Sechs besonders gut evaluierte Lehrveranstaltungen haben in diesem Jahr den Preis der Lehre erhalten – eine aus jeder Fakultät. Die ausgezeichneten Seminare und Vorlesungen im Überblick.
Was macht eine gute Lehrveranstaltung aus? Darum geht es an der Uni Oldenburg insbesondere Mitte November, wenn der Preis der Lehre vergeben wird. In diesem Jahr können sich die Dozentinnen und Dozenten von sechs Veranstaltungen aus allen Fakultäten über den mit jeweils 1.000 Euro dotierten Preis freuen: Ausgezeichnet wurden die Sozialwissenschaftlerin Prof. Dr. Jannika Mattes, die Nachhaltigkeitsforschenden Dr. Sophie Berg und Dr. Hendrik Wolter, die Kunsthistorikerin Prof. Dr. Friederike Nastold, die Geschichtsdidaktikerin Pia Schiffer, der Chemiker Dr. Lars Mohrhusen und die Medizinerin Dr. Maya Sophie de Wilde. Ihre Seminare und Vorlesungen erhielten von Studierenden in der so genannten Lehrveranstaltungsevaluation eine besonders gute Bewertung. So unterschiedlich die Themen auch waren: Bei allen Veranstaltungen lobten die Studierenden Praxisrelevanz, gute Organisation, eine angenehme Lernatmosphäre und dass es Raum für Diskussionen und individuelle Fragen gab.
Die Veranstaltungen im Überblick:
Individuelle Begleitung im Forschungsprozess
Im zweiten und dritten Semester des englischsprachigen Masterstudiengangs „Social Sciences“ steht eine Studienarbeit auf dem Programm – ein eigenes kleines Forschungsprojekt fast vom Umfang einer Bachelorarbeit. Eine Herausforderung für viele der Teilnehmenden: „Unsere Studierendenschaft ist sehr international und hat wissenschaftliches Arbeiten daher teils ganz unterschiedlich gelernt“, berichtet Prof. Dr. Jannika Mattes. Die Sozialwissenschaftlerin bot im Sommersemester 2025 das Seminar „Project Coaching“ an, in dem sie die Teilnehmenden aus den zweiten Semester individuell bei der Vorbereitung ihres Forschungsprojekts begleitete. Mattes frischte die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens auf, gab Tipps zum Schreiben und Zitieren und unterstützte die Studierenden zum Beispiel dabei, die Literaturrecherche zu strukturieren oder eine konkrete Forschungsfrage zu finden – je nachdem, woran es gerade hakte. „Ich war quasi die Sparringspartnerin für die Vorbereitung der Projekte“, berichtet sie. Im Anschluss werden die Studierenden in ihrem aktuellen dritten Semester durch die jeweils fachlich passenden Dozentinnen und Dozenten weiterbetreut.
Die Studierenden nahmen viel aus der Veranstaltung mit: Sie lobten, dass es viel Raum für Fragen und Kommentare gab, dass sie zur kritischen Reflexion ermutigt wurden und viele gute Tipps erhielten – etwa dazu, wie man Daten erhebt, sich zeitlich organisiert oder einen wissenschaftlichen Artikel strukturiert.
- Veranstaltung: Project Coaching
- Dozentin: Prof. Dr. Jannika Mattes
- Studiengang: Master Social Sciences
- Fakultät I – Bildungs- und Sozialwissenschaften
Beim Spielen über Nachhaltigkeit nachdenken
Wer beruflich mit Themen wie Klimapolitik, sozialer Gerechtigkeit oder Nachhaltigkeit zu tun hat, muss häufig mit Konflikten, Widersprüchen und Spannungen umgehen. Um Studierenden von Studiengängen mit Nachhaltigkeitsschwerpunkt zu vermitteln, wie sich solche Dilemmata aushalten lassen, wählten Dr. Sophie Berg und Dr. Hendrik Wolter aus der Arbeitsgruppe Ökologische Ökonomie im Sommersemester 2025 einen ungewöhnlichen Weg – das spielbasierte Lernen.
In ihrer Lehrveranstaltung „Entscheidungen unter Unsicherheit: Dilemmata der Nachhaltigkeit spielerisch erfahrbar machen“ probierten die Teilnehmenden insgesamt sechs verschiedene Spiele aus. Sie bauten etwa im Brettspiel „Catan – Energien“ die Energieversorgung einer Insel auf, lenkten den sich erwärmenden Planeten im Strategiespiel „Fate of the World“ durch die kommenden 200 Jahre oder versuchten im Rollenspiel „Gifts of Culture“, die Interessen verschiedener Gruppen auszutarieren, um eine Flutkatastrophe zu verhindern. Die Spiele sensibilisieren nicht nur für Werte- und Interessenkonflikte, sondern auch für Emotionen wie Gier, Ärger, Scham oder Gruppenzwang. „Wir sprechen von ‚Serious Gaming‘. Dabei geht es vor allem darum, Verständnis für andere Perspektiven und das Verhalten anderer Menschen zu gewinnen“, erläutert Sophie Berg.
