Wer würde sich nicht manchmal gern aufteilen können und an mehreren Orten gleichzeitig sein? Quallen können das: sich vermehren, indem sie zum Beispiel einfach Teile abschnüren, aus denen dann ein neues Individuum entsteht. Den Strategien einer bestimmten Quallenart ist Biologiestudentin Anneke Heins auf den Grund gegangen.
"Cassiopea andromeda" – fast poetisch nimmt sich der Name der "upside-down", also gewissermaßen kopfstehenden, Qualle im Zentrum von Anneke Heins‘ Bachelorarbeit aus. Die Ergebnisse ihrer Lebendbeobachtungen im Labor der Arbeitsgruppe Biodiversität und Evolution der Tiere am Institut für Biologie und Umweltwissenschaften (IBU) hat sie gemeinsam mit ihren Betreuern Dr. Thomas Glatzel von der Universität Oldenburg sowie Dr. Sabine Holst vom Deutschen Zentrum für marine Biodiversitätsforschung (Hamburg) kürzlich in der internationalen Fachzeitschrift "Zoomorphology" veröffentlicht.
Nesseltiere – zu denen Quallen gehören – treten in unterschiedlichen Stadien auf, unter anderem als Polypen, zu deren Merkmalen eine Fußscheibe zur Verankerung sowie ein zylinderförmiger Körper mit Tentakeln gehören. Heins beschäftigte sich mit der Polypengeneration von "Cassiopea andromeda" und beschreibt in ihrer Arbeit Details der asexuellen Vermehrung, die neue Polypen oder winzige Quallen, genannt Ephyren, hervorbringt. Dies geschieht, indem sich entweder aus einer Art Knospe seitlich am ursprünglichen Polypen Teile abschnüren und zu neuen Polypen auswachsen, oder durch Strobilation, bei der die jungen Ephyren vom Polypenoberteil abgeschnürt werden. Diese Art der Vermehrung dürfte eine entscheidende Rolle bei Massenvorkommen von Quallen spielen, den sogenannten Jellyfish Blooms.
Die Studentin untersuchte auch die giftigen Waffen dieser Tiere, die Nesselkapseln (Cniden), die für den Beutefang oder zur Abwehr dienen und der Tiergruppe der Nesseltiere ihren wissenschaftlichen Namen Cnidaria geben. Jede Cnide wird von nur einer einzigen Zelle gebildet und nach ihrem Einsatz abgestoßen und ersetzt. Als Anneke Heins die Nesselfäden entladener Kapseln unter die Lupe nahm, fand sie eine höhere Diversität von Kapseltypen als erwartet. Unterschiede in Anzahl und Größe der Kapseltypen in fünf untersuchten Entwicklungsstadien von "Cassiopea andromeda" könnten bedeuten, dass die Qualle ihre "Waffen" an sich ändernde Beutepräferenzen anpasst.