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  • "Die Humboldt‘schen Bildungsideale haben nach wie vor ihre Bedeutung": Hörsaal der Universität Oldenburg.

  • Prof. Dr. Holger Burckhart, Rektor der Universität Siegen sowie HRK-Vizepräsident für Lehre und Studium, Lehrerbildung und Lebenslanges Lernen (Fotohinweis: Universität Siegen)

„Intelligente Kombination aus Alt und Neu“

Bildung neu denken, ohne Bewährtes aufzugeben: Auf Initiative der Universität Oldenburg diskutierten Experten im Schloss Herrenhausen in Hannover über den Bildungsauftrag der Universität. Ein Interview mit dem Rektor der Universität Siegen und Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz, Prof. Dr. Holger Burckhart.

Bildung neu denken, ohne Bewährtes aufzugeben: Auf Initiative der Universität Oldenburg diskutierten Experten im Schloss Herrenhausen in Hannover. Ein Interview mit dem Rektor der Universität Siegen und Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz, Prof. Dr. Holger Burckhart.

FRAGE: Neue technologische Entwicklungen wie Massive Open Online Courses (MOOCS) und Video-Tutorials verändern die Hochschullehre. Müssen gerade die deutschen Hochschulen in diesem Kontext Bildung neu denken?

BURCKHART: Die deutschen Hochschulen müssen sich allen gesellschaftlichen und technologischen Herausforderungen stellen. Dazu gehört auch die Digitalisierung, die sich sowohl auf administrative Hochschulprozesse als auch auf Forschung und Lehre bezieht. In Bezug auf die Hochschullehre weisen digitale Lehrformate wie MOOCs oder Video-Tutorials Potenziale auf. Diese Potenziale bestehen in der höheren Flexibilisierung, Individualisierung und Selbstorganisation der Lehre. Zudem können mit der Digitalisierung einhergehende Formen innovativer Didaktik und die neuen Formate kollaborativen Lernens die konventionelle Lehre bereichern. Dabei geht es aber nicht um den vollständigen Ersatz konventioneller Lehre, sondern die intelligente Kombination aus Alt und Neu. Denn eine voraussetzungsvolle soziale Interaktion wie das Lernen benötigt ein Mindestmaß an persönlichem Vertrauen und ein Zusammenspiel verschiedener Sinneseindrücke, was insbesondere durch Face-to-Face-Kommunikation gewährleistet werden kann.

FRAGE: Welche Aktualität haben für Sie die Humboldt‘schen Bildungsideale?

BURCKHART: Die Humboldt‘schen Bildungsideale haben nach wie vor ihre Bedeutung, müssen aber vor dem Hintergrund der heutigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Realitäten neu interpretiert werden. Der von Humboldt betonte Zusammenhang von Bildung und Freiheit hat weiter Geltung. Im Hochschulbereich findet dies seinen Niederschlag sowohl in der Freiheit von Forschung und Lehre, aber auch in der freien Wahl der Bildungswege. Deshalb wäre auch eine staatliche Regulierung, wie z.B. eine künstliche Verknappung von Studienplätzen, nicht mit dem Humboldt'schen Bildungsideal vereinbar. Humboldts These, dass Bildung Voraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein ist, stimmt nach wie vor. Im Kontext der Hochschullehre dürfen wir daher nicht den Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden außer Acht lassen. Das schließt allerdings auch nicht aus, die Studierenden möglichst gut für spätere berufliche Tätigkeiten vorzubereiten.

FRAGE: Können Universitäten nur dann aktive Bürger für demokratische Gesellschaften ausbilden, wenn Bildungsziele neu justiert oder zumindest überdacht werden?

BURCKHART: Auf der einen Seite müssen Hochschulen einen hohen Grad an Autonomie insbesondere gegenüber dem Staat haben. Auf der anderen Seite können und dürfen sie sich aber auch nicht ihrem gesellschaftlichen Umfeld verschließen. Im Gegenteil: Hochschulen tragen – wie auch andere Bildungsinstitutionen – dazu bei, dass Lernende ihre Persönlichkeit ausbilden. Dazu gehören neben der Fähigkeit zur Analyse, Reflexion und normativen Bewertung auch kommunikative Kompetenzen. Dies sind auch zentrale Voraussetzungen für aktive Bürger in demokratischen Gesellschaften.

FRAGE: Wo sehen Sie mit Blick auf den Bildungsauftrag von Universitäten die größten Herausforderungen für die Zukunft?

BURCKHART: Hochschulen müssen sich aktuellen Herausforderungen stellen. Dies gilt beispielsweise für Internationalisierung, Individualisierung, Diversität und Inklusion. Dabei gilt es aber, Konzepte zu entwickeln, die mit dem Humboldt‘schen Ideal der Selbststeuerung der Wissenschaft vereinbar sind. Daher sollte die Politik im engen Dialog mit den Hochschulen nur einen Rahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen setzen und den Hochschulen die konkrete Ausgestaltung überlassen. Durch unterschiedliche Strategien der Hochschulen zu spezifischen Herausforderungen wird damit auch die Diversität der Hochschullandschaft gewährleistet werden. Klar ist: Nur divers und arbeitsteilig aufgestellte Hochschulen können den immer heterogeneren gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen gerecht werden.

FRAGE: Was ist Ihre Motivation, an dem Symposium teilzunehmen?

BURCKHART: Ich freue mich auf den diskursiven Austausch zu klassischen wie auch neuen Bildungsidealen. Reizvoll wird es sein, den Bogen von den Idealen zum aktuellen Bildungsauftrag der Hochschulen zu schlagen. Dabei werde ich versuchen, meine Erfahrungen als Hochschullehrer, Hochschulleiter und Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz für Lehre und Studium, Lehrerbildung und Lebenslanges Lernen einzubringen. Gespannt bin ich aber auch auf die Erfahrungen und Erkenntnisse der anderen Symposiumsteilnehmer. Da kann ich mich sicherlich „weiter bilden“, ganz im Sinne des Titels der Veranstaltung.

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(Stand: 07.02.2025)  Kurz-URL:Shortlink: https://uol.de/p82n1025
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