Zwei Prüfungsphasen pro Semester meistern und sich obendrein in einer fremden Stadt zurechtfinden: Maja Theophil berichtet von ihrem Erasmus+-Auslandsjahr in den Niederlanden.
Als Maja Theophil im Sommer 2023 voller Vorfreude ihre Koffer packt, liegt ein Jahr voller Ungewissheit vor ihr. Ihr Ziel ist die Rijksuniversiteit Groningen, eine der ältesten Universitäten in den Niederlanden und Partnerhochschule der Uni Oldenburg. Die damals 20-Jährige studiert „Comparative and European Law“ an der Hanse Law School (HLS) – ein von der Universität Oldenburg getragenes Ausbildungsprojekt mit der Uni Groningen als Kooperationspartner. In dem Studiengang, der deutsches und europäisches Recht vermittelt, gehört ein einjähriger Auslandsaufenthalt fest zum Curriculum. „Darauf habe ich mich sehr gefreut“, sagt Maja.
Groningen liegt zwar nur rund anderthalb Stunden von Oldenburg entfernt – dennoch funktioniert das Studieren hier ganz anders, was an den unterschiedlichen Prüfungssystemen liegt. Mit zwei Klausurenphasen pro Semester war der Arbeitsaufwand für Maja hier deutlich höher. „Ich musste quasi drei Bücher pro Woche lesen und sehr viel eigenständig arbeiten, um am Ball zu bleiben“, sagt Maja. Dennoch war sie mit dem System zufrieden: „Der Ablauf hat mich an die Schulzeit erinnert. Man behandelt ein Thema, schreibt die Klausur und behandelt das nächste.“
Die erste knifflige Prüfung ergab sich für Maja allerdings bereits, bevor sie ihre Reise nach Groningen antreten konnte. Es dauerte acht Monate, bis sie ein Zimmer fand. „Ich war überrascht, wie viele Fake-Angebote es gibt. Man muss wirklich aufpassen, wem man seine Daten gibt“, warnt sie. Am Ende fand sie ein internationales Wohnheim, in dem sie für zwei Semester ein kleines Apartment-Zimmer beziehen konnte. Die Küche teilte sie sich mit acht Mitbewohner*innen. „So lernte ich direkt neue Leute aus anderen Kulturen kennen“, sagt sie. Der Preis für das Zimmer war hoch. „Ohne die Erasmus-Förderung hätte ich das nicht geschafft.“ Das elternunabhängige Geld steht allen Studierenden zu, die mit dem Erasmus+ Programm ins europäische Ausland gehen. Hinzu kommen weitere Fördermöglichkeiten, beispielsweise für Erstakademiker*innen.
In Groningen angekommen, fühlte sich Maja direkt wohl. Einerseits lag das an den prunkvoll aussehenden historischen Gebäuden, die für sie etwas Magisches an sich hatten. Andererseits bietet Groningen viele Grünflächen sowie zahlreiche Cafés, Bars und Restaurants, sodass viele Menschen rund um die Uhr draußen unterwegs sind. Hinzu kommt, dass dort viel Fahrrad gefahren wird, wodurch es weniger Autolärm gibt. Zu guter Letzt gefiel Maja das internationale Flair: „Groningen ist dafür bekannt, viele Studierende aus der ganzen Welt zu beherbergen. Auch deshalb fühlte ich mich hier gleich willkommen.“
Trotz der Fahrradfreundlichkeit ging Maja am liebsten zu Fuß zur Uni. Die halbstündige Strecke empfand sie als besonders wohltuend. „Beim Gehen wurde mein Kopf wieder frei“, sagt sie. Zurück in ihre Heimat nach Bad Zwischenahn fuhr sie etwa alle zwei Monate. „Für mehr blieb mir keine Zeit.“ Auch unter der Woche nahm die Uni Maja voll in Beschlag – Freizeitaktivitäten kamen deshalb leider manchmal zu kurz. Ein tolles „Trostpflaster“ waren die beiden größeren Ausflüge nach Amsterdam in der Mitte und am Ende ihres Auslandsjahres. „Insgesamt was das war okay so, denn ich wollte ja zum Studieren ins Ausland“, sagt sie.
Organisation ist das A und O
An der Rijksuniversiteit Groningen besuchte Maja die juristische Fakultät. Dort belegte sie vor allem Kurse, die in ihrem Grundstudium in Deutschland nicht vorgesehen waren. In einem Kurs zur Kriminologie lernte sie beispielsweise, welche gesellschaftlichen Theorien dem niederländischen Strafrechtssystem zugrunde liegen. „Das war sehr hilfreich, denn mir ist es wichtig, juristische Perspektiven auch aus internationaler Sicht einnehmen zu können und zu verstehen, wie das EU-Recht und andere nationale Systeme zusammenwirken“, erzählt sie. Besonders begeisterte sie, dass viele Dozierende direkt aus der Praxis kamen. „Sie konnten anhand echter Praxisbeispiele erzählen, wodurch der Lernstoff einen besseren Realitätsbezug bekam.“
Vor der Organisation des Auslandssemesters brauche man keine Angst haben, beruhigt Maja: „Es sieht viel mehr aus, als es letztlich ist.“ Ihre Bewerbung lief in zwei Schritten ab: Erst bewarb sie sich bei der Studiengangskoordinatorin, dann beim International Office. „Danach ging alles fast von selbst“, sagt sie. Ihr Tipp: sich frühzeitig um alles kümmern. „Am besten beginnt man ein Jahr vorher mit der Recherche und entscheidet sich dabei nicht nur für ein Land oder eine Stadt, sondern orientiert sich auch am Studienangebot. Das spart hinterher Arbeit, wenn man sich Kurse anrechnen lassen möchte.“ Außerdem rät sie, alle Informationsveranstaltungen zu nutzen, die beispielsweise von den Fakultäten oder dem International Office zu Erasmus+-Auslandsaufenthalten angeboten werden. Ebenso wichtig sei es, die Bewerbungsfristen im Blick zu behalten.
Dass Vorlesungen und Seminare in Groningen auf Englisch abgehalten werden, hat für Maja vieles erleichtert. „Die Uni ist sehr gut auf internationale Studierende eingestellt“, sagt sie. Als Erasmus-Studentin konnte sie an verschiedenen Willkommensprogrammen teilnehmen und fand sich schnell an der Universität und in der Stadt zurecht. Ihr Fazit: „Auf jeden Fall ins Ausland gehen! Selbst wenn nicht alles perfekt läuft – es lohnt sich immer.“