Kaum ein anderes Schulfach wird so oft fachfremd unterrichtet wie Politik. Dabei trägt diese Disziplin zum Fortbestand der Demokratie bei. Politikdidaktiker Tonio Oeftering zum Wert politischer Bildung – auch mit Blick auf die Europawahl.
Ab dem 23. Mai finden die diesjährigen Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Schon bei den letzten Wahlen hofften viele Befürworter der EU, es möge mit dem Erstarken der EU-feindlichen Kräfte nicht so schlimm kommen. Doch nie waren Hoffnungen so unbegründet wie diesmal. In den letzten Jahren hat sich weltweit ein Rechtsruck bemerkbar gemacht, der neben den USA und Brasilien auch Europa erfasst hat.
Im Vorfeld dieser Wahlen ist immer wieder zu hören, es sei mehr politische Bildung vonnöten, um vor allem junge Wählerinnen und Wähler für Europa zu begeistern. Das ist richtig, aber nicht fair. Denn es reicht nicht, nur alle paar Jahre – pünktlich zur Wahl - nach politischer Bildung zu rufen. Diese ist mit einer „Feuerwehrfunktion“ überfordert. Auch deswegen, weil gute politische Bildung zwei Dinge braucht, die ihr oft verwehrt werden: Zeit sowie strukturelle und finanzielle Ressourcen.
In den Stundentafeln der Schulen ist Politikunterricht unterrepräsentiert und wird so häufig fachfremd gelehrt wie kaum ein anderes Fach. Einrichtungen der außerschulischen politischen Bildung müssen sich zunehmend Gesetzen des Bildungsmarktes unterwerfen und können ihre ohnehin zusammengestrichenen Angebote häufig nur um den Preis prekärer Arbeitsplätze für die dort Beschäftigten aufrechterhalten. Und die Universitäten? Diese stehen über ihren Beitrag in der Forschung hinaus vor allem im Hinblick auf die Lehramtsausbildung in einer besonderen Verantwortung. Und diese sollte sich nicht auf die Ausbildung im Unterrichtsfach Politik beschränken.
Wenn wir die Schule als einen zentralen Ort der politischen Bildung begreifen, an dem alle Lehrkräfte ihren Beitrag zum Fortbestand und zur Weiterentwicklung der Demokratie zu leisten haben, dann müssten folgerichtig auch alle Lehramtsstudierenden im Laufe des Studiums zumindest eine Einführungsveranstaltung in die politische Bildung besuchen. Dies wäre eine Maßnahme, die langfristig die politische Bildung stärken und den kurzfristigen Rufen nach der Feuerwehr entgegenwirken könnte.