Universität im Umbruch
Universität im Umbruch
Wahlprogramm
Wahlen zum Senat der Carl von Ossietzky Universität 2025
Kritische Reflexion der gesellschaftlichen Rolle unserer Universität stärken
In einer Situation sich überlagernder Krisen - Klimawandel, politische Polarisierung, zunehmende soziale Spaltung usw. – sind Universitäten mehr denn je gefordert, gesellschaftlich Stellung zu beziehen. Die gesellschaftliche Bedeutung einer sich in der Exzellenzstrategie engagierenden Universität bemisst sich nicht nur an ihrer Selbstbehauptung im akademischen Wettbewerb, sondern auch an ihrer Sensibilität für zentrale zukunftsrelevante Problemlagen und ihrer Kapazität, zur Bearbeitung dieser Problemlagen beizutragen. Dafür reichen technische und finanziell optimierte Lösungen allein nicht aus. Vielmehr bedarf es einer engagierten, kritisch-reflexiven Haltung, um der gesellschaftspolitischen Verantwortung der Universität in Forschung und Lehre nachzukommen.
Die Liste Universität im Umbruch betrachtet die Universität als den Ort der Entwicklung und Artikulation einer solchen Haltung, für die unsere Hochschule seit ihrer Gründungsphase steht. Strategische Entscheidungen an der Universität sollten daher Exzellenzbestrebungen mit gesellschaftspolitischer Verantwortung verbinden und die gesellschaftliche Relevanz von Lehre und Forschung in allen Fakultäten in den Vordergrund stellen. Sie müssen demokratisch und transparent auf den Weg gebracht werden und auf einer breiten und offenen hochschulöffentlichen Diskussion basieren. Bereitschaft zum Beschreiten neuer Wege ist wichtig, noch wichtiger ist es, diese in einem hochschuloffenen Diskurs zu finden.
Vielfalt von Forschung und Lehre anerkennen und stärken
Die Fokussierung auf den messbaren Erfolg im Wettbewerb um Exzellenz- und Drittmittel verstellt allzu oft den Blick auf die Vielfalt der Aufgaben einer Universität. Andere für den lebendigen Austausch und das Ansehen einer Universität unabdingbare Leistungen – das Verfassen von Monographien, die Organisation von Tagungen, die Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die Durchführung von akademischen Bildungsangeboten für marginalisierte (non-traditional) Studierende zur Förderung von Bildungsteilhabe, engagierte Lehre, Kooperationen mit Praxispartner*innen – drohen hingegen aus dem Blick zu geraten; ihre Urheber*innen bleiben oft ohne Anerkennung und laufen Gefahr, kaum mehr wahrgenommen zu werden. Die kritische Begleitung universitärer Entwicklungen und Orientierungen in den Gremien der Universität, aber auch in der gesamten Universitätsöffentlichkeit, ist für die Liste Universität im Umbruch daher zentral. Sie sieht in der Anerkennung der Vielfalt universitärer Aufgaben in Forschung und Lehre eine Stärke unserer Universität, die Basis für Exzellenzbestrebungen, die Grundlage einer lebhaften Debattenkultur und damit auch der Stärkung der gesellschaftlichen Rolle der Universität.
Optimierung der konstruktiven Kooperation von Verwaltung und Wissenschaft
In den letzten Jahren hat sich die Kooperation zwischen Verwaltung und Wissenschaft als besondere, nicht selten spannungsvolle Herausforderung gezeigt. Die Zunahme formaler Vorgaben und Zwänge, wachsende Ängste vor juristischen Eingriffen und Fallstricken und der Zuwachs von immer komplexeren Aufgaben des Wissenschaftsmanagements, die die Wissenschaft immer mehr von ihren Kernaufgaben entfernen, belasten Wissenschaftler*innen wie Verwaltungsmitarbeitende gleichermaßen. Berufungsprozesse werden zunehmend schwierig und langwierig. Der UiU ist es ein besonderes Anliegen, an dieser Schlüsselstelle der Hochschulentwicklung zurück zu einem vertrauens- und verständnisvolleren Miteinander zwischen Wissenschaftskultur und Verwaltungskultur zu kommen. Es geht darum, unnötige, mit formalen Vorgaben begründete Verzögerungen künftig zu vermeiden, um nach innen wie außen den universitären Zusammenhalt zu gestalten. Gegenseitige Behinderungen und Missverständnisse gilt es zu überwinden und eine wechselseitig getragene „Kultur der Ermöglichung“ zu etablieren.
