Die EU fördert erneut den „European Master in Migration and Intercultural Relations“. Im Interview erklären Konsortiumsmitglied Martin Butler und die Absolventen Saba Al Kuntar und Rueben Okine, was EMMIR so besonders macht.
FRAGE: Herr Professor Butler, das EMMIR-Kernteam hat kürzlich eine erneute Millionenförderung der EU für den Studiengang eingeworben. Womit haben Sie die Entscheider überzeugen können?
BUTLER: Ein wichtiger Punkt ist sicherlich unser durchgehend gemeinschaftlicher Ansatz. Alle Entscheidungen werden in einem Konsortium von sieben Universitäten in Europa und Afrika vorbereitet und getroffen. Außerdem konnten wir überzeugend darlegen, dass wir eine echte interdisziplinäre Lern- und Forschungsatmosphäre schaffen. Allein das Kernteam an der Uni Oldenburg ist fachlich sehr vielseitig aufgestellt. Das sind in erster Linie die Arbeitsgruppe „Gender-Migration-Politics“ unter der Federführung von Dr. Lydia Potts und ich selbst als Amerikanist. Darüber hinaus gibt es hier eine ganze Reihe von Menschen und Institutionen, die an EMMIR mitwirken, beispielsweise das Center for Migration, Education and Cultural Studies oder das DIVERSITAS-Netzwerk mit den Universitäten in Mumbai und Johannesburg. Denn in der Ausbildung von Migrationsexperten, da sind wir uns sicher, ist ein fächerübergreifender und internationaler Ansatz unverzichtbar.
FRAGE: Wie zeigt sich diese Vielschichtigkeit konkret?
BUTLER: Zunächst einmal im Studienaufbau. Die Studierenden absolvieren ihr erstes Semester in Oldenburg, für das zweite gehen sie an die Universität Stavanger in Norwegen. Im dritten Semester geht es dann ins Praktikum an einer der Institutionen aus dem EMMIR-Netzwerk. Die Studierenden belegen Fokusmodule an einer unserer Partneruniversitäten in Norwegen, Slowenien, der Tschechischen Republik, Uganda, Sudan oder neuerdings auch Südafrika. Es gibt noch eine weitere Besonderheit bei EMMIR: Die Studierenden nehmen nicht nur an den regulären Vorlesungen oder Seminaren teil, sondern können auch bei Konferenzen oder Workshops mit internationalen Experten dabei sein.
FRAGE: Frau Al Kuntar und Herr Okine, Sie beide haben EMMIR kürzlich abgeschlossen. Wie haben Sie Ihr Studium erlebt?
OKINE: Ich hatte sehr viele prägende Momente. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Erfahrung, in einer neuen Umgebung anzukommen, fremde Menschen kennen zu lernen, sich in einem anderen Bildungssystem zurechtzufinden. Die Lehrveranstaltungen in EMMIR können ziemlich flexibel genutzt werden. Sie erlauben dir, Dinge zu tun, die dich ganz persönlich nach vorne bringen. Daran musst du dich aber erst einmal gewöhnen – herausbekommen, was du wirklich willst, was du für deine Zukunft brauchst.
AL KUNTAR: Bereichernd ist auch, dass du so viele ganz verschiedene Menschen kennen lernst. Meine Kommilitonen kamen aus ganz unterschiedlichen Kulturen. Einige waren noch recht jung, andere brachten schon spezielle Erfahrungen mit.
OKINE: Ja, die kulturelle Vielfalt hat mir auch sehr gut gefallen. Wir haben häufig gemeinsam gekocht, einmal sogar eine afrikanische Nacht veranstaltet. Es gab ein sehr intensives Sozialleben unter den Kommilitonen. Das wollen wir übrigens erhalten – wir bauen gerade ein Alumni-Netzwerk auf.
FRAGE: Aber Sie haben schon auch noch studiert, oder?
AL KUNTAR (lacht): Natürlich. Wir mussten viel arbeiten, wie andere Masterstudierende auch. Es gab harte Zeiten, in denen wir stundenlang lernen und wissenschaftliche Texte schreiben mussten. Gerade jedoch die praktische Arbeit als Teil des Studiengangs ist mir besonders stark in Erinnerung geblieben. Ich habe beispielsweise ein dreimonatiges Praktikum bei UNICEF im Sudan gemacht. Weil ich arabisch spreche, bin ich direkt voll in die Arbeit eingestiegen und hatte sogar meinen eigenen Verantwortungsbereich. Das war eine ganz wichtige Erfahrung. Ich hatte das Gefühl, eine wichtige Arbeit machen zu können.
OKINE: Ich erinnere mich auch an viele bewegende Momente. Als ich in Slowenien war, habe ich geflüchteten Menschen geholfen, die von Slowenien nach Österreich über die Grenze wollten. Manchmal habe ich die ganze Nacht durch gearbeitet. Das war eine wichtige Erfahrung. Ich konnte in gewisser Weise die Theorien über Migration, die wir im Seminarraum gehört haben, in der Realität überprüfen.
FRAGE: Und wie geht es jetzt weiter für Sie persönlich?
AL KUNTAR: Ich arbeite hier an der Universität Oldenburg, in der Arbeitsgruppe „Gender – Migration – Politics“. Dort lehre ich seit April zum Thema Migration im Rahmen des EMMIR-Studiengangs. Die Rolle der Dozentin war am Anfang gar nicht so leicht für mich, aber mittlerweile habe ich mich ganz gut eingefunden.
OKINE: Ich bin noch im Entscheidungsprozess. Ich könnte nach Ghana zurückgehen. Dort habe ich bereits vor dem Studium gearbeitet, im Innenministerium. Ich könnte mir aber auch vorstellen, an einem der interessanten Projekte mitzuwirken, die ich durch EMMIR kennen gelernt habe. Jedenfalls fühle ich mich durch das Studium gut vorbereitet.
FRAGE: Und wie geht es mit EMMIR weiter, Herr Butler? Kommendes Jahr startet ja die zweite Phase.
BUTLER: Das Programm ist ja eigentlich immer in Bewegung. Wir denken regelmäßig darüber nach, was man verbessern könnte, wie wir den Studiengang auch thematisch weiterentwickeln können. Mit jeder Kohorte kommen ja neue Individuen mit neuen Interessen. Das ist eine große Ressource für uns, das hält den Studiengang lebendig und schlagkräftig. Um diesen Prozess der Weiterentwicklung fest im Studiengang zu verankern, haben wir in EMMIR II ein neues Arbeitsformat integriert. Es heißt „Navigating EMMIR“ und soll einerseits den Studierenden helfen, ihren eigenen Weg in EMMIR zu finden, aber auch sicherstellen, dass wir stetig darüber nachdenken, wohin sich der Studiengang entwickeln könnte oder sollte. Das ist ziemlich aufwendig. Aber das ist es wert. Definitiv.