Künstliche Photosynthese ist das Thema einer Nachwuchsgruppe am Institut für Chemie. Die Forschenden wollen edelmetallfreie Katalysatormaterialien entwickeln, um Kohlendioxid mit Hilfe von Sonnenlicht weiterzuverarbeiten.
Die Kraft der Sonne zu nutzen, um das Treibhausgas Kohlendioxid in nützliche Chemikalien zu verwandeln – das ist das Ziel einer neuen Nachwuchsgruppe an der Universität Oldenburg. Das internationale Team um den Chemiker Dr. Lars Mohrhusen verfolgt dabei einen besonders nachhaltigen Ansatz: Die Forschenden planen, edelmetallfreie Katalysatoren zu entwickeln, die das eher reaktionsträge Treibhausgas mit Hilfe von Sonnenlicht chemisch aktivieren. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) fördert das Vorhaben Su2nCat-CO2 in den nächsten sechs Jahren mit rund 2,6 Millionen Euro in der Förderrichtlinie SINATRA (Nachwuchsgruppen für „Künstliche Photosynthese“ und „Nutzung alternativer Rohstoffe zur Wasserstofferzeugung“).
„Die Arbeit der neuen Nachwuchsgruppe zielt darauf ab, günstige und langfristig stabile Materialien zu finden, um derzeit verwendete Edelmetall-Katalysatoren zu ersetzen. Die Förderzusage des BMBF würdigt die große interdisziplinäre Kompetenz der Universität Oldenburg in den Bereichen Katalyse und Nanomaterialien und unterstreicht die große Bedeutung dieser Forschung für die Gesellschaft“, sagt Prof. Dr. Ralph Bruder, Präsident der Universität Oldenburg.
Katalysatoren ohne Edelmetalle
In seinem Projekt will Mohrhusen mit seiner Gruppe Katalysatormaterialien auf Basis gut verfügbarer und günstiger Inhaltsstoffe wie beispielsweise Titandioxid entwickeln. Ziel ist es, das Treibhausgas Kohlendioxid mit möglichst wenig Energieaufwand in Stoffe wie Methan, Methanol oder Formaldehyd zu verwandeln, die von der chemischen Industrie etwa zu Kunststoffen oder synthetischen Treibstoffen weiterverarbeitet werden können. „Bisher werden für die Umwandlung von Stoffen wie Kohlendioxid meist edelmetallhaltige Katalysatoren verwendet, die oft bei hohem Druck und hohen Temperaturen eingesetzt werden“, erläutert Mohrhusen. Neben dem großen Energieaufwand für die richtigen Reaktionsbedingungen hätten diese Materialien den Nachteil, oft teuer und zudem nicht besonders langlebig zu sein. So können beispielsweise Verunreinigungen das Katalysatormaterial leicht „vergiften“, so dass es mit der Zeit weniger aktiv wird.
Im Projekt will das Team um Mohrhusen zwei unterschiedliche Modellsysteme von hybriden Katalysatormaterialien untersuchen. Zum einen sollen Kombinationen aus Titandioxid mit Halbmetall-Nanopartikeln hergestellt werden, zum anderen organische Strukturen an Oxidoberflächen. Anschließend wollen die Forschenden diese Systeme mit unterschiedlichen Verfahren mikroskopisch genau charakterisieren, was meist Ultrahochvakuumbedingungen erfordert. In beiden Fällen handelt es sich um sogenannte Photokatalysatoren, also Katalysatoren, die durch Licht katalytisch aktiv werden: Die Sonnenstrahlung erzeugt in dem Material Ladungsträger – negativ geladene Elektronen und positiv geladene, bewegliche Fehlstellen, sogenannte Löcher. Diese können anschließend chemisch mit Kohlendioxid reagieren. „Anhand dieser Modellkatalysatoren wollen wir auf atomarer Ebene im Detail verstehen, welche Materialeigenschaften zur Reaktivität, aber auch zur Stabilität der Systeme beitragen“, sagt Mohrhusen. Dies sei unter technischen Bedingungen in großen Reaktoren oft nicht ohne weiteres möglich.
Tests in Mikroreaktoren
In einem dritten Teilprojekt will das Team Mikro-Testreaktoren entwickeln, um die Modellkatalysatoren unter realistischeren Bedingungen zu testen. Dabei werden die Materialien in einer speziellen Kammer mit einer Gasmischung – etwa aus Kohlendioxid, Wasserstoff und Wasser – in Kontakt gebracht und gleichzeitig mit Licht bestrahlt. Währenddessen analysieren die Forschenden die Entstehung der Reaktionsprodukte. Etwaige strukturelle Veränderungen der Katalysatormaterialien durch die Reaktion können sie auch nach Ende der Tests untersuchen.
Mohrhusen studierte Chemie an der Universität Oldenburg, wo er 2014 seinen Bachelor- und 2016 seinen Masterabschluss erwarb. 2021 promovierte er in Oldenburg bei Prof. Dr. Katharina Al-Shamery in der Arbeitsgruppe Nanophotonik und Grenzflächenchemie. Während seiner PostDoc-Phase forschte er insgesamt etwa drei Jahre an der Harvard University (USA) und der Universität Aarhus (Dänemark).
Als assoziierte Partner begleiten die Universität Erlangen-Nürnberg, die Universität Leiden (Niederlande), die Universität Aarhus (Dänemark), die University of Florida (USA) und die Unternehmen Evonik und Leiden Probe Microscopy Mohrhusens Vorhaben. Mit Nachwuchsgruppen fördert das BMBF fortgeschrittene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem Weg zur Professur oder einer anderen wissenschaftlichen Leitungsfunktion.