Die Universität nachhaltig und klimaneutral gestalten
Angesichts der existentiellen ökologischen Krisen und Herausforderungen auf lokaler und globaler Ebene übernimmt die Universität Oldenburg Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung und eine minimierte Ressourcen- und Energienutzung. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Universität im Umbruch setzt sich daher dafür ein, dass die Universität Oldenburg in Betrieb, Forschung und Lehre im Themenfeld Nachhaltigkeit und Klimaneutralität Vorreiter bleibt, und sich zusammen mit anderen Wissenschaftseinrichtungen und Hochschulen für eine Transformation in Richtung Nachhaltige Entwicklung entlang der Agenda 2030-Ziele (Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen einsetzt und überregionale Sichtbarkeit erreicht.
Die Oldenburger Lehrkräftebildung konstruktiv weiterentwickeln
Mit ihrem Schwerpunkt der Lehrkräftebildung wirkt die Universität Oldenburg nachhaltig in die Gesellschaft hinein. Universität im Umbruch tritt dafür ein, zukünftigen Lehrer*innen – fachlich und forschungsbasiert – den Erwerb einer professionellen Haltung zu ermöglichen. Dafür zentral ist nicht nur die methodisch und didaktisch fundierte Vermittlung wissenschaftlichen Wissens, sondern auch die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen pädagogischen Praxis in historischen, gesellschaftlichen, politischen und institutionellen Zusammenhängen. Dies setzt nicht nur interdisziplinäre Zusammenarbeit, sondern auch die Integration fachdidaktischer, bildungs- und fachwissenschaftlicher Perspektiven in Lehre und Forschung voraus. Nicht zuletzt aufgrund dieses integrativen Ansatzes genießt die Oldenburger Lehrer*innenbildung und deren fakultätenübergreifende Organisationsform im Didaktischen Zentrum bundesweit einen guten Ruf. Um die zukünftige Weiterentwicklung dieses für die Universität profilgebenden Bereichs angesichts immer neuer Herausforderungen an die Lehrer*innenbildung zu erhalten, plädieren wir dafür, die der lehrkräftebildungsbezogene Forschung auch im Rahmen der Exzellenzstrategie zu stärken. .
Die Internationalisierung strategisch und verantwortlich entwickeln
Die Carl von Ossietzky Universität intensiviert ihre Anstrengungen in der Internationalisierung. In der Lehre werden vermehrt englischsprachige Veranstaltungen und Studiengänge angeboten, der Studierendenaustausch entwickelt sich; Forschung und Transfer sind in vielen Bereichen bereits international aufgestellt. Aus der Sicht der Universität im Umbruch ist Internationalisierung allerdings kein Wert an sich, sondern bedarf geteilter inhaltlicher Ziele, dauerhafter Zusammenarbeit und einer effektiven Unterstützung von internationalen Studierenden. Entsprechende Anstrengungen gilt es, mit strategischen Schwerpunktsetzungen fortzusetzen, vor allem mit unseren Partneruniversitäten in Groningen und Gqeberha, die ebenfalls gesellschaftspolitische Verantwortung großschreiben. Universität im Umbruch setzt sich dafür ein, diese Partnerschaften im Geiste eines gesellschaftspolitisch reflektierten Wissenschafts- und Hochschulverständnisses zur beiderseitigen Inspiration und Stärkung weiter zu entwickeln.
Profilierung anstatt Prekarisierung des wissenschaftlichen Nachwuchses und des akademischen Mittelbaus
Für die Liste Universität im Umbruch sind die Erfolge u.a. im Bereich der Drittmitteleinwerbungen unserer Universität ohne den Einsatz des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht denkbar. Die Liste spricht sich für ein verantwortungsvolles Konzept zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses aus. Im Bereich der Juniorprofessuren soll dies durch die verpflichtende Ausschreibung von Stellen mit Tenure-Track-Option sowie durch faire, transparente und beschleunigte Evaluationsverfahren gewährleistet werden. Der Mittelbau soll grundlegend aufgewertet und gestärkt werden, sodass alle Wissenschaftler*innen forschungsorientiert lehren und motiviert forschen können – ohne Sorgen aufgrund prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Bei Qualifikationsstellen darf das Qualifikationsziel nicht gegenüber anderen Dienstaufgaben in den Hintergrund treten; Vertragslaufzeiten müssen im Sinne der befristet Beschäftigten und ihren Qualifizierungs- und Forschungszielen gestaltet werden. Für Daueraufgaben in Lehre und Forschung sollen vermehrt unbefristete Stellen auf Mittelbauebene eingerichtet werden, die im Hinblick auf den Umfang von Lehrverpflichtung und Dienstaufgaben zumutbar sind. LfbA-Stellen dürfen sich nicht dadurch als eine berufsbiografische Sackgasse erweisen, dass sogar habilitierten Stelleninhaber*innen das Beantragen von Forschungsprojekten verwehrt wird/ist. Wir plädieren in diesem Sinne für eine gemeinsame Strategie zur Entwicklung von Karrierewegen an der Universität auch jenseits der Professur, gleichzeitig für die Weiterentwicklung von Strukturen der Information und Beratung über Berufsoptionen jenseits der Universität.
