Innerhalb welcher ethischen Grenzen bewegte und bewegt sich die Psychiatrie? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltungen anlässlich der Karl-Jaspers-Gastprofessur, die in diesem Wintersemester Frank Schneider, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum Aachen, innehat.
Prof. Dr. Dr. Frank Schneider eröffnet am Montag, 22. Februar, 18.00 Uhr, mit dem Vortrag „Erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus“ die unter seiner Leitung erstellte gleichnamige Wanderausstellung in der Karl-Jaspers-Klinik (KJK; Hermann-Ehlers-Straße 7, Bad Zwischenahn). Die Schau richtet den Blick auf kranke und behinderte Menschen, die in der NS-Zeit als Belastung für die deutsche „Volksgemeinschaft“ galten. Bis zu 400.000 Menschen wurden gegen ihren Willen sterilisiert, mehr als 200.000 im „Euthanasie“-Programm ermordet. Die Ausstellung, die bis zum 6. März im Klinikfoyer zu sehen ist, thematisiert auch die nach 1945 lange ausgebliebene Aufarbeitung dieser Verbrechen.
Am Dienstag, 23. Februar, folgen zwei Kolloquien im Oldenburger Karl-Jaspers-Haus (Unter den Eichen 22). Unter dem Titel „Heidelberger und Tübinger Schule der Psychopathologie kontrovers“ diskutiert Schneider von 15.00 bis 17.30 Uhr mit dem Oldenburger Philosophen Prof. Dr. Matthias Bormuth sowie mit dem ehemaligen Jaspers-Gastprofessor Prof. Dr. Markus Jäger (Ulm). Von 18.00 bis 21.00 Uhr referiert Schneider zur „Ethik und Geschichte der Psychiatrie im Horizont von Karl Jaspers“. Der Medizinethiker und -historiker Prof. em. Dr. Dietrich von Engelhardt (Lübeck/Karlsruhe) wird dieses Kolloquium mitgestalten.
Eine Anmeldung zu den Veranstaltungen ist im Sekretariat des KJK-Chefarztes Dr. Christian Figge telefonisch unter 0441/9615-685 oder per E-Mail an katja.boelts@kjk.de möglich. Figge erteilt als Mitveranstalter auch nähere Informationen zur Ausstellung.
Der renommierte Psychiater Schneider, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), ist der vierte Karl-Jaspers-Gastprofessor. Ziel der Gastprofessur ist es, im Sinne des namensgebenden Oldenburger Psychiaters und Philosophen Fragen der klinischen Psychiatrie auch von methodischen und philosophischen Aspekten her zu betrachten und neuere Perspektiven der psychiatrischen Forschung zu diskutieren.
Träger der Gastprofessur ist die Karl Jaspers-Gesellschaft in Kooperation mit der Karl-Jaspers-Klinik, deren Universitätsklinik für Psychiatrie zum Medizinischen Campus der Universität Oldenburg gehört. Die wissenschaftliche Koordination übernimmt – in enger Abstimmung mit der „European Medical School Oldenburg-Groningen“ – Matthias Bormuth, Inhaber der Heisenberg-Professur für Vergleichende Ideengeschichte an der Universität Oldenburg.