichnet.
Neben Dr. Martin Bleichner, der am Department für Psychologie die Forschungsgruppe „Neurophysiologie im Alltag“ leitet, würdigt die Universitätsgesellschaft Oldenburg e.V. (UGO) zwei Dissertationsprojekte. Den „Preis für herausragende Promotionen“ verleiht die UGO an die Informatikerin Dr. Marion Koelle sowie an den Mathematiker Dr. Ingo Schoolmann. Der seit 2012 vergebene „Preis für exzellente Forschung“ ist mit 5.000 Euro dotiert, der „Preis für herausragende Promotion in Gedenken an Gerhard Wachsmann“ mit 2.000 Euro.
„Unsere Preisträger sind ausdauernd und beweisen Weitblick“, so der UGO-Vorsitzende Hon.-Prof. Dr. Werner Brinker. Allen dreien sei es gelungen, durch die Kombination verschiedener wissenschaftlicher Felder etwas Neues zu erschaffen.
„Martin Bleichner hat eine Methode entwickelt, um Geräusche und deren Wahrnehmung im Alltag per Hirnstrommessung und Smartphone aufzuzeichnen. Marion Koelle beschäftigte sich in ihrer Dissertation mit der Frage, wie am Körper getragene Kameras so gestaltet werden können, dass sie gesellschaftlich akzeptabel werden, und Ingo Schoolmann hat aus einem mehr als 100 Jahre alten mathematischen Gebiet entgegen aller Erwartungen eine moderne Theorie entstehen lassen“, so Brinker. Er freue sich, mit diese herausragenden Forscherpersönlichkeiten würdigen zu dürfen.
Bleichner lehrt und forscht seit acht Jahren am Department für Psychologie der Universität. Die von ihm seit zwei Jahren geleitete Forschungsgruppe „Neurophysiologie im Alltag“ fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in ihrem renommierten Emmy Noether-Programm. Ziel von Bleichners Forschung ist es, die Gehirnaktivität bei Alltagsgeräuschen zu erforschen und so die daraus entstehende subjektive Belastung zu objektivieren. Dafür misst das Team die elektrische Gehirnaktivität (EEG) mithilfe von Sensoren, die um das Ohr platziert werden, sowie eines mobilen Signalverstärkers. Diese Daten werden anschließend mit den parallel per Smartphone aufgezeichneten Geräuschen kombiniert.
Koelle verbindet in ihrer mit „summa cum laude“ ausgezeichneten Dissertation „Designing socially acceptable body-worn cameras“ empirische Nutzerforschung, Design, Software- und Hardware-Prototyping von Kameras mit Aspekten der Künstlichen Intelligenz. Dabei geht es ihr um die soziale Komponente bei Mensch-Maschine-Interaktionen. Ihr Ziel ist es, Technologien so zu gestalten, dass diese sich nahtlos in das gesellschaftliche Miteinander einfügen. Für ihre Arbeit erhielt sie mehrere Auszeichnungen. Koelle promovierte ab 2016 bei der Oldenburger Medieninformatikerin Prof. Dr. Susanne Boll. Zuletzt forschte sie an der Universität des Saarlandes an Technologien, die direkt auf der Haut getragen werden.
Schoolmann widmet sich dem Bearbeiten von lang bestehenden mathematischen Fragestellungen. Seine Promotion mit dem Titel „Hardy spaces of general Dirichlet series and their maximal inequalities“ sorgte in der Fachwelt für Aufsehen. In herausragender Weise kombinierte er unterschiedliche Teilgebiete der Analysis und „öffnete so ein jahrzehntelang verschlossenes Fenster“ zur alten Theorie allgemeiner Dirichlet-Reihen, wie sein Doktorvater Prof. Dr. Andreas Defant betont. Seine von der DFG geförderte Promotion zu allgemeinen Dirichlet-Reihen schloss er im Februar 2021 mit der Note „summa cum laude“ ab. Derzeit ist der 30-Jährige als Softwareentwickler tätig.