„Was kann ich tun?“ Diese Frage ging mir durch den Kopf, als letztes Jahr die ersten Bilder von Geflüchteten über den Bildschirm flimmerten. Notdürftig untergebracht, in einer völlig fremden Umgebung mitten in Deutschland. Ich hatte tatsächlich keine Idee. Das änderte sich mit einer Rundmail vom Innenministerium: Gesucht wurden Freiwillige aus dem öffentlichen Dienst, die bei der Registrierung von Geflüchteten helfen.
Eigentlich arbeite ich in der Buchhaltung der Uni, kümmere mich um Inventarisierung und Anlagenbestände. Ich fühlte mich trotzdem – oder gerade deshalb – angesprochen. Danach ging alles sehr schnell. An einem Dienstag bekam ich das Okay meiner Dienststelle, schon einen Tag später fuhr ich zu meinem neuen Einsatzort nach Bad Fallingbostel. Befristet für zwei Monate und 150 Kilometer von meiner Heimatstadt Westerstede entfernt. Trotz der Distanz stand für mich von vornherein fest, dass ich jeden Tag heimfahre. Das war hart, aber alternativlos. Nicht nur meine Frau hat mich dabei immer voll unterstützt. Auch die Kollegen aus dem Dezernat 2, die für mich eingesprungen sind und meine Hilfe so erst möglich gemacht haben.
In Bad Fallingbostel angekommen, fand ich mich in einem bunt zusammengewürfelten Team wieder. Nur zwei Dolmetscher und 30 Aushilfskräfte mit völlig verschiedenen Hintergründen – vom Richter bis zum Sachbearbeiter. Unsere Aufgabe: die Neuankömmlinge nach dem Gesundheitscheck zu registrieren. Die Herausforderung: kaum einer hatte Papiere. Hinzu kamen Sprachbarrieren, eine ganz andere Schrift und der unterschiedliche Bildungsgrad der überwiegend aus Syrien, Afghanistan und Irak stammenden Menschen. Einige waren sehr gut vorbereitet, hatten sich bereits über unser Land informiert. Andere, darunter auch Analphabeten, schienen völlig überfordert. Name, Alter, Herkunftsort, schon in der EU registriert? Nicht auf alles gab es sofort Antworten. Traurig und bewegend dann die Momente, wenn die Frage nach dem Familienstand nicht klar beantwortet werden konnte, weil der Partner vermisst wurde. Es gab aber auch sehr viele schöne Situationen. Das stärkste Gefühl, das uns Helfern entgegengebracht wurde, war Dankbarkeit.
Seit Ende Januar bin ich zurück an meinem Arbeitsplatz. Viele Erinnerungen wirken immer noch nach – nicht nur positive. Geholfen hat es allemal. Ich engagiere mich heute immer noch für Geflüchtete. Aber auf eine Art, die besser zu mir passt. Meine Frau und ich helfen jetzt zum Beispiel bei Behördengängen. Wer hätte gedacht, dass das auch Spaß machen kann!
Aufgeschrieben von: Volker Sandmann