Ehrenamtliches Engagement von Studierenden zu fördern und mit universitärem Lernen zu verknüpfen – das ist Ziel des Moduls „Service Learning“. Am ersten Durchgang in Oldenburg nahmen auch Ana Kea König und Benjamin Kreß teil. Hier schildern sie, welche Erfahrungen sie gesammelt haben.
Gewalt gegen Ehepartner oder Kinder, eine heftige Prügelei auf dem Schulhof, oft aber auch nur der Nachbarschaftsstreit um herüberhängende Äste eines Obstbaumes – sehr breit ist das Spektrum an Fällen, mit denen sich der Verein „Konfliktschlichtung e.V.“ im Oldenburger Bahnhofsviertel täglich auseinandersetzt. Ziel des Täter-Opfer-Ausgleichs, den die Einrichtung anbietet, ist, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln, eine unbürokratische Bewältigung und Wiedergutmachung der Tat zu ermöglichen und damit manches Mal auch ein Gerichtsverfahren abzuwenden.
Im Zweifelsfall zurücknehmen
Ana Kea König, Bachelor-Studentin der Pädagogik, war während des vergangenen Semesters mehrfach dabei, wenn die drei fest angestellten MediatorInnen der Konfliktschlichtung Täter und Opfer an einen Tisch brachten. „Wenn die Konfliktparteien mit meiner Teilnahme einverstanden waren, durfte ich in den Gesprächen auch selbst Fragen stellen“, sagt die 22-Jährige. „Dabei habe ich viel über erfolgreiche Gesprächsführung gelernt – vor allem, dass man sich als MediatorIn im Zweifelsfall zurücknehmen sollte, auch Tätern gegenüber.“
40 Stunden arbeitete König im Rahmen des Moduls „Service Learning“ für die Konfliktschlichtung, vor allem in der Verwaltung. „Das war aber durchaus eine verantwortliche Tätigkeit“, sagt sie. „Die neuen Fälle, die die Staatsanwaltschaft an die Konfliktschlichtung weitergegeben hat, sind direkt bei mir auf dem Tisch gelandet.“ Außerdem habe sie die Korrespondenz mit Tätern und Opfern übernommen und die Fallstatistik geführt, die für die weitere Förderung des Vereins wichtig sei. „Ganz toll fand ich, welches Vertrauen mir die MitarbeiterInnen der Konfliktschlichtung entgegengebracht haben“, resümiert König ihre Tätigkeit.
An allen Arbeiten beteiligt
Von großem Vertrauen in seine Mitarbeit kann auch Benjamin Kreß berichten. Nach einem Semester ehrenamtlicher Tätigkeit für den Oldenburger Verschenkmarkt ist er vor kurzem in die lokale Agendagruppe gewählt worden, die den Markt auf dem Maco-Möbel-Gelände an der Rheinstraße betreibt. Er ist vor allem ein Nachhaltigkeitsprojekt, das dem gedankenlosen Wegwerfen noch funktionstüchtiger Dinge entgegenwirken soll. Einmal in der Woche beteiligt sich Kreß an allen Arbeiten, die auf dem Verschenkmarkt anfallen: Vorhandene Waren vorsortieren, neue Waren annehmen und einsortieren, die Besucher des Marktes beraten, am Ende wieder aufräumen.
Geliefert und wieder mitgenommen werden Bücher, Kleidungsstücke, Elektrogeräte, Spielzeug und vieles mehr. Wer kommt, darf höchstens fünf Gegenstände kostenlos mitnehmen – was leider nicht immer beachtet wird: „Manche Kunden des Marktes kommen mit großen Taschen, machen die einmal auf und laden sich da alles Mögliche hinein“, sagt Kreß. „In solchen Situationen mit Fingerspitzengefühl, aber auch bestimmt darauf hinweisen zu können, dass das nicht geht, ist eine wichtige Kompetenz“, ist sich der 23-jährige Pädagogikstudent sicher. Erfreuliche Erlebnisse hätten aber bisher bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit überwogen. „Eine Schlüsselszene war, als eine Familie mit einem sehr lebhaften kleinen Kind in den Verschenkmarkt kam“, erzählt er. „Erst war das Kind über die eigenen Sachen, die weggegeben werden sollten, untröstlich, aber als es dann einen Teddybären sah, den es mitnehmen durfte, war die Welt wieder in Ordnung. Da dachte ich mir: Deshalb bist du hier.“
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Infokasten:
Das Modul „Service Learning“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Universität Oldenburg mit der städtischen Agentur :ehrensache und der Oldenburgischen Bürgerstiftung. Projektleiter am Institut für Pädagogik ist Prof. Dr. Karsten Speck. Das Modul steht Studierenden aller Fachrichtungen offen. Für die Teilnahme werden sechs Kreditpunkte angerechnet.
Neben dem Einsatz in gemeinnützigen Einrichtungen umfasst das Modul ein wissenschaftliches Begleitprogramm. Darin geht es u.a. um die gesellschaftliche Bedeutung von Ehrenamt und Service Learning, die Reflexion der eigenen Rolle in der jeweiligen Institution und das Vertiefen der Kompetenzen, die im Ehrenamt erworben wurden.
Das Modul Service Learning wird seit 2003 an verschiedenen Hochschulen in Deutschland angeboten. In Oldenburg beteiligten sich 30 Studierende im ersten Durchgang an der Arbeit von elf gemeinnützigen Institutionen in Oldenburg.
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