Die Universität unternimmt viel, um internationalen Studierenden die Ankunft in Oldenburg zu erleichtern. Interkulturelle Begleiterinnen und Begleiter hören ihnen zu und unterstützen sie bei Problemen. Auch der Spaß kommt nicht zu kurz – und neue Freundschaften entstehen.
Als Petrus Prinsloo im vergangenen Oktober anfing, in Oldenburg zu studieren, fühlte er sich anfangs ziemlich fremd. Der südafrikanische Austauschstudent von der Nelson Mandela University aus Gqeberha studiert seit Oktober in Oldenburg den Masterstudiengang Chemie. „Ich hatte nur wenige Bekannte und wollte auch mal Leute außerhalb meiner Arbeitsgruppe kennenlernen, um nicht immer nur über Fachliches zu sprechen“, sagt er. Wie so viele andere internationale Studierende hatte auch er zudem einige Probleme mit der deutschen Bürokratie; nicht einmal die Einrichtung seines Bankkontos klappte reibungslos. Dass Prinsloo sich inzwischen in Oldenburg heimisch fühlt, hat er nicht zuletzt Charles Good zu verdanken. Good ist Brite, lebt seit fünf Jahren in Oldenburg und studiert an der Uni Geschichte und Anglistik auf Lehramt. Kennengelernt haben die beiden sich bei einem vom International Office (IO) der Universität organisierten „Cheer-up Meeting“. Diese Treffen bieten internationalen Studierenden eine Gelegenheit, sich mit anderen Studierenden aus dem Ausland sowie einheimischen Studentinnen und Studenten zu vernetzen und sich über die Herausforderungen des Alltags in Deutschland auszutauschen.
Akkulturationsstress ist ein Problem
„Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Abbruchquote unter ausländischen deutlich höher als unter deutschen Studierenden ist“, erläutert Katja Kaboth-Larsen, die Initiatorin des Programms. „Wir haben bereits erlebt, dass Menschen ihr Studium bei uns abbrechen, weil sie an bürokratischen Hürden verzweifeln oder weil es ihnen schwerfällt, in der Fremde ein Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln.“ Letzteres wird auch als „Akkulturationsstress“ bezeichnet: Eine andere Sprache, anderes Essen, andere Mentalitäten und Einstellungen – all das kann Menschen, die neu nach Deutschland kommen, verunsichern. Um internationalen Studierenden zu helfen, leichter in Oldenburg Fuß zu fassen, bietet das IO seit 2022 im Rahmen seines Programms „Orientierung Plus“ die englischsprachigen Cheer-up-Meetings an. Das englische „to cheer-up“ lässt sich relativ frei damit übersetzen, jemanden durch positive Bestärkung zu motivieren, nicht aufzugeben und am Ziel festzuhalten. „Die Cheer-up Meetings sind ein Ort, wo man sich erstmal die Probleme von der Seele redet“, erklärt Charles. Später gehe es dann aber auch um fröhliche Themen, so habe sich seine Gruppe etwa zu Weihnachtstraditionen in verschiedenen Ländern ausgetauscht oder zusammen das Oldenburger Nachtleben erkundet. Gestaltet werden die dreistündigen Treffen, die sechs Mal pro Semester stattfinden, von Studierenden, die schon länger an der Uni Oldenburg sind. Sie haben zuvor ein Training als „interkulturelle Begleiter“ absolviert und erhalten dafür als Bachelorstudierende mit außerschulischem Berufsziel auch Kreditpunkte. Während der Trainingseinheiten lernen die Teilnehmer, sich mit typischen Herausforderungen für ausländische Studierende, neben bürokratischen Hindernissen beispielsweise auch Sprachbarrieren, auseinanderzusetzen. Zudem werden sie für interkulturelle Kommunikation geschult und erlernen das organisatorische Handwerkszeug für die Planung und Durchführung der Cheer-up Meetings.
Ein Problem, mit dem internationale Studierende besonders häufig konfrontiert sind, ist Einsamkeit. Davon kann auch Moustafa Almanla berichten. Der Syrer, der den englischsprachigen Master Neuroscience studiert, hatte außerhalb des Seminarraums und seines Nebenjobs kaum Kontakte und fühlte sich in Deutschland nicht sofort wohl. In den Cheer-up Meetings knüpfte er neue Freundschaften – etwa zu Petrus und Charles. Hinzu kommen praktische Alltagsprobleme, zu deren Lösung die Teilnehmenden der Cheer-up Meetings beitragen. Petrus hat sich dort Tipps für einen anstehenden Besuch beim Optiker geholt, einigen Studierenden aus dem Iran konnten die Begleiter Ratschläge zu passenden Olivenölsorten geben.
Fürs Einkaufen ein paar „Standardfloskeln” geübt
Von den Treffen profitieren dabei nicht nur die internationalen Studierenden, sondern auch ihre Begleiterinnen und Begleiter. Eine von ihnen ist Marina Else. Die Philosophie- und Geschichtsstudentin hat das Modul „Orientierung Plus“ vor allem belegt, weil sie ihre interkulturellen Kompetenzen ausbauen wollte. Wie sie selbst findet, mit Erfolg: Marina erzählt, dass es ihr inzwischen leichter falle, auf Menschen zuzugehen und Kontakte zu ausländischen Studierenden zu knüpfen. Zudem mache man als interkulturelle Begleiterin Fortschritte in Sachen Problemlösungskompetenz. „Manche ausländische Kommilitonen haben uns beim ersten Meeting erzählt, dass sie noch keine Wohnung gefunden hatten“, berichtet Marina. Sie und die anderen Begleiter hätten sie dann in Kontakt mit den zuständigen Stellen an der Uni gebracht, die ihnen bei der Wohnungssuche helfen konnten. Außerdem gaben sie den internationalen Teilnehmenden Tipps für die Kommunikation auf dem Amt, im Bus oder an der Supermarktkasse. „Da manche Internationalen kaum Deutsch sprechen, kommt es zuweilen bereits zu Missverständnissen, wenn die Kassiererin fragt, ob man bar oder mit Karte bezahlen möchte“, sagt Marina. Sie hätten dann ein paar Vokabeln und „Standardfloskeln“ eingeübt, um ihnen das Einkaufen zu erleichtern.
Als besonders wertvoll schätzt Marina Gespräche über Mentalitätsunterschiede und kulturelle Besonderheiten (Nord-)Deutschlands ein, weil dies Deutschen wie ihr die Chance biete, einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel auf das eigene Land zu schauen und sich auch selbstkritisch zu hinterfragen. Der Brite Charles wiederum hatte selbst keine Schwierigkeiten dabei, sich in Oldenburg einzuleben und fühlte sich von Anfang an auch an der Uni gut aufgehoben. Diese positiven Erfahrungen will er auch anderen ermöglichen. Als Ausländer habe er in den Treffen oft Sätze gesagt wie „ja, das kenne ich“ oder „das fühle ich“, was ihn aus Sicht der anderen Internationalen wohl besonders glaubwürdig gemacht habe. „Mit Moustafa und Petrus habe ich schon viel Spaß gehabt und wir haben immer noch viel Kontakt“, sagt er.
Alle Beteiligten loben das Modul „Orientierung Plus“ und die Cheer-up Meetings und sind froh, daran teilgenommen zu haben. Charles empfiehlt das Programm besonders für Lehramtsstudierende: „Klassengruppen werden immer heterogener, die Kinder kommen aus diversen kulturellen Hintergründen. Bei den Cheer-up-Meetings mitzumachen, ist daher eine gute Vorbereitung auf den späteren Schulalltag“.