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Die Nachwuchsgruppe „Right Seeds“ ist eine Kooperation der Universität Oldenburg mit dem IÖW und der Universität Göttingen. Die Forschenden untersuchen in enger Kooperation mit Praxispartnern das Potenzial von Saatgut und Sorten als Gemeingüter für eine nachhaltige Landwirtschaft. Das Vorhaben wird vom Bundesforschungsministerium im Förderschwerpunkt Sozial-ökologische Forschung gefördert.

Nachwuchsgruppe „Right Seeds

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Prof. Dr. Stefanie Sievers-Glotzbach

Department für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften

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  • Kiste mit frisch geernteten bunten Möhren

    In der gemeingutorientierten Saatgutproduktion geht es um vielfältige Sorten, die sich an regionale Besonderheiten und veränderte klimatische Bedingungen anpassen können. Foto: iStock/Ulada

Basis für eine klimarobuste Landwirtschaft

Die gemeingutbasierte Pflanzenzucht fördert die Sortenvielfalt und macht Landwirte unabhängiger von internationalen Märkten. Das zeigt eine Studie der Nachhaltigkeitsforscherinnen Stefanie Sievers-Glotzbach und Lea Kliem.

Die gemeingutbasierte Pflanzenzucht fördert die Sortenvielfalt und macht Landwirte unabhängiger von internationalen Märkten. Das zeigt eine Studie der Nachhaltigkeitsforscherinnen Stefanie Sievers-Glotzbach und Lea Kliem.

Die Blumenkohlvariante „Odysseus“ und die Möhrensorte „Miranda“ haben etwas gemeinsam: Sie werden auf Biohöfen angebaut – und beide stehen nicht unter Sortenschutz. Die Samen der Karotte mit dem – laut Hersteller – „an Rosen erinnernden Aroma“ und des Kohls mit „fester, etwas leichterer Blume“ dürfen vermehrt, verkauft und weiterentwickelt werden. Damit zählen sie zu den sogenannten gemeingutbasierten Sorten, die von Initiativen oder kleineren Unternehmen produziert werden. Anders als industrielle Saatguthersteller, deren Sorten in der Regel unter Sorten- oder sogar Patentschutz stehen, teilen die Beteiligten ihr Wissen miteinander, stellen gemeinsam Regeln für die Nutzung des Saatguts auf und verzichten auf den Schutz ihrer Sorte.

Diese Praxis, so das Ergebnis einer Studie von Prof. Dr. Stefanie Sievers-Glotzbach von der Universität Oldenburg und Lea Kliem vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin, trägt dazu bei, die Landwirtschaft widerstandsfähiger zu machen. Die gemeingutbasierte Pflanzenzucht fördere beispielsweise die Sortenvielfalt und mache Landwirte unabhängiger von internationalen Märkten. Die Forscherinnen stellten ihre Analyse kürzlich in der Fachzeitschrift International Journal of Agricultural Sustainability vor.

Abhängigkeit von großen Unternehmen

Für Bäuerinnen und Bauern war es noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts selbstverständlich, Sorten frei zu verwenden, Saatgut zu tauschen und die kultivierten Pflanzensorten auf den Feldern weiterzuentwickeln. Die moderne Saatgutindustrie basiert im Gegensatz dazu darauf, dass Sorten Unternehmen gehören, die für den Anbau Gebühren verlangen und das Saatgut exklusiv verkaufen. Die Voraussetzung dafür sind Patente und Sortenschutz, aber auch technische Verfahren wie die Züchtung sehr ertragsstarker Hybridsorten, aus denen sich kein brauchbares Saatgut gewinnen lässt. Für Landwirtinnen und Landwirte entstehen in diesem Zusammenhang immer mehr Abhängigkeiten von wenigen großen Unternehmen.

