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  • Lernen auf besondere Art: Mit Bewegungen wie Klatschen soll im Study Active Programm Lernstoff vermittelt werden. Foto: Pexels / Yura Forrat

Kippeln erwünscht

Lernen macht mehr Spaß, wenn es mit Bewegung verknüpft wird – davon sind drei Oldenburger Lehramtsstudierende überzeugt. Das Gründungs- und Innovationszentrum der Universität hat ihr Start-up „Study Active“ unterstützt.

Lernen macht mehr Spaß, wenn es mit Bewegung verknüpft wird – davon sind drei Oldenburger Lehramtsstudierende überzeugt. Das Gründungs- und Innovationszentrum der Universität hat ihr Start-up „Study Active“ unterstützt.

Wer im Unterricht Papierkügelchen herumwirft, bekommt in den meisten Schulen richtig Ärger. Im Nachhilfeunterricht von Catarina Remelgado da Silva ist das anders: Hier dürfen Schülerinnen und Schüler nicht nur nach Herzenslust mit kleinen Papierbällchen auf Schüsseln zielen, auch Hopsen, Springen, Klatschen – im Schulunterricht ebenfalls kaum erwünscht – gehören zu ihren Stunden dazu.

Die Oldenburger Studentin, derzeit im vierten Mastersemester für das Grundschullehramt, hat zusammen mit ihren Kommilitonen René Rodrigues Graca und Philipp Schmiemann eine Einrichtung gegründet, die das aktive Lernen zum Prinzip erhoben hat: Durch das Werfen der Papierkügelchen sollen sich Kinder im Grundschulalter beispielsweise den Zahlenraum bis Tausend erschließen. Mit Bewegungen wie Klatschen oder Springen wollen die drei in der Vermittlung des Deutsch-Lernstoffs das Unterscheiden verschiedener Wortarten einüben.

Study Active heißt die neue Nachhilfeschule – oder vielmehr Lernhilfeschule – der drei Studierenden, die seit Juni in Oldenburg am Start ist und durch das Gründungs- und Innovationszentrum der Universität (GIZ) unterstützt wurde. Sie richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 1 bis 6 in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik und Sachkunde. „Außerdem haben wir ein Heft mit Konzepten für bewegte Pausen entwickelt“, sagt Catarina. Derzeit unterrichten sie, René und Philipp sieben Schülerinnen und Schüler, neun stehen auf der Warteliste.

Das Konzept von Study Active: „Es geht uns darum, den Lernstoff auf unterschiedlichen Ebenen zu vermitteln“, erklärt René. Während Inhalte in der Schule klassischerweise vor allem durch Schreiben, Lesen und Zuhören vermittelt werden, sollen die Kinder in ihrem Nachhilfeunterricht nicht nur Arbeitsblätter ausfüllen, sondern auch aktiv werden. „Das hat nichts mit Sport zu tun, es ist einfach ein anderer Zugang zu den Lerninhalten“, betont René. Die Idee sei nicht neu, zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass Lernen mit Bewegung langfristig einen positiven Effekt habe.  

Dass es funktioniert, beobachten die drei in ihrem Nachhilfeunterricht. Vor allem fällt ihnen auf, dass die Kinder viel Spaß am Lernen entwickeln und manchmal sogar der nächsten Stunde regelrecht entgegenfiebern. „Es ist megacool, wenn ein Kind selbst Ideen hat, wie man eine Übung verändern könnte, und am Ende die Mutter fragt, wann ich wiederkomme“, berichtet der 23-Jährige. Diese starke Motivation fördert auch den Lernerfolg, sind die drei sicher.

Den Anstoß dazu, ein Unternehmen zur aktiven Lernbegleitung zu gründen, gaben Catarina, René und Philipp ihre eigenen Unterrichtserfahrungen: Alle drei waren zuvor bereits als Nachhilfelehrkräfte tätig und hatten Schulpraktika absolviert. Catarina arbeitet außerdem als Vertretungslehrerin an einer Oldenburger Grundschule. Sowohl an der Schule als auch in ihren Nachhilfestunden trafen die Studierenden nicht selten auf unmotivierte Schülerinnen und Schüler, und auch ihnen selbst machte es keinen Spaß, nachmittags mit lustlosen Kindern ein Arbeitsblatt nach dem anderen auszufüllen. „Wir haben irgendwann angefangen, das alles zu hinterfragen“, erzählt sie.

Erst war es nur ein Spaß unter Freunden, doch nach einem ersten Brainstorming wurde aus der Idee zur Gründung einer eigenen Nachhilfeschule schnell ernst. „Im November 2021 haben wir gesagt: Wir machen das jetzt mal“, erzählt Philipp. Da alle drei Sport als Fach studieren, war schnell klar, dass Bewegung im Mittelpunkt ihres Konzepts stehen sollte. Zusammen arbeiteten sie sich ins Thema ein, sichteten Literatur und erstellten Hefte mit Lerninhalten für vier Fächer.

Den Plan umzusetzen war für sie dennoch nicht einfach. „Wir hatten erst einmal gar keine Ahnung davon, wie man ein Unternehmen gründet“, erzählt Philipp. Unterstützung erhielten sie unter anderem bei Sascha Köpken vom GIZ, der den Gründungsprozess betreute und mit dem Team beispielsweise besprach, wie es sein Geschäftsmodell gestaltet oder Kunden akquiriert. „Study Active ist ein sehr positives Beispiel dafür, dass eine Unternehmensgründung nicht nur für Studierende aus der Informatik oder den Naturwissenschaften eine interessante Berufsalternative ist, sondern für Absolventinnen und Absolventen aller Fakultäten in Frage kommt, die etwas verändern wollen“, sagt der Gründungsberater.

Die drei Studierenden fanden die vom GIZ organisierten Treffen mit anderen Start-ups sowie die „Oldenburger Gründungsschecks“ besonders hilfreich, ein vom GIZ und vom Technologie- und Gründerzentrum Oldenburg (TGO) aufgelegtes Scheckheft mit kostenlosen Beratungs-Gutscheinen. So konnten sie etwa einen Rechtsanwalt konsultieren und vereinbarten Marketing-Termine.

Damit, ihre derzeit noch kleine Lernhilfeschule in Oldenburg aufzubauen, sind Catarina, René und Philipp allerdings noch nicht am Ende ihrer Ziele. Zum einen wollen sie sich in ganz Deutschland etablieren. Wenn sie demnächst ihre Abschlüsse geschafft haben – Catarina und René beenden im März kommenden Jahres ihren Master Grundschullehramt, Philipp schließt derzeit sein Studium für Haupt-, Real- und Gesamtschullehramt in den Fächern Sport und Technik mit dem Bachelor ab – planen sie, sich ganz auf Study Active zu konzentrieren, statt in den Schuldienst zu gehen.

Auch über ihr Unternehmen hinaus engagieren sich die drei Studierenden, um mehr Bewegung in die Schulen zu bringen. „Wir wollen ein größeres Bewusstsein schaffen, wieviel man durch Bewegung beim Lernen erreichen kann – etwa durch eigene Schulungsangebot für Lehrkräfte“, betont Catarina. Auch einen Podcast planen die drei. Darin interviewen sie verschiedene Expertinnen und Experten, die sich mit aktivem Lernen befassen.

Derzeit organisieren sie einen Spendenlauf, um die Oldenburger Grundschulen in Bloherfelde, Kreyenbrück und Nadorst zu unterstützen. Philipp wandert seit dem 9. September in 30 Tagesetappen von München nach Oldenburg mit dem Ziel, insgesamt 30.000 Euro an Spendengeldern einzusammeln. Damit sollen Bewegungs-AGs finanziert werden, außerdem spezielle Stühle für aktives Sitzen – sozusagen mit eingebauter Möglichkeit zum Kippeln – sowie Bewegungsmaterialien für die Pausen, etwa Bälle, Springseile oder Netze für Fußballtore. „Die OLB-Stiftung haben wir bereits als Förderer gewonnen“, freut sich Catarina. Sie und ihre beiden Mitstreiter gründeten für dieses Projekt eigens einen Verein, mit dem sie in Zukunft auch weitere Aktionen für Kinder finanzieren wollen.

Besonders leuchten die Augen der drei Studierenden allerdings, wenn sie über ihren Nachhilfeunterricht sprechen. Catarina schwärmt: „Wenn ein Kind in einer Stunde viel Spaß hat oder sich freut, weil es etwas geschafft hat, ist das immer noch der beste Lohn.“

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