Diversitäts- und Ungleichheitsbewusstsein an der Universität fördern
Die Universität ist gefordert, in Forschung und Lehre auf wachsende soziale Ungleichheiten sowie jedwede, z.B. rassistische oder antisemitische Diskriminierung und Ausgrenzung zu reagieren. Denn nur dann trägt sie ihrer zivilgesellschaftlichen Rolle der Universität Rechnung und ist in der Lage, das universitäre Miteinander verantwortungsvoll und offen zu gestalten. Universität im Umbruch engagiert sich daher dafür, für die Reproduktion von Ungleichheiten und Diskriminierung in Universität wie Gesellschaft zu sensibilisieren, entsprechende Forschung und Lehrangebote zu unterstützen, wirksame ungleichheitssensible und diskriminierungskritische Strukturen zu schaffen und die Universität so auch überregional als Protagonistin der Bearbeitung dieser Themen zu profilieren. Dazu bedarf es aus unserer Sicht der Erweiterung der vorhandenen Beratungs- und Anlaufstellen um eine unabhängige zentrale Antidiskriminierungsstelle für Studierende und Mitarbeitende der Universität.
Digitalisierung an der Universität gesellschaftlich reflektieren
Die COVID-19-Pandemie hat Digitalisierungsprozesse in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft beschleunigt. Diese Umstände haben die öffentliche Debatte über die Potentiale und Risiken der Digitalisierung insbesondere in der Lehre weiter angetrieben. Die Universität sollte in der Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie sorgfältig die Möglichkeiten der Digitalisierung für Forschung und Lehre prüfen, dabei aber unbedingt auch den berechtigen Sorgen Rechnung tragen, die mit diesem Prozess verbunden sind – etwa hinsichtlich weiterer Überwachung oder der Verletzung von Bürgerrechten und Privatheit. Als Präsenzuniversität ist sie aufgerufen, unter Berücksichtigung individueller Lebensbedingungen und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgewogene Lösungen zur Flexibilisierung von Präsenzarbeitszeiten zu finden, ohne jedoch den Präsenzcharakter der Universität infrage zu stellen. Universität im Umbruch wird die Digitalisierungsbemühungen der Universität konstruktiv mitgestalten und spricht sich für die Entwicklung einer kritischen Digitalisierungsforschung aus.
Für eine offene und partizipative Debattenkultur im Senat
Damit der Senat zentrales hochschulpolitisches Gremium für die Profilierung und den weiteren Ausbau der Universität bleiben kann, ist die Verhandlung kontroverser Positionen von besonderer Bedeutung. Nur solche offenen Debatten können, im Sinne eines Frühwarnsystems, auf mögliche Probleme aufmerksam machen und neue Akzente setzen. Die Liste Universität im Umbruch setzt sich für die Beteiligung aller universitären Statusgruppen an wichtigen Entscheidungen sowie für die Förderung eines universitären Klimas ein, das ein kritisches Argumentieren ermöglicht, ohne persönliche Abwertung oder gar Ausgrenzung befürchten zu müssen. Sie steht für Transparenz in allen wesentlichen Entscheidungsprozessen und für die Förderung offener Diskussionen über zentrale Fragen in einer und für eine zukunftsfähige(n) Gesellschaft.
Für die Liste 2 Universität im Umbruch kandidieren in der Gruppe der Hochschullehrenden Bernd Siebenhüner (Fk II), Martin Butler (Fk III), Gunilla Budde (Fk IV), Mario Dunkel (Fk III), Susanne Binas-Preisendörfer (Fk III), Thomas Alkemeyer (Fk IV), Juliana Goschler (Fk III), Petra Löffler (Fak III), Ayça Polat (Fak I) und Tilo Wesche (Fk IV).