• Blick auf einen Computerbildschirm mit Schaltbild.

    Über ein Schaltbild lassen sich die Online-Experimente steuern. Bild: Universität Oldenburg/Daniel Schmidt

  • Drei gleich aussehende Module sind senkrecht an einer grauen Platte befestigt und mit Röhrchen und Steckern verbunden.

    Das Experiment IngA dient dazu, ein Gasgemisch zu trennen. Foto: Universität Oldenburg/Daniel Schmidt

  • Auf einer Platte befinden sich mehrere metallische Module, die durch Kabel, Schläuche und kleine Röhrchen verbunden sind.

    Anders als im normalen Chemiepraktikum muss bei der Adsorptionslanlage MiA niemand Hand anlegen. Foto: Universität Oldenburg/Daniel Schmidt

  • Porträtbild von Frank Rößner.

    Frank Rößner setzte schon vor 20 Jahren auf virtuelle Lehre. Foto: Universität Oldenburg/Daniel Schmidt

Vorreiter beim Distance Learning

Digitale Lernformate haben derzeit Konjunktur. Chemiker der Universität Oldenburg setzen schon seit langem auf Praktikumsversuche, die sich über das Internet steuern lassen. Auch andere Unis greifen darauf zu – die Nachfrage steigt.

Digitale Lernformate haben derzeit Konjunktur. Chemiker der Universität Oldenburg haben schon Anfang der Nullerjahre Praktikumsversuche entwickelt, die sich über das Internet steuern lassen. Auch andere Unis greifen mittlerweile darauf zu – und die Nachfrage steigt. 

Das Online-Semester ist zu Ende, Studierende und Lehrende haben sich an die neuen Formate gewöhnt – weitgehend. „Die Laborpraktika in den naturwissenschaftlichen Fächern lassen sich natürlich kaum digital durchführen“, sagt Prof. Dr. Frank Rößner vom Institut für Chemie. Der Forscher, der die Arbeitsgruppe „Technische Chemie“ leitet, weiß aber, wie es geht. Im Praktikum „Technische Chemie“ für Master-Studierende laufen zwei Versuche bereits seit Jahren online ab: Beide sind das Ergebnis von Projekten des Bundesforschungsministeriums zur Virtualisierung der Lehre. Sie zeigen, welche Vorteile digitale Lernformate in den Naturwissenschaften auch in „normalen“ Zeiten, als Ergänzung zur Präsenzlehre, bringen können.

„Unseren Chemie-Studierenden bieten die beiden Online-Experimente eine Möglichkeit, Praxisluft zu schnuppern“, erläutert Rößner. Denn in ihrem Berufsalltag arbeiten viele Chemikerinnen und Chemiker nicht im Labor, sondern bedienen Produktionsanlagen, die über Computer und Regelungstechnik ferngesteuert werden. So funktioniert auch der Oldenburger Online-Versuch mit dem Namen IngA (Internet-gesteuerte Adsorptionsanlage): Die Anlage, mit der sich ein Gemisch aus zwei Gasen trennen lässt, befindet sich in einem Gehäuse im Gebäude A1 und läuft vollautomatisch.

Ventile einstellen im Schaltbild

„Die Studierenden melden sich auf einer Webseite an, erhalten Zugangsdaten und reservieren sich Messzeiten“, erläutert Rößner das Prozedere. Die Versuchsanleitung und einige Hintergrundinformationen sind online auf dem Bildungsserver ChemgaPedia zu finden. Wenn sie den Versuch beginnen, sehen die Studierenden auf ihrem Bildschirm ein Schaltbild, auf dem sie Ventile einstellen sowie Gasflüsse, Temperatur und andere Größen kontrollieren können. Nach mehreren Durchläufen, die insgesamt rund zwei Stunden dauern, erhalten sie die Versuchsergebnisse per Mail – um, wie üblich, ein Protokoll anfertigen zu können.

Ganz ähnlich funktioniert auch der zweite Versuch MiA (Online steuerbare Katalyseanlage – Dehydratisierung von iso-Propanol im Mikrokanalreaktor), bei dem die Studierenden die so genannte Mikroreaktionstechnik kennenlernen. Die Programmierung der Software übernahmen Oldenburger Informatik-Studierende um Prof. Dr. Andreas Winter und Prof. Dr. Oliver Theel im Rahmen einer Projektarbeit

„Wir haben damals lange nach Experimenten gesucht, die wartungsarm sind, keine Betreuung benötigen und weder Abfälle noch Abwasser verursachen“, berichtet Rößner. Die größte Herausforderung für ihn und sein Team besteht mittlerweile darin, die Software für beide Experiment am Laufen zu halten. „Als wir IngA konzipiert haben, Anfang der 2000er Jahre, war ein 56K-Modem der Stand der Technik“, erinnert er sich.

Interesse aus Russland und Südafrika

In letzter Zeit verzeichnete Rößner eine steigende Nachfrage für seine beiden Online-Experimente. „Unis und Fachhochschulen in Hamburg, Augsburg, Leipzig, Dresden und Erlangen haben die Versuche bereits in Lehrveranstaltungen genutzt. Auch ausländische Universitäten haben diese Versuche in ihr Curriculum integriert, etwa aus Russland, Großbritannien und Südafrika“, berichtet er. Die Versuchsanleitungen existieren daher inzwischen auch in Englisch und Russisch.

Online-Experimente haben nach Rößners Meinung weiteres Potential. Das Angebot für Studierende könnte beispielsweise durch die Kooperation mehrerer Universitäten vielseitiger werden, stellt sich der Forscher vor: „Jede der beteiligten Hochschulen könnte ein besonderes Experiment anbieten, das man sich normalerweise in einem Laborpraktikum nicht leisten kann.“ So hätten Studierende mehr Wahlmöglichkeiten. Eine Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig existiert bereits: Oldenburger Studierende führen dortige Experimente im Bereich technische Chemie online durch.

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