Sitzungen, in denen die Teilnehmenden spielten, wechselten sich mit Terminen ab, in denen sie anhand von Leitfragen über ihre Erfahrungen nachdachten und diskutierten. „Durch die Wiederholung von Spielen und Reflektieren haben die Studierenden gelernt, Dilemmata der Nachhaltigkeit nicht nur zu erkennen und darüber zu sprechen, sondern vielmehr, sie in einem größeren Kontext zu sehen, ihre eigene Rolle einzuordnen und über einen möglichen Umgang mit Dilemmasituationen in ihrem späteren Berufsleben nachzudenken“, erläutert Wolter.
Er und Berg hatten die Lehrveranstaltung erstmals 2023 angeboten. Der ungewöhnliche didaktische Ansatz begeistert die Studierenden nach wie vor: In den Kommentaren zur Evaluation lobten sie das „tolle Modul“, den „aktiven Austausch“ und die „echt coolen Spiele“. Das Seminar habe Softskills wie Teamfähigkeit, die Fähigkeit zur Kooperation und das Verständnis für andere Perspektiven vermittelt – und dabei viel Spaß gemacht.
- Veranstaltung: Entscheidungen unter Unsicherheit: Dilemmata der Nachhaltigkeit spielerisch erfahrbar machen
- Lehrpersonen: Dr. Sophie Berg und Dr. Hendrik Wolter
- Studiengänge: Master Sustainability Economics and Management, BWL, Water and Coastal Management, Sozialwissenschaften
- Fakultät II – Informatik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften
Exkursion zur Biennale
Alle zwei Jahre findet in Venedig die Biennale statt, eine der wichtigsten internationalen Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Das Thema 2024: „Foreigners Everywhere“. „Die dort ausgestellten künstlerischen Arbeiten setzten sich unter anderem mit Themen wie Fremd-Sein, Herkunft, Identitäten und postkolonialen Fragestellungen auseinander“, berichtet Prof. Dr. Friederike Nastold. Ihr Seminar zur Biennale mit dem Titel „Foreigners everywhere – Kollektive (Arbeits-)Formen in der Kunst“ widmete sich im Wintersemester 2024/25 nicht nur der Geschichte der Biennale und ausgewählten künstlerischen Werken. Auf einer Exkursion nach Venedig erhielten die Teilnehmenden des Seminars auch die Gelegenheit, ihre Auseinandersetzung mit den Exponaten und dem Thema der Ausstellung zu vertiefen. „Für mich ist es wichtig, Theorie und Praxis miteinander zu verbinden“, betont Nastold. Aus ihrer Sicht bieten Exkursionen einen Lernraum, „der die Diskussionen im Seminarraum erweitert und nochmals andere Reflexionsräume anstößt“. Genau das kam bei den Studierenden gut an: Teilnehmende lobten die „offenen, gemeinsamen Diskussionen“ und „respektvollen Begegnungen auf Augenhöhe“, insbesondere aber auch die „Reflexionsphasen, Diskussionen und Gespräche im Zuge der Exkursion.“
- Veranstaltung: Foreigners everywhere – Kollektive (Arbeits-)Formen in der Kunst
- Dozentin: Prof. Dr. Friederike Nastold
- Studiengang: Zwei-Fächer-Bachelor Germanistik, Kunst und Medien
- Fakultät III – Sprach und Kulturwissenschaften
Gleichzeitig unterrichten und forschen lernen
Das „Forschungs- und Entwicklungspraktikum“ ist in Oldenburg fester Bestandteil des Master of Education für das Lehramt an Gymnasien. In diesem Modul sollen die Studierenden Unterrichtspraxis und forschendes Lernen miteinander verbinden. Während des Masterstudiums verbringen sie in der Regel sieben Wochen an einer Schule. Zum einen sammeln sie konkrete Unterrichtserfahrungen im Fachpraktikum. Im Forschungs- und Entwicklungspraktikum soll hingegen die Durchführung einer empirischen Erhebung an der Schule ermöglicht werden. „Im Fach Geschichte legen wir dabei den Fokus darauf, dass die Studierenden auch ihr empirisches Forschungsprojekt mit konkreter Unterrichtspraxis verknüpfen“, erklärt Pia Schiffer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Didaktik der Geschichte.
Schiffer leitete im Wintersemester 2024/25 ein Seminar, in dem sie die Studierenden auf das Schulpraktikum vorbereitete, sie währenddessen begleitete und im Anschluss gemeinsam mit ihnen die Erfahrungen reflektierte und auswertete. „Das Besondere an dem Seminar ist die Struktur: Man hat nicht einfach 14 Wochen lang eine Seminarsitzung pro Woche, sondern kann die Studierenden länger in ihrem Lern- und Forschungsprozess begleiten“, betont sie. Ihre Aufgabe als Dozentin sah Schiffer darin, die angehenden Lehrkräfte bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, ihnen aber auch den notwendigen Freiraum für die Umsetzung zu geben.
