Universität im Umbruch
Universität im Umbruch
Wahlprogramm
Wahlen zum Senat der Carl von Ossietzky Universität 2023
Kritische Reflexion der gesellschaftlichen Rolle unserer Universität stärken
In einer Situation sich überlagernder Krisen, des sich beschleunigenden Klimawandels und zunehmender sozialer Spaltung sind Universitäten mehr denn je gefordert, gesellschaftlich Stellung zu beziehen. Die Wirkkraft und der Einfluss einer Universität bemessen sich nicht nur an ihrer Selbstbehauptung im akademischen Wettbewerb, sondern auch an ihrer Sensibilität für solche und die Bearbeitung von solchen zentralen zukunftsrelevanten Problemlagen. Dafür reichen technische und finanziell optimierte Lösungen allein nicht aus. Vielmehr bedarf es einer engagierten kritisch-reflexiven Haltung, um der zivilgesellschaftlichen Verantwortung der Universität in Forschung und Lehre nachzukommen.
Die Liste Universität im Umbruch betrachtet die Universität als den Ort der Entwicklung und Artikulation einer solchen Haltung, für die unsere Hochschule seit ihrer Gründungsphase steht. Strategische Entscheidungen an der Universität sollten sich daher nicht primär an Drittmittelpotentialen, sondern sich stets an der gesellschaftlichen Relevanz von Lehre und Forschung orientieren. Sie müssen deshalb demokratisch und transparent auf den Weg gebracht werden und auf einer breiten und offenen hochschulöffentlichen Diskussion basieren. Bereitschaft zum Beschreiten neuer Wege ist wichtig, noch wichtiger ist es, diese in einem hochschuloffenen Diskurs zu finden.
Vielfalt von Forschung und Lehre anerkennen und stärken
Die Fokussierung auf den messbaren Erfolg im Wettbewerb um Drittmittel verstellt allzu oft den Blick auf die Vielfalt der Aufgaben einer Universität. Andere für den lebendigen Austausch und das Ansehen einer Universität unabdingbare Leistungen – das Verfassen von Monographien, die Organisation von Tagungen, die Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses, engagierte Lehre, Kooperationen mit Praxispartnern – drohen hingegen aus dem Blick zu geraten; ihre Urheber*innen bleiben oft ohne Anerkennung und laufen Gefahr, kaum mehr wahrgenommen zu werden. Die kritische Auseinandersetzung mit dieser Orientierung, die sich auch auf die Politik in den Gremien unserer Carl von Ossietzky Universität auswirkt, ist für die Liste Universität im Umbruch daher zentral. Sie sieht in der Anerkennung der Vielfalt universitärer Aufgaben in Forschung und Lehre eine Stärke unserer Universität, die auch die Grundlage einer lebhaften Debattenkultur und damit auch der Stärkung der gesellschaftlichen Rolle der Universität bildet.
Optimierung der konstruktiven Kooperation von Verwaltung und Wissenschaft
In den letzten Jahren hat sich die Kooperation zwischen Verwaltung und Wissenschaft als besondere, nicht selten spannungsvolle Herausforderung gezeigt. Die Zunahme formaler Vorgaben und Zwänge, wachsende Ängste vor juristischen Eingriffen und Fallstricken und der Zuwachs von immer komplexeren Aufgaben des Wissenschaftsmanagements, die die Wissenschaft immer mehr von ihren Kernaufgaben entfernen, belasten Wissenschaftler*innen wie Verwaltungsmitarbeitende gleichermaßen. Berufungsprozesse werden zunehmend schwierig und langwierig. Der UiU ist es ein besonderes Anliegen, an dieser Schlüsselstelle der Hochschulentwicklung zurück zu einem vertrauens- und verständnisvolleren Miteinander zwischen Wissenschaftskultur und Verwaltungskultur zu kommen. Es geht darum, unnötige, mit formalen Vorgaben begründete Verzögerungen