Der Verein „Studytutors“ bietet kostenlosen Nachhilfeunterricht für Kinder und Jugendliche aus finanziell benachteiligten Familien an. Die wichtigste Motivation der Mitglieder: mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen.
30 Euro und mehr für eine Stunde Nachhilfe – so viel verlangen kommerzielle Nachhilfeschulen aktuell durchschnittlich für ihre Dienste. Doch solche Beträge können sich viele Familien nicht leisten. „Es gibt viele Kinder, die Nachhilfe brauchen, sie aber aus finanziellen Gründen nicht bekommen können“, sagt Oliver Schmidt. Der Chemiestudent will diesen Schüler*innen helfen: Gemeinsam mit vier weiteren Studierenden und Ehemaligen der Universität leitet er den Standort Oldenburg des gemeinnützigen Vereins „Studytutors“. Seine Hauptaufgabe sieht der bundesweit in 54 Universitätsstädten tätige, spendenfinanzierte Verein darin, kostenlose Nachhilfe für Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien zu organisieren und dadurch für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem zu sorgen.
„Es ist wichtig, dass es solche Angebote gibt“, betont Schmidt, der selbst zwei Jahre lang einer Schülerin der neunten und später zehnten Klasse Nachhilfe in Mathematik und Naturwissenschaften gegeben hat. Denn der Bedarf sei hoch – gerade in Familien, die keine staatliche Unterstützung erhalten, für die aber klassische Nachhilfeangebote dennoch zu teuer sind. „Wir füllen hier eine Lücke“, sagt Promotionsstudent Nick Wulbusch, der ebenfalls in der Standortleitung des Vereins tätig ist.
Derzeit sucht die 2021 gegründete Oldenburger Gruppe – neben Schmidt und Wulbusch gehören dazu die Chemieingenieurin Astrid Pistoor, die Erziehungs- und Kulturwissenschaftlerin Anneke Jongebloed und Lisa-Marie Nuppenau, die im Master Marine Umweltwissenschaften studiert – allerdings dringend nach neuen Nachhilfelehrkräften. Denn der Bedarf aufseiten der Schüler*innen sei groß.
„Wir haben derzeit fünf Studierende, die jeweils eine Stunde Nachhilfe pro Woche geben. Zehn Studierende sind sozusagen in der Warteschleife“, sagt Schmidt, der sich um die Anwerbung neuer Nachhilfelehrkräfte kümmert. Das Problem: Bis jemand, der sich gerne engagieren möchte, tatsächlich Nachhilfe geben kann, dauert es mitunter mehrere Monate – was vor allem daran liegt, dass das dafür nötige erweiterte Führungszeugnis oftmals so lange auf sich warten lässt. Die häufig geäußerte Sorge, dass dafür Kosten anfallen, ist unbegründet: „Die Nachhilfelehrer*innen können durch den Verein von den Gebühren dafür befreit werden", erläutert Schmidt.
Das ideale Ehrenamt
Mitmachen können alle Studierenden und Promovierenden, die Lust haben, Nachhilfe zu geben – aber auch andere junge Menschen wie zum Beispiel Auszubildende. „Wichtig ist uns, dass der Altersunterschied nicht zu groß ist“, betont Wulbusch. Die fünf aus der Standortleitung kümmern sich darum, passende Nachhilfeschüler*innen zu finden. „Der Zeitaufwand liegt bei nur einer Stunde pro Woche – das ideale Ehrenamt für Leute, die wenig Zeit haben“, scherzt Oliver Schmidt. Es sei eine sehr sinnstiftende Tätigkeit, fügt er hinzu. „Meine Nachhilfeschülerin brauchte einfach jemanden, der ihr den Stoff anders erklärt als der Lehrer. Ihre Eltern konnten das nicht leisten“, berichtet er. Die Familie des Mädchens sei daher sehr dankbar für den Unterricht gewesen.
Der Verein gewährt bei Bedarf auch finanzielle Unterstützung für Schulmaterialien und vergibt Stipendien für Auslandsaufenthalte an motivierte Jugendliche. Auch gemeinsame Aktivitäten der „Nachhilfepaare“ können gefördert werden, etwa Museumsbesuche oder Ausflüge. „Die Idee ist, dass Studierende und Schüler*innen ein gutes, freundschaftliches Verhältnis aufbauen und die Jugendlichen dadurch neue Perspektiven erhalten“, sagt Schmidt.
Neben neuen Nachhilfelehrkräften sucht die Oldenburger Gruppe auch Studierende, die Lust haben, sich in der Standortleitung des Vereins zu engagieren. So sind etwa Personen gefragt, die Erstgespräche mit interessierten Studierenden führen, Kontakt zu Eltern oder Schulen aufbauen, Spenden sammeln oder die Öffentlichkeitsarbeit übernehmen.