Wenn Studentenjobs wegbrechen, wie zuletzt wegen der Pandemie, trifft das internationale Studierende ohne Anspruch auf Bafög, Sozialhilfe oder Wohngeld besonders hart. Beratung bieten neben der Uni etwa die Studierendengemeinden.
Wie immer hat Masterstudentin Luisa Molkenthin gerade zu Semesterbeginn in ihrem Nebenjob viel zu tun, auch in diesem Sommersemester. Dennoch ist, wie bei so vielen, wegen der Corona-Pandemie manches anders. Als Stipendiatin des Fördervereins der Evangelischen StudentInnengemeinde (ESG) berät und begleitet die 30-Jährige seit 2015 internationale Studierende der Universität Oldenburg in allen Lebenslagen. „Oft geht es dabei ums Finanzielle, aber zum Beispiel auch um interkulturelle Aktivitäten oder schlicht um praktische Hilfe, etwa bei der Wohnungssuche oder Rückmeldung an der Uni“, erzählt sie. Seit die Corona-Pandemie Deutschland erreichte, hat die Online-Beratung die persönlichen Treffen in ihrer wöchentlichen Sprechstunde ersetzt, Veranstaltungen entfallen – vor allem aber sei die Situation von Studierenden in finanzieller Schieflage noch einmal schlimmer geworden, sagt Luisa Molkenthin.
Wenn der Nebenjob wegbricht, geraten ausländische Kommilitoninnen und Kommilitonen, die ihr gesamtes Studium in Oldenburg absolvieren, schnell in Existenznöte. „Dann wird das Bezahlen von Versicherung, Miete, Rundfunkbeitrag schwierig“, so Molkenthin. „Manche sagen: ‚Ich ernähre mich nur noch von Reis und Nudeln und weiß nicht, was ich nächste Woche essen soll‘.“ Insgesamt gut 850 Studierende der Universität kommen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union – etwa aus Kamerun, Indien, dem Iran oder Afghanistan. Rund 30 berät Luisa Molkenthin üblicherweise pro Semester. Bislang wendeten sich zwar nicht mehr als sonst an sie. Aber für diejenigen mit Beratungsbedarf sei die Lage momentan besonders prekär, berichtet die Englisch- und Spanisch-Studentin.
Das erlebt auch Katja Kaboth-Larsen vom International Office (IO) der Universität. Sie steht aktuell ebenfalls mit mehr als 30 ausländischen Studierenden in Kontakt, die in Nöten sind. Über das Studierendenwerk hat sie von Dutzenden weiteren Hilfsgesuchen erfahren. „Die Betroffenen haben keinen Anspruch auf Bafög, Sozialhilfe oder Wohngeld“, betont sie. Um sich hierzulande einschreiben zu dürfen und einen sogenannten Aufenthaltstitel zu erhalten, müssten zwar alle mit einer entsprechenden Summe auf einem Sperrkonto nachweisen, dass sie sich ein Studienjahr lang finanzieren können. „Aber wer das Finanzpolster nun antastet, riskiert ein vorzeitiges Studienende, da die Studierenden den Aufenthaltstitel jährlich neu beantragen müssen“, so Kaboth-Larsen.
Um die Situation zu lindern, habe das IO immerhin einige Notfallstipendien und Beihilfen vergeben können. „Vergangenes Jahr haben wir mit den Studierenden erst einmal auf den Nothilfefonds der Studierendenwerke gewartet“, ergänzt Kaboth-Larsen. Andere Töpfe zur Überbrückung seien da leider schon ausgeschöpft gewesen, berichtet auch Molkenthin. „Zum Beispiel die Gelder aus einem Notfonds der Diakonie fürs Sommersemester 2020 – die waren bereits nach wenigen Wochen aufgebraucht. Da ist kurzfristige Hilfe nicht so einfach.“
Eine weitere Möglichkeit sind die von der Bundesregierung bereitgestellten Not-Studienkredite, die vorübergehend auch für Menschen aus Ländern außerhalb der EU geöffnet sind. Allerdings frage sie sich schon, sagt Kaboth-Larsen, „wie diejenigen internationalen Studierenden, die sich mit Jobs über Wasser halten, diese zusätzlichen Schulden dann in der Folge realistisch zurückzahlen können“. Das IO stehe daher unter anderem mit dem AStA in Kontakt, um zumindest über praktische Erleichterungen für bedürftige Studierende nachzudenken. „Wir arbeiten zum Beispiel daran, dass das Foodsharing-Angebot des AStA weitergehen kann. Das würde vielen helfen“, so Kaboth-Larsen. „Ebenfalls verweisen wir die Studierenden, die unzureichend mit Laptops ausgestattet sind, an die Computerwerkstatt des AStA, um diesen eine Partizipation an der digitalen Lehre zu ermöglichen.“
Luisa Molkenthin erlebt es in diesen angespannten Zeiten als „positiv, dass das Netzwerk zur Unterstützung der internationalen Studierenden enger zusammengerückt ist“. Sie stellt immer wieder fest, dass die deutschen Studierenden „ungeachtet jetzt auch vieler Sorgen immer noch privilegiert sind“. Wenn sie zum Beispiel eine ausländische Studentin berät, die wegen einer Risikoschwangerschaft ein Beschäftigungsverbot erteilt bekommt und sich deshalb kaum mehr finanzieren kann. Oder wenn sie Studierenden begegnet, die vor den morgendlichen Seminaren regelmäßig bereits Nachtschichten in der Produktion hinter sich bringen. „Das sind Kämpfer, da ziehe ich meinen Hut“, sagt Molkenthin.