Aus ökonomischen Gründen setzen große Unternehmen auf wenige Hochleistungssorten, zu denen sie auch die passenden Dünge- und Pflanzenschutzmittel herstellen. Diese Hochleistungssorten reagieren aber sensibel auf weniger optimale Anbaubedingungen und sind nicht an lokale Gegebenheiten des Bodens oder Klimas angepasst.  Kleine Unternehmen und Initiativen, die Sorten als Gemeingut begreifen, verfolgen im Kontrast dazu einen anderen Ansatz: Sie lassen sich von dem Prinzip leiten, dass Nutzpflanzensorten zum gemeinsamen kulturellen Erbe gehören und kein Privateigentum sein sollten.

Einfluss auf die Resilienz der Landwirtschaft

Ziel von Kliem und Sievers-Glotzbach war es herauszufinden, welchen Einfluss die beiden Formen des Umgangs mit Sorten auf die Resilienz der Landwirtschaft haben – also auf die Fähigkeit von Agrarökosystemen, sich an Veränderungen wie den Klimawandel oder Krankheiten anzupassen und trotz solcher Störungen die Versorgung mit Nahrungsmitteln sicherzustellen. Die Forscherinnen wählten insgesamt 14 Indikatoren, um den Einfluss der Saatgutherstellung auf die Resilienz der Landwirtschaft zu ermitteln. Zu diesen Kenngrößen zählten etwa die Redundanz und Variabilität von Lieferketten, die Verfügbarkeit regional angepasster Sorten, der Aufbau von Saatgutbibliotheken oder die Wirtschaftlichkeit der Saatgutproduktion.

Anhand der Indikatoren analysierten die Ökonominnen Nachhaltigkeitsberichte und Broschüren konventioneller Saatguthersteller im deutschsprachigen Raum und verglichen sie mit Publikationen ausgewählter Betriebe und Initiativen, die Saatgut gemeingutbasiert herstellen. Das Ergebnis: „Der gemeingutbasierte Umgang mit Sorten weist gegenüber der gängigen Praxis großer Saatgutunternehmen deutliche Vorteile auf“, erklärt Sievers-Glotzbach, Leiterin der vom Bundesforschungsministerium geförderten Nachwuchsgruppe „RightSeeds“. „Statt einiger weniger Hochertragssorten, die nur unter optimalen Anbaubedingungen gedeihen, geht es den gemeingutorientierten Züchterinnen und Saatgutproduzenten um vielfältige Sorten, die sich an regionale Besonderheiten und an veränderte klimatische Bedingungen anpassen können.“

Zuchtversuche mit alten Sorten

Die Sorten „Miranda“ und „Odysseus“ seien dafür gute Beispiele, so die Forscherinnen: Die widerstandsfähige Karotte „Miranda“ kommt gut mit den Bedingungen in Norddeutschland zurecht und ist an den Bio-Anbau angepasst. Sie wurde von einer Züchterin in der Nähe von Bremen aus der alten Sorte „Michel“ gezüchtet. Von den ersten Versuchen bis zur Zulassung beim Bundessortenamt dauerte es 16 Jahre. Der Blumenkohl „Odysseus“ hingegen wurde in Oberbayern für eine leichtere, sichere Ernte aus der konventionellen Sorte „Erfurter Zwerg“ entwickelt.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: „Wir haben beobachtet, dass die gemeingutorientierten Initiativen einen stärkeren Fokus auf Kooperation legen, und dass die Entscheidungsstrukturen eher dezentral und partizipativ angelegt sind“, berichtet Kliem. Das begünstige ebenfalls die Sortenvielfalt und führe dazu, dass regional angepasstes Saatgut entwickelt werde, so die Forscherin. Die Analyse zeigte allerdings auch, dass gemeingutorientierte Initiativen bislang noch kein tragfähiges Geschäftsmodell entwickeln konnten, das die hohen Kosten der aufwändigen Züchtungsarbeit tragen könnte. Kliem und Sievers-Glotzbach empfehlen daher langfristige Förderprogramme und bessere politische Rahmenbedingungen für die gemeingutbasierte Pflanzenzucht.

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