Wie wirken sich frühe Spracherfahrungen, insbesondere Bilingualität, auf die Verarbeitung von Sprache im Gehirn aus? Das ist das Thema eines neuen Oldenburger Vorhabens im Programm „Forschungskooperation Niedersachsen – Israel“.
Menschen, die in zwei Sprachen zu Hause sind, fällt es in einer lauten Umgebung besonders schwer, Gespräche zu verstehen. Warum das so ist, wollen die Sprachwissenschaftlerinnen Prof. Dr. Esther Ruigendijk von der Universität Oldenburg und Dr. Hanin Karawani von der Universität Haifa in einem gemeinsamen Projekt herausfinden. Das Niedersächsische Wissenschaftsministerium hat für das Vorhaben im Programm „Forschungskooperation Niedersachsen – Israel“ bis zu 500.000 Euro für die kommenden vier Jahre bewilligt.
Ruigendijk und Karawani wollen in ihrem Projekt „Bilingualism in challenging listening conditions: Is it language specific or a general mechanism?” gemeinsam erkunden, wie frühe Spracherfahrungen, insbesondere die Zweisprachigkeit, die Verarbeitung von Sprache im Gehirn beeinflussen und wie sich dies auf die Fähigkeit auswirkt, Sprache zu verstehen. „Die meisten Menschen auf der Welt benutzen im Alltag mehr als eine Sprache – eine Tatsache, die von der Hörforschung bislang kaum berücksichtigt wird“, erklärt Ruigendijk. Ziel ist es herauszufinden, warum eine laute Umgebung für bilinguale Menschen besondere Herausforderungen mit sich bringt.
Werden bei bilingualen Menschen immer beide Sprachen aktiviert?
Das Team will verstehen, ob hinter diesem Effekt ein grundlegender neuronaler Mechanismus steckt – dass nämlich bei Zweisprachigen im Gehirn generell beide Sprachen aktiviert werden, auch wenn sie sich gerade nur in einer von beiden bewegen. Dafür führen die Forscherinnen und ihre Teams mit Testpersonen eine Reihe von Experimenten durch. Durch eine Kombination von Sprachaufgaben und Gehirnstrommessungen wollen sie herausfinden, ob die Verwandtschaft von Sprachen das Hörverständnis in einer lauten Umgebung beeinflusst.
Für die Experimente suchen sie bilinguale Menschen mit den Sprachkombinationen Arabisch – Hebräisch, Arabisch – Deutsch und Deutsch – Niederländisch sowie Personen, die Hebräisch und Deutsch als einzige Sprache verwenden. Karawani hatte im vergangenen Jahr als Stipendiatin der Humboldt-Stiftung mehrere Monate an der Universität Oldenburg verbracht und gemeinsam mit Ruigendijk im Exzellenzcluster Hearing4all die Grundlagen für das gemeinsame Forschungsprojekt erarbeitet.
Das Land Niedersachsen fördert im Programm „Forschungskooperation Niedersachsen – Israel“ insgesamt acht Projekte aus den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern niedersächsischer und israelischer Hochschulen und Forschungseinrichtungen gemeinsam durchgeführt werden. Zwei der Vorhaben sind in Oldenburg angesiedelt. Die Mittel stammen aus zukunft.niedersachsen, dem gemeinsamen Förderprogramm des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung.