• Natalia Movchan: Anstoß zum Weitermachen.

Irgendwann die Sprachbarriere überwunden

Sie kommt aus Russland, studiert seit 2006 an der Universität Oldenburg. Im Interview berichtet Natalia Movchan über ihren Studienbeginn und die ersten Erfahrungen in Oldenburg. Und über ihr besonderes Rezept, das ihr geholfen hat.

Sie kommt aus Russland, studiert seit 2006 an der Universität Oldenburg. Im Interview berichtet Natalia Movchan über ihren Studienbeginn und die ersten Erfahrungen in Oldenburg. Und über ihr besonderes Rezept, das ihr geholfen hat.

FRAGE: Natalia, du studierst Wirtschaftswissenschaften im 9. Semester, stehst kurz vor dem Abschluss. Worum geht es in deiner Bachelor-Arbeit?

MOVCHAN: Das Thema lautet „Seeschifffahrt im Kontext der Weltwirtschaftskrise“. Viele denken ja, dass die Krise vorbei ist. Dass das nicht so ist, kann man zum Beispiel gut am Hafen- und Containerbereich erkennen.

FRAGE: Du kommst aus Krymsk, Russland, das liegt unweit des Schwarzen Meers. Liegen hier bereits die Ursprünge deines Oldenburger Bachelor-Themas?

MOVCHAN: Das kann schon sein. Von Krymsk bin ich zum Studieren nach Nowotscherkassk gezogen, eine Stadt in etwa so groß wie Oldenburg, am Don gelegen, nicht weit entfernt von Rostow. Man sieht: Ich war immer da, wo das Wasser ist.

FRAGE: Was hast du in Nowotscherkassk studiert?

MOVCHAN: Das ist schwer zu übersetzen, so etwas wie die „komplexe Benutzung von Wasserressourcen“ – vielleicht am ehesten erklärbar mit dem schlichten deutschen Wort „Wasserwirtschaft“. Fünf Jahre lang ging das Diplomstudium.

FRAGE: Was war in Nowotscherkassk anders als in Oldenburg?

MOVCHAN: So ziemlich alles. Ich habe damals in einem Studentenwohnheim gewohnt. Das ist mit einem deutschen Studentenwohnheim überhaupt nicht vergleichbar. Es sind dort andere Lebensbedingungen, einfachere. Man lebt auf engem Raum zusammen. Wenn man da rausgeht, darf man sich als „sozial kompetent“ bezeichnen.

FRAGE: Warum fiel deine Wahl ausgerechnet auf Oldenburg?

MOVCHAN: Um meine Deutschkenntnisse zu verbessern, habe ich über ein Internetportal Mailkontakt zu deutschen Studierenden aufgebaut. So hat sich die eine oder andere Internetfreundschaft entwickelt, und so kam ich erstmals nach Oldenburg zu Besuch. Später dann nochmals auf Einladung der Universität, um den verbindlichen Sprachtest zu absolvieren.

FRAGE: Im Sommer 2006 tratst du die Reise dann an.

MOVCHAN: Ja, als die Fußballweltmeisterschaft ganz Oldenburg in einen Ausnahmezustand versetzte.

FRAGE: Russland war leider nicht dabei. Immerhin kam die Ukraine ins Viertelfinale …

MOVCHAN: Das alles habe ich nur am Rande verfolgt. Zunächst habe ich mich sehr allein gefühlt. Die erste Zeit war schwierig. Mein Deutsch war noch nicht so gut, obwohl ich bereits Sprachkurse in Nowotscherkassk belegt hatte.

FRAGE: Wie hast du die erste Zeit überstanden?

MOVCHAN: Ich habe gemerkt, wie viele russischsprachige junge Leute es in Oldenburg gibt. Damit habe ich nicht gerechnet, und das hat geholfen. Ich habe viel mit meinen Eltern geskypt. Und irgendwann habe ich dann die Sprachbarriere überwunden – das passierte einfach, ich kann es nicht an einem bestimmten Tag festmachen.

FRAGE: Was war das beste Mittel, die Sprachbarriere zu überwinden?

MOVCHAN: Fragen, auf die Leute zugehen, Mut entwickeln. Das ist einfach das beste Rezept. Allerdings auch ein schwieriges.

FRAGE: Warum?

MOVCHAN: Wir haben eine andere Kultur in Russland. Das direkte Zugehen auf die Leute, das ist nicht so üblich, und als Student ist man eher schüchtern. Aber in Oldenburg hat mich dann auch das ISO sehr bestärkt und unterstützt. Obwohl die Tendenz am Anfang schon stark ist, sich vorrangig in Gruppen russischsprachiger Kommilitonen aufzuhalten. Da kam es zu Anfang kaum zu Kontakten mit deutschen Studierenden – der aber so wichtig ist, um anzukommen und die Sprache zu lernen. Ich glaube, in der ersten Zeit wollten auch deutsche Kommilitonen wenig mit uns zu tun haben, weil wir eben viel Russisch gesprochen haben. Ich bin froh, dass sich das mit der Zeit stark verändert hat.

FRAGE: Dein wichtigstes Erlebnis während deines Studiums in Oldenburg?

MOVCHAN: Das war für mich ein Lernerfolg: Als wir im Modul Kommunikation in einer Gruppe von fünf Leuten eine Hausarbeit zu schreiben hatten, das Ganze dann präsentierten – und ich eine Note bekamen, die zum Teil sogar besser war als die Note von deutschen Kommilitonen. Da habe ich für mich gesehen: Du kannst es. Das war ein Anstoß zum Weitermachen.

FRAGE: Deine weiteren Pläne nach dem Studium?

MOVCHAN: Ich möchte schnellstmöglich mein erworbenes Wissen in die Praxis umsetzen, möglichst in einem kaufmännischen Unternehmensbereich, idealerweise in einer Marketingabteilung.

FRAGE: Wie lange hast du Zeit, eine Arbeit zu finden?

MOVCHAN: Nach dem Bachelor-Abschluss muss ich innerhalb eines Jahres Arbeit gefunden haben. Sonst muss ich zurück nach Russland. Aber ich bin sehr optimistisch, dass es klappt. Ich habe ja schon während meines Praktikums sehr wichtige Arbeitserfahrungen gesammelt.

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