„Es geht nirgends bunter zu als auf der Welt“, verkündete einst Horst Janssen, Ehrenbürger der Stadt und einer der berühmtesten Zeichner und Grafiker Deutschlands. Damit hat das künstlerische Enfant terrible, das 1995 starb, natürlich Recht. Aber es scheint, dass es in Oldenburg vielleicht noch ein bisschen bunter zugeht als anderswo. Der Beweis: Ein Streifzug durch das Kultur- und Freizeitangebot, das Oldenburg zu einer lebens- und liebenswerten Stadt macht.
Erste Station ist der Schlossplatz. Vis à vis des Oldenburger Schlosses steht das „Schlaue Haus“ – ein Haus für die Wissenschaft: ein denkmalgeschütztes Bürgerhaus aus dem 16. Jahrhundert, das komplett entkernt, um einen lichtdurchfluteten Neubau erweitert und im vorletzten Jahr eröffnet wurde. Die Idee zum „Wissenschaftshaus“ entstand, als Oldenburg „Stadt der Wissenschaft“ war. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft verlieh den Titel 2009. Unter dem Leitthema „Talente, Toleranz und Technologie“ präsentierte sich Oldenburg als „Übermorgenstadt“ und stellte unter Beweis: Hier gibt es einen attraktiven Wissenschaftsstandort, der es mit den traditionellen Universitätsstädten aufnehmen kann. Heute bietet das „Schlaue Haus“, das von Universität und Jade Hochschule getragen wird, fast täglich allgemeinverständliche Vorträge, Diskussionen und Veranstaltungen zu aktuellen Forschungsthemen.
Das Oldenburgische Staatstheater ist die größte Kultureinrichtung Oldenburgs. Das Sechssparten-Haus genießt einen hervorragenden Ruf. Dieses Jahr wird es äußerst spannend für sein Publikum: Christian Firmbach übernimmt im Herbst die Intendanz und sorgt für neuen kreativen Wirbel. Er bringt 40 neue Ensemblemitglieder aus 15 Nationen mit nach Oldenburg. Und natürlich wird es in der Spielzeit 2014/2015 jede Menge Premieren geben. Im Schauspiel stehen unter anderem Arthur Millers „Alle meine Söhne“ und Theateradaptionen von Literaturklassikern wie Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ oder Thomas Manns „Buddenbrooks“ auf dem Programm. In der Musiksparte setzen unter anderem die Opern „Der Idiot“ von Mieczysław Weinberg oder Verdis „Falstaff“ neue Akzente.
Junges, wildes und experimentelles Theater präsentiert das Staatstheater verstärkt in der Exerzierhalle am Pferdemarkt. Dort wird unter anderem die österreichische Tragikomödie „Indien“ gespielt - und zwar nicht auf der Bühne, sondern im Gastronomiebereich. So lässt sich ideal ein Abend an der Bar mit Theater verbinden. Egal, für welches Stück man sich entscheidet: Ein Besuch im Staatstheater lohnt immer. Vor allem während des TheaterCampus. Studierende können dann jede Vorstellung für fünf Euro besuchen und in Workshops einen Blick hinter die Kulissen werfen. Und wem das alles noch nicht genügt, dem sei die „Sparte Sieben“ empfohlen, die Firmbach und sein Ensemble ins Leben rufen. Diese setzt sich aus verschiedenen kreativen und auch – bringen wir es ruhig auf den Punkt – durchgeknallten Theaterprojekten zusammen und verspricht Popkultur „schamlos und auf Augenhöhe“. Man darf gespannt sein, was sich hinter Projekten wie dem „Bürgertheater“, der „Bingo-Bongo-Bude“ oder „Melodien für Moneten“ versteckt. Mehr Theater gibt es im hof/19 und im Theater Laboratorium. Letzteres ist mit seinem Puppentheater und eigenwilligen Inszenierungen eines der erfolgreichsten Privattheater in Niedersachsen.
Das Literaturbüro Oldenburg schlägt die Brücke zur modernen Literatur und veranstaltet neben Lesungen auch Poetry-Slams oder spartenübergreifende Grenzgänge aus Literatur und Musik. Einer der Höhepunkte ist die jährliche stattfindende „LiteraTour Nord“ in Kooperation mit der Universität. Von Oktober bis Februar lesen sechs SchriftstellerInnen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur aus ihren Neuerscheinungen und bewerben sich um den mit 15.000 Euro dotierten „Preis der LiteraTour Nord“. In den letzten Jahren nahmen unter anderem die spätere Nobelpreisträgerin Hertha Müller und AutorInnen wie Arno Geiger, Helmut Krausser oder Juli Zeh an der Lesereise durch Norddeutschland teil.
Konzerte, Kino, Theater, Kabarett und Kleinkunst gibt es in der Oldenburger Kulturetage. Dessen Team organisiert auch den Oldenburger Kultursommer, der die Innenstadt zur Bühne macht. Das Ganze natürlich „umsonst und draußen“. Lokale Bands, aber auch Szenegrößen sind Gast in Clubs wie dem Polyester und der Umbaubar oder dem Alhambra, einem der größten selbst verwalteten Aktions- und Kommunikationszentren in Deutschland.
Das Filmfest Oldenburg lockt jeden Herbst internationale Filmstars an und zählt zu den größten deutschen Filmfestivals für Independent-Filme. Mancher Kritiker hat durchaus schon den Vergleich zum renommierten amerikanischen „Sundance-Filmfestival“ gezogen. Ein großer Erfolg im vergangenen Jahr war das Freifeld-Festival. Eine Neuauflage ist vom 22. bis 24. August in der Kaserne Donnerschwee geplant. Der kreative Überfluss und der künstlerische Exzess des Freifeld-Festivals hätten bestimmt auch Horst Janssen gefallen.
Ihm zu Ehren errichtete Oldenburg das Horst Janssen Museum, in dem seine wichtigsten Werke und wechselnde Ausstellungen zu sehen sind. Ein breites Spektrum aus verschiedenen Epochen bietet das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte. Der Kunstverein Oldenburg hat sich der modernen Kunst verschrieben, und das Landesmuseum Natur und Mensch beherbergt Sammlungen zur Naturkunde, Archäologie und Völkerkunde. Das Stadtmuseum präsentiert Exponate der Lokal- und Regionalgeschichte. Für Interessierte an avantgardistischer Medienkunst ist ein Besuch im Edith-Ruß-Haus ein Muss.
Und wer nach all der Kunst und Kultur ein bisschen Erholung braucht, der kann sie auf einer Radtour ins Grüne bekommen. Schließlich ist auch „Grün“ ein Bestandteil von „Bunt“.
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