Damit die Studierenden ihre Fragestellungen nach und nach weiterentwickeln konnten, baute Schiffer mehrere gemeinsame Brainstormingphasen in das Seminar ein, ermutigte zu gegenseitigem Feedback und bot allen Teilnehmenden ein individuelles Beratungsgespräch an. Die positiven Evaluationsergebnisse bestärken die Didaktikerin in ihrem Konzept, wie sie sagt: „Angesichts der komplexen Aufgabe, vor der die Studierenden standen, habe ich mich sehr darüber gefreut, dass sie das Seminar für sich und ihre spätere Berufspraxis sinnvoll fanden und inhaltlich Neues mitnehmen konnten.“
- Veranstaltung: Forschungs- und Entwicklungspraktikum Geschichte
- Dozentin: Pia Schiffer
- Studiengang: Master of Education – Lehramt Gymnasium
- Fakultät IV – Human- und Gesellschaftswissenschaften
Vorlesung mit Bonusprogramm
Viele Diskussionen und viel Interaktion – das zeichnete die Vorlesung „Solid gas interfaces in theory and application“ aus. Der Chemiker Dr. Lars Mohrhusen befasste sich in der Veranstaltung mit Technologien, mit denen Wechselwirkungen zwischen Festkörpern und Gasen erforschen lassen. Solche Prozesse sind etwa in der Katalyse, Photokatalyse oder Sensorik relevant. In der Veranstaltung erläuterte er, welche Prozesse an der Grenzfläche stattfinden, mit welchen Methoden sich Oberflächen auf atomarer Ebene analysieren lassen und wo deren Grenzen liegen. Darüber hinaus besichtigte er mit den Studierenden verschiedene Labore vor Ort. „Wir haben uns angeschaut, wie State-of-the-Art-Methoden praktisch angewendet werden und bei welche aktuellen Forschungsfragen sie zum Einsatz kommen“, berichtet Mohrhusen, der am Institut für Chemie eine vom Bundesforschungsministerium geförderte Nachwuchsgruppe leitet. Bei den Laborbesuchen lernten die Studierenden überdies aktuelle Forschungsthemen einzelner Oldenburger Arbeitsgruppen kennen und konnten Kontakte knüpfen, um etwa einen Platz für die Masterarbeit zu finden. Entsprechend lobten die Studierenden beispielsweise „die sehr gute Verknüpfung von theoretischen Grundlagen und forschungsaktuellen Diskursen“ und die „anwendungsnahen Beispiele“. Die Veranstaltung steigere das Interesse und mache Lust auf weitere Praktika. Der einzige Ratschlag der Teilnehmenden: „So weitermachen!“
- Veranstaltung: Solid gas interfaces in theory and application – Lecture
- Dozent: Dr. Lars Mohrhusen
- Studiengang: Master Chemie
- Fakultät V – Mathematik und Naturwissenschaften
Praxisnähe im Medizinstudium
Geburtshilfe, Brusterkrankungen, fachbezogene Tumore, Endometriose und Problemfallunterricht: Die Gynäkologie ist ein vielfältiges Fachgebiet. „Im dritten Jahr des Medizinstudiums ist das Thema Frauenheilkunde allgegenwärtig“, berichtet Dr. Maya Sophie de Wilde, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät VI – Medizin und Gesundheitswissenschaften und Ärztin in Weiterbildung an der Universitätsklinik für Gynäkologie am Pius-Hospital Oldenburg. Alle Studierenden lernen in diesem Abschnitt des Studiums die Grundzüge der Gynäkologie kennen. De Wilde ist als Dozentin an verschiedenen Vorlesungen, Seminaren und Praktika in diesem Bereich beteiligt. Für ihr Seminar „Frauenheilkunde und Geburtshilfe“ erhielt sie Bestnoten in der Lehrveranstaltungsevaluation. In der Veranstaltung geht es darum, die Grundkenntnisse gynäkologischer Untersuchungstechniken kennenzulernen. „Die Methoden werden zunächst vorgeführt, anschließend können die Teilnehmenden das Gelernte an realitätsnahen Modellen selbst anwenden“, berichtet die Medizinerin. Dieser praxisnahe Ansatz kam bei den Studierenden gut an.
- Veranstaltung: Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Seminar)
- Dozentin: Dr. Maya Sophie de Wilde
- Studiengang: Medizin
- Fakultät VI – Medizin und Gesundheitswissenschaften
Die Universität Oldenburg zeichnet seit 1998 herausragende Leistungen von Hochschullehrenden aus. Der „Preis der Lehre 2024/25“ wird von der Universitätsgesellschaft Oldenburg e. V. gefördert.