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  • Welche Instrumente passen klanglich zusammen und welche nicht? Um Kinder für Musik zu begeistern, lässt Axel Fries sie experimentieren. Foto: Michael Hagemeister

Matrix mit Murmeln

Eintauchen in die Klangwelten der "Katzenmusik": Um jungen Menschen den Zugang zur Musik zu vereinfachen, hat sich Musikdozent Axel Fries etwas Besonderes einfallen lassen - ein neues Notationssystem, das individuelle Interpretationen zulässt.

Eintauchen in die Klangwelten der "Katzenmusik": Um jungen Menschen den Zugang zur Musik zu vereinfachen, hat sich Musikdozent Axel Axel Fries etwas Besonderes einfallen lassen - ein neues Notationssystem, das individuelle Interpretationen zulässt.

Es ist laut in der Aula der Grundschule Heiligengeisttor. Auf der Bühne stehen Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klasse. Sie werfen Stifte auf den Boden, schlagen auf Sägeblätter und bewegen Murmeln in Salatschüsseln. Angeleitet werden sie von Axel Fries, Musikdozent der Universität, und Studierenden. „Katzenmusik“: so nennt Fries die Klangwelten, die er mit den Grundschülern im Musikunterricht, aber auch mit seinen Studierenden entstehen lässt. „Alltagsgegenstände sind sehr geeignet, um   Menschen ohne Vorkenntnisse an Musik heranzuführen“, sagt Fries. „An eine Geige traut sich jemand ohne musikalische Erfahrung nicht. Einen Schneebesen hatte jeder schon mal in der Hand.“

Hemmschwellen abbauen, unkonventionell Zugänge zur Musik öffnen: Das ist das Ziel von Fries. „Mir liegt am Herzen, meine eigene Leidenschaft für Musik weiterzugeben“. Der mehrfach ausgezeichnete Musiker leitet seit 2004 die Perkussionsabteilung an der Universität.
Mit seinen Schlagwerk-Ensembles hat er mehrfach Preise beim „Bundeswettbewerb Jugend Musiziert“ gewonnen – und viele Kinder und Jugendliche mit dem Musikmachvirus infiziert. Auch in der Aula der Grundschule ist Begeisterung zu spüren. In der es ab und zu recht schräg klingt. „Musik klingt nicht immer nur schön“, sagt Fries. „Es ist eine Sprache, die auch mal aggressiv, traurig, schrill oder sonst wie daher kommt.“

Sein Seminar „Katzenmusik – Musizieren und komponieren ohne Noten“ hat Fries für Studierende aller Studiengänge geöffnet. „Mir ist wichtig, dass jeder kommen, Musik ausprobieren und sogar lernen kann, seine musikalischen Ideen aufzuschreiben“. Am Ende des Semesters können die Studierenden das Erlernte weitergeben. In nur wenigen Stunden bringen sie Grundschulkindern bei, was sie selbst bei Axel Fries gelernt haben. Als Höhepunkt organisieren die Studierenden ein Konzert, das sie gemeinsam mit den Grundschülern geben. Dank des von Fries entwickelten Matrixsystems können die Kinder ihre komponierte Musik immer wieder nachspielen. Dazu brauchen sie nur ihre Dosendeckel, Blumentöpfe oder Murmeln, für die sie ihre Stücke komponiert haben.

Buchstaben und grafische Zeichen statt herkömmliches Notensystem: Mit Fries‘ Matrix lässt sich Musik zwar nicht so detailliert, dafür aber oft einfacher aufschreiben.  „Es ist ein Notationssystem, das individueller Interpretation mehr Freiraum lässt“, sagt Fries. Es hält die musikalischen Ereignisse in Spalten und Zeilen fest. In den Zeilen sind die Instrumente vermerkt, in den Spalten die Spielanweisungen der jeweiligen Strophen.

„Steht beispielsweise in der Zeile der Weingläser, die wir als Klangkörper einsetzen, in der ersten Spalte ein „F“, so bedeutet das: Die Gläser sind über die gesamte Zeit der Spalte mit nassem Finger am Rand zu reiben. Denn ein ‚F‘ steht immer für Klangfläche, also einen lang klingenden Ton.“ Steht in der zweiten Spalte ein „M“, ist  eine Melodie zu spielen. Die Feinheiten, zum Beispiel wie lang der Ton sein soll oder welche Melodie erklingen soll, bespricht man erst beim gemeinsamen Musizieren. Fries nennt dieses System „einen groben Fahrplan“. Es gehe darin um Kommunikation zwischen den Spielern. Außerdem könne man damit auch ohne Notenkenntnisse musikalische Ideen aufschreiben. „Das System ist so einfach, dass Kinder nach zehn bis 15 Minuten damit arbeiten können“, sagt Fries.  

Einfach zu verwenden – aber die Entwicklung habe doch einige Zeit des praktischen Erprobens gebraucht, erinnert sich Fries. „Anfangs waren die Matrices noch zu komplex. In der Praxis habe ich gelernt, wie sehr man komprimieren und vereinfachen muss“. Am Schluss sei für ihn klar gewesen: Musik müsse so einfach sein, dass sie jeder nach kurzer Zeit verstehen könne, Berührungsängste dürften gar nicht erst entstehen. So wie bei den Schülern der Grundschule Heiligengeisttor: Sie trauen sich was, lassen gemeinsam mit Murmeln, Sägeblättern und Schneebesen noch nicht gehörte Klangkombinationen entstehen.  

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