Was bedeutet es, seine Heimat zu verlassen? Sich auf den Weg zu machen in die Fremde, um sich dort etwas Neues aufzubauen? Das Thema "Migration" in all seinen Facetten steht im Mittelpunkt der internationalen Ausstellung "Kabbo ka Muwala", die an der Universität Oldenburg ihren Ursprung nahm und nun in Bremen zu sehen ist. „Warten Sie, ich muss die Ausstellung eben noch anmachen.“ Ingmar Lähnemann, Kurator der Ausstellung „Kabbo ka Muwala (The Girl’s Basket)“, verschwindet mit mehreren Fernbedienungen in der Dunkelheit. Wenig später flackern Lichter auf, fremdartige Stimmen tönen aus Lautsprechern, ein übergroßes Mobile schwingt sachte im Luftzug, auf die Wand gegenüber ist ein Mensch im Raumanzug projiziert. Es ist eine beeindruckende Vielfalt, die sich den Besuchern der Schau in der Städtischen Galerie Bremen bietet. Insgesamt 15 Exponate – von Video über Bilderserie bis hin zum begehbaren Tunnel – greifen das Thema Migration auf. Sie sind äußerst verschieden, und doch ergeben sowohl jedes für sich genommen als auch ihr Zusammenspiel einen Sinn. Alle Werke drücken die Gedanken und Gefühle aus, die ihre Erschaffer, 15 Künstler aus Afrika und Europa, mit dem Thema Migration und Mobilität verbinden. Wissenschaftlerinnen des Oldenburger Zentrums für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung und des Masterstudiengangs EMMIR (European Master in Migration and Intercultural Relations) haben die Schau initiiert und koordiniert, Kooperationspartner sind die National Gallery of Zimbabwe, die Makerere Art Gallery (Uganda) und die Städtische Galerie Bremen. Die Kulturstiftung des Bundes unterstützt das Projekt mit mehr als 120.000 Euro aus ihrem Fonds TURN. Stationen in Simbabwe, Uganda und Bremen Passend zu ihrem Thema war auch die Ausstellung bereits viel unterwegs. In den vergangenen Monaten war die Schau – jeweils in leicht abgewandelter Form – bereits in Uganda und Simbabwe zu sehen. Seit dem 24. September macht sie nun Station in der Städtischen Galerie Bremen. Zum künstlerischen Auftakt machte sich die kenianische Künstlerin Miriam Syowia Kyambi unter dem Titel „I Have Heard Many Things About You“ auf den Weg einmal quer durch Bremen. Sie zeigte eindrücklich, wie schwer die „Bürde Migration“ sein kann: Die Performance-Künstlerin trug ein eigens geschneidertes Kleid mit einer mehreren Meter langen Schleppe. Das Besondere: Die Schleppe besteht aus historischen Dokumenten, Briefen, Fotografien und Zeichnungen aus der Kolonialzeit und soll an die Verantwortung der Deutschen als ehemalige Kolonialmacht erinnern. Im Anschluss an ihren Gang durch die Stadt installierte Kyambi Kleid und Schleppe fest in der Ausstellung. Ihr Werk ist exklusiv für die Bremer Schau entstanden, denn als Handelsmetropole hat die Hansestadt eine besonders intensive Verbindung zum Thema Kolonialismus. Das beklemmende Gefühl der Scham Ebenso erstmals in Bremen zu sehen ist der begehbare Tunnel von Anawana Haloba. Die Videoinstallation mit dem Titel „Rape at Piccadilly Circus“ bringt dem Besucher auf sehr eindrückliche Weise das Schicksal der Südafrikanerin Sarah Baartmann nahe. Die junge Frau wurde Anfang des 19. Jahrhunderts nach London verschleppt und dort als Kuriosum öffentlich ausgestellt, da sie eine ungewöhnliche Fettablagerung am Steiß hatte. Auch wenn ihr Schicksal eine Debatte über den Umgang mit vermeintlich andersartigen Menschen auslöste, so kümmerte sich letztlich kaum jemand um die Person Sarah Baartmann. Die Videoinstallation versteht es, gerade dieses Versäumnis zu vermitteln. Wer den Tunnel betritt und die Bilder und Töne auf sich wirken lässt, spürt das beklemmende Gefühl menschlicher Scham. Doch Migration ist nicht nur Bürde, Beklommenheit oder Schuld. Einen ganz anderen Ansatz wählt der Künstler Kiluanji Kia Henda in seiner übergroßen Fotoinstallation „As God Wants And The Devil Likes It“, die die Besucher bereits draußen vor dem Eingang erwartet. Er wagt den ironischen Blick auf die europäisch-afrikanische Beziehung, in dem er eine afrikanische Nichtregierungsorganisation gründet, die Europa helfen will. Auf seinen Bildern verpasst er führenden EU-Politikern Afro-Haare, gruppiert die Sterne der Europaflagge als Heiligenschein um eine dunkelhäutige Madonna und lässt die Silhouette Afrikas im goldenen Licht erscheinen. Umfassendes Begleitprogramm In dieser Vielfalt der Exponate und Installationen liegt der Reiz der Ausstellung. Sie ist noch bis zum 11. Dezember in der Städtischen Galerie Bremen, Buntentorsteinweg 112, zu sehen. Die Galerie ist dienstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Begleitend zur Ausstellung haben die Verantwortlichen ein umfassendes Veranstaltungsprogramm zusammengestellt: Am Dienstag, 27. September, veranstalten die Beteiligten des Studiengangs EMMIR ab 10 Uhr ein Eröffnungssymposium in der Universität Oldenburg (Raum A13 0-027). Es sprechen Jo Vearay von der Witwatersrand University Südafrika und Ketil Fred Hansen von der Universität Stavanger in Norwegen. Das Cine K Oldenburg lädt ab 19. Oktober bis zum Ausstellungsende im Dezember immer mittwochs um 18 Uhr zu einer thematisch passenden Filmreihe ein. Am Freitag und Samstag, 28. und 29. Oktober, findet die Internationale Tagung des Netzwerks "Gender und Migration@Niedersachsen" im Bibliothekssaal der Universität Oldenburg statt. Einen Überblick über alle Termine des Begleitprogramms gibt es hier. (bb)
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