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Im Sonderforschungsbereich 1463 mit dem offiziellen Titel „Integrierte Entwurfs- und Betriebsmethodik für Offshore-Megastrukturen“ haben sich vier Forschungseinrichtungen unter der Leitung der Universität Hannover zusammengeschlossen. Neben der Universität Oldenburg sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und die Universität Dresden beteiligt. Das Projekt läuft bis Dezember 2024 mit der Möglichkeit der Verlängerung bis 2032. Die Fördersumme beträgt rund 8,5 Millionen Euro.

Eine weitere Förderung erhält die Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg und Hannover aus dem „Niedersächsischen Vorab“ der VolkswagenStiftung. Im Dezember bewilligte das Land Niedersachsen 4 Millionen Euro. Mit den Mitteln sollen der anstehende professorale Generationenwechsel an den beiden niedersächsischen ForWind-Universitäten unterstützt werden, um die Windenergieforschung weiterhin als bedeutenden Teil der Hochschulen zu verankern und neue Inhalte zu integrieren. In ForWind sind die Universität Oldenburg, die Universität Hannover und die Universität Bremen vernetzt.

Arbeitsgruppe Turbulenz, Windenergie und Stochastik

Arbeitsgruppe Windenergiesysteme

Kontakt

Prof. Dr. Martin Kühn

Institut für Physik

0441/798-5061

Prof. Dr. Joachim Peinke

Institut für Physik

0441/798-5050

  • Großaufnahme der Metallflügel, aus denen das aktive Gitter besteht

    Das aktive Gitter im Oldenburger Windkanal kann realistische Turbulenzen erzeugen. Im Projekt entsteht ein neues Modell, das Luftströmungen nachbildet, wie sie in mehr als hundert Metern Höhe vorkommen. Foto: Universität Oldenburg/Mohssen Assanimoghaddam

Windturbinen der Zukunft

Der neue Sonderforschungsbereich „Offshore-Megastrukturen“ entwickelt Konzepte für gewaltige Windräder auf See. In zwei Teilprojekten befassen sich Oldenburger Forscher mit Rotoren und den Windverhältnissen in großen Höhen.

Der neue Sonderforschungsbereich „Offshore-Megastrukturen“ der Universität Hannover entwickelt Konzepte für gewaltige Windräder auf See. In zwei Teilprojekten befassen sich Oldenburger Forscher mit Rotoren und den Windverhältnissen in großen Höhen.

Windenergieanlagen stoßen derzeit in neue Dimensionen vor: Die größten Offshore-Turbinen haben aktuell bei einem Durchmesser von 220 Metern eine Leistung von etwa zwölf Megawatt, Experten halten sogar 20-Megawatt-Anlagen mit Ausmaßen von mehr als 300 Metern für möglich. Die Stromproduktion auf See bietet eine Reihe von Vorteilen: Weil der Wind dort stärker, häufiger und zuverlässiger bläst als an Land, lassen sich höhere Erträge erzielen, zudem schwankt die Energieerzeugung weniger. Dabei gilt: Je länger die Rotorblätter, desto mehr Energie lässt sich gewinnen.

„Für Bauwerke dieser Größenordnung braucht man allerdings neue Konzepte – sowohl für die Entwicklung als auch für den Betrieb“, sagt Prof. Dr. Martin Kühn, Leiter der Arbeitsgruppe Windenergiesysteme und Vorstandsmitglied des Zentrums für Windenergieforschung (ForWind) an der Universität Oldenburg. Die Riesen-Windräder sind das Thema des neuen, mit rund 8,5 Millionen Euro geförderten Sonderforschungsbereichs „Offshore-Megastrukturen“ unter Leitung der Universität Hannover. Die Oldenburger sind daran mit zwei Teilprojekten und ihrem großen Windkanal beteiligt und erhalten insgesamt rund 800.000 Euro für die nächsten vier Jahre. Ziel des Sonderforschungsbereichs ist es, eine Methodik und ein Simulationsmodell zu entwickeln, um den Zustand jeder einzelnen Windenergieanlage in einem Windpark anhand von Messdaten nachzubilden. „Mit Hilfe dieses 'digitalen Zwillings' können zukünftige Windenergieanlagen sicher, wirtschaftlich und ressourcenschonend entworfen und betrieben werden“, erläutert Prof. Dr. Raimund Rolfes von der Universität Hannover und designierter Sprecher des Sonderforschungsbereichs.

Martin Kühn leitet ein Teilprojekt zu neuen Rotorkonzepten für eine gleichmäßigere Stromeinspeisung. Sein Kollege, der Turbulenz-Experten und ForWind-Vorstand Prof. Dr. Joachim Peinke, verantwortet das zweite Oldenburger Teilprojekt: Sein Team befasst sich mit den Windverhältnissen in größeren Höhen, über die bislang kaum etwas bekannt ist.

Viel Strom auch bei wenig Wind

Kühn und seine Kollegen arbeiten an dem Ziel, Windstrom in Zukunft gleichmäßiger zu erzeugen, um die Kosten für Netzausbau, Regelenergie und Energiespeicher zu reduzieren. „An windstarken Tagen tendieren die Börsenpreise für Windstrom inzwischen gegen null“, sagt der Ingenieur. Daher sei es volkswirtschaftlich attraktiv, mehr Leistung bei Schwachwind und weniger Einspeisung bei Starkwind bereitzustellen. „Allerdings widerspricht diese Charakteristik elementaren physikalischen und erprobten technischen Grundsätzen“, so Kühn. Um das Dilemma zu lösen, wollen die Forscher Konzepte für Windturbinen mit bis zu 200 Meter langen Rotorblättern erproben, die bei schwachen und mittleren Windgeschwindigkeiten eine hohe Leistung erreichen und bei Starkwind abgeregelt werden.

Eine Herausforderung für die extrem vergrößerten Anlagen sind mechanische Belastungen durch hohe Windgeschwindigkeiten und plötzlich auftretende Böen. Kühn und sein Team setzen auf neue Verfahren zur Regelung der Anlagen – etwa eine bessere Vorhersage von Turbulenzen – und auf innovative Rotoren, um die Mega-Anlagen sturmtauglich zu machen. Die Forscher untersuchen, ob dafür das Design der neuen, extrem langen und schlanken Blätter so verändert werden kann, dass verschiedene Abschnitte unterschiedliche aerodynamische Eigenschaften haben. „So könnte der Rotor bei Starkwind oder Böen ‚durchlässiger‘ werden, seine Fläche wäre dann effektiv kleiner“, erläutert Kühn. Weht der Wind stärker, ließe sich zum einen die Drehgeschwindigkeit verringern. Zum anderen könnten die Rotorblätter bereits bei mittelstarken Belastungen so aus der Luftströmung gedreht werden, dass sie im äußeren Bereich weniger belastet sind. Das Team um Kühn möchte außerdem eine neue Methode entwickeln, durch die sich Windparks quasi im Minutentakt auf veränderte Windbedingungen einstellen lassen – basierend auf Laser-Messungen der Windbedingungen und entsprechenden Vorhersagen.

Die neuen Rotorkonzepte sollen zunächst anhand von Analysen und Modellrechnungen überprüft werden. Darauf folgen Experimente im turbulenten Windkanal mit einer Modell-Windenergieanlage. Dabei können Turbulenzen und Böen gezielt reproduziert werden, um die Entwürfe zu testen und zu verfeinern.

Gleichmäßigere Strömungen

Im zweiten Oldenburger Teilprojekt befasst sich das Team um Peinke und seinen Kollegen Dr. Matthias Wächter mit den Luftströmungen in jener Atmosphärenschicht, in der die neuen Mega-Anlagen arbeiten: Mit einer Gesamthöhe von über 300 Metern und mehr werden sie höher sein als der Eiffelturm. „Die Windturbinen sind im unteren Bereich starken Turbulenzen ausgesetzt, oberhalb von etwa hundert Metern Höhe strömt die Luft dagegen meist gleichmäßiger“, berichtet Peinke, Leiter der Arbeitsgruppe Turbulenz, Windenergie und Stochastik. Den komplexen Übergang zwischen der untersten und der nächsthöheren Atmosphärenschicht wollen er und sein Team nun genauer erforschen. „Unser Ziel ist es, die Windfelder bis in große Höhen im Detail zu modellieren und zu verstehen, wie sie sich auf Offshore-Megastrukturen auswirken“, erläutert der Physiker.

Dafür wollen er und sein Team zunächst vorhandene Daten zu den Luftströmungen in der Grenzschicht auswerten. Bereits bekannt ist, dass in Höhen von mehr als hundert Metern über dem Erdboden turbulente und gleichförmige, sogenannte laminare Strömungen auf komplexe Weise interagieren. Die Oldenburger Windforscher planen, diese Strömungen genauer zu charakterisieren und anschließend ähnliche Strömungsmuster im großen Windkanal von ForWind nachzubilden. Dafür konstruieren sie ein neues sogenanntes aktives Gitter, mit dem gezielt derartige Turbulenzen generiert werden können. So wollen sie auf der 30 Meter langen Messstrecke des Windkanals erstmals eine Mischung aus turbulenten und laminaren Strömungen erzeugen. Diese Windfelder untersuchen die Forscher anschließend mit Laser-Messungen. Parallel entwickelt das Team ein neues mathematisches Turbulenzmodell für die Grenzschicht, das in das Gesamtmodell des digitalen Zwillings einfließt.

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