• Ein Mann hält ein Holzmodell in der Hand, im Hintergrund ein Klassenzimmer, in dem Schülerinnen und Schüler elektronische Bauteile ausprobieren.

    Stephan Baur liebt das Tüfteln. Neue Experimente probiert er als erstes mit seinen Schülerinnen und Schülern in Geretsried aus, um sie dann für Projekte in Nepal oder Afrika weiterzuentwickeln. EWE Stiftung / Matthias Sabelhaus

  • Ein älterer Mann überreicht einem jüngeren eine Auszeichnung.

    In Oldenburg erhielt Stephan Baur den Klaus-von-Klitzing-Preis vom Namensgeber persönlich. MOHSSEN_ASSANIMOGHADDAM

  • Zwei Mämmer om Anzügen sitzen in der ersten Reihe eines Saales.

    Preisträger Stephan Baur und Nobelpreisträger Klaus von Klitzing erlebten ein abwechslungsreiches Programm. MOHSSEN_ASSANIMOGHADDAM

  • Blick durch ein großes, rotes Zahnrad auf den Saal mit den Zuschauern.

    Die Verleihung des Klaus-von-Klitzing-Preises fand in diesem Jahr in der Alten Fleiwa statt. MOHSSEN_ASSANIMOGHADDAM

Experimentieren in luftigen Höhen

Über den Austausch mit einer nepalesischen Schule begeistert Stephan Baur aus Geretsried seine Schülerinnen und Schüler für Naturwissenschaften. Für sein besonderes Engagement erhielt er nun den Klaus-von-Klitzing-Preis 2024.

Über den Austausch mit einer nepalesischen Schule begeistert Stephan Baur aus Geretsried seine Schülerinnen und Schüler für Naturwissenschaften. Für sein besonderes Engagement erhielt er nun den Klaus-von-Klitzing-Preis 2024.

Eine Partnerschule auf etwa 3500 Metern Höhe in einem abgelegenen Tal in Nepal – das dürften nur die wenigsten Schulen in Deutschland haben. Das Gymnasium Geretsried südlich von München gehört dazu: Seit 15 Jahren pflegen die Bayern einen intensiven Austausch mit der hoch in der Annapurnaregion gelegenen Lophelling Boarding School. Dass bereits 60 Schülerinnen und Schüler aus Geretsried die Schule bei Begegnungsreisen kennenlernen konnten und einige nach dem Abitur mehrere Monate die dortigen Lehrkräfte beim naturwissenschaftlichen Unterricht unterstützten, ist vor allem Stephan Baur zu verdanken: Der Lehrer für Mathematik, Informatik und Physik unterrichtete nach seinem Referendariat ein halbes Jahr an verschiedenen Schulen in Nepal und organisierte federführend die Kooperation, als er anschließend Lehrer am Gymnasium Geretsried wurde.

 Jetzt ist der Pädagoge im EWE Forum Alte Fleiwa in Oldenburg mit dem Klaus-von-Klitzing-Preis 2024 ausgezeichnet worden. Stephan Baur hatte sich erfolgreich gegen 56 Mitbewerber*innen aus dem ganzen Bundesgebiet durchgesetzt. Den mit 15.000 Euro dotierten Klaus-von-Klitzing-Preis vergeben die Universität Oldenburg und die EWE Stiftung seit 2005 gemeinsam. Der Preis würdigt herausragendes Engagement in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Der Jury gehören neben Physik-Nobelpreisträger Prof. Dr. Klaus von Klitzing Vertreterinnen und Vertreter der Universität Oldenburg, der IHK Oldenburg, der EWE Stiftung, der Wirtschaftsförderung Wesermarsch und die neue Schulleiterin der Graf-Anton-Günther-Schule, Nicole Voigtländer-Kunze, an. In einer Feierstunde in der Aula der Graf-Anton-Günther-Schule erhielt Baur den Preis vom Namensgeber persönlich. 

Die Jury war vor allem von Baurs ehrenamtlicher Arbeit beeindruckt, etwa im Verein Nepal Initiative Schongau. Der begeisterte Alpinist engagiert sich darüber hinaus in weiteren Ländern für naturwissenschaftliche Bildung und nachhaltige Entwicklung: Baur hat beispielsweise am Curriculum eines Elektrotechnik-Bachelorstudiengang am Burkina Faso Institute of Technology mitgewirkt, der den Fokus auf erneuerbare Energien legt. Zudem hat er Kontakt zu weiteren Bildungseinrichtungen in Burkina Faso, Nepal, Simbabwe, Ghana, Togo und der Ukraine. Er gibt Workshops für Lehrkräfte, erstellt Lehrkonzepte und arbeitet Ideen für Experimente aus, die auch mit einfachen und kostengünstigen Mitteln umzusetzen sind. Sein Ziel ist es, die Lehrerinnen und Lehrer in diesen Ländern dabei zu unterstützen, den Unterricht in den MINT-Fächern interessanter und praxisnäher zu gestalten – und dabei insbesondere spannende und alltagsnahe Experimente einzusetzen. 

Wie kann man entlegene Regionen kostengünstig mit Energie versorgen?

Von seinem internationalen Engagement profitieren auch die Schülerinnen und Schüler in Geretsried. „Ich fange hier an der Schule an, Experimente zu testen und versuche, diese Experimente an Schulen in Entwicklungsländern weiterzugeben“, erläutert Baur. Oft spielen in seinen Unterrichtseinheiten erneuerbare Energien eine Rolle, etwa Solarenergie, Wasserkraft oder Wärmeversorgung. Mit diesen Themen befasst sich der 44-Jährige auch in seiner Promotion an der Technischen Universität München (TUM), die er neben seiner Tätigkeit als Lehrer voranbringt. In der Doktorarbeit geht es um eine kostengünstige und einfache Energieversorgung, zum Beispiel für Familien in entlegenen Regionen Nepals. 

Indem Baur Physikthemen im Unterricht mit realen Projekten in aller Welt verknüpfe, entstehe eine besondere Glaubwürdigkeit, betont Baurs Kollege Robert Weisser, Fachschaftsleiter Physik am Gymnasium Geretsried: „Er bindet die Schüler mit ein, sie reisen mit ihm nach Nepal und sehen, was er dort bewirkt.“ Baur regte unter anderem den Bau einer Photovoltaikanlage und eines Warmwasserkollektors an der Lophelling Boarding School an. Regelmäßig verbringen ehemalige Schülerinnen und Schüler nach dem Abitur mehrere Monate an der nepalesischen Schule, unterstützen beim Unterricht, helfen bei Renovierungen und kümmern sich vor Ort darum, dass angestoßene Projekte weitergehen. „Was ich hier sehr besonders finde, ist, dass alle Menschen superglücklich sind und eine starke Lebensfreude ausstrahlen trotz des einfachen Lebens“, sagt Elin Ott, die aktuell einen Freiwilligendienst an der Lophelling Boarding School absolviert. 

Einsatz für Nachhaltigkeit und interkulturelle Verständigung

Mit seinem breitgefächerten Engagement sei Baur fachlich und menschlich ein Vorbild, erklärte Prof. Dr. Andrea Strübind, Vizepräsidentin der Universität Oldenburg für Studium und Lehre anlässlich der Preisverleihung. „Stephan Baur versteht es, durch seinen engagierten und praxisnahen Unterricht für die MINT-Fächer zu begeistern. Er ist ein Lehrer, der jungen Menschen auf aller Welt Mut macht, über sich hinauszuwachsen und sich für Nachhaltigkeit und interkulturelle Verständigung einzusetzen. Wir als Universität legen größten Wert darauf, genau solche herausragenden Kompetenzen bei unseren Lehramtsstudierenden früh und nachhaltig zu fördern.“

Klaus von Klitzing, der die ersten Jahre seiner Schulzeit in Oldenburg verbrachte, ist unter anderem Direktor am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart und Mitglied des Internationalen Solvay Instituts. Darüber hinaus ist er Jury-Mitglied des Wittgenstein-Preises, den die Österreichische Forschungsgemeinschaft vergibt. 1980 entdeckte er einen neuen Quanteneffekt und erhielt dafür 1985 den Nobelpreis für Physik. Die nach ihm benannte Von-Klitzing-Konstante beeinflusste wesentlich die moderne Halbleiterentwicklung und die Präzisionsmesstechnik. 2006 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Oldenburg, die in diesem Jahr ihr 50jähriges Bestehen feiert.

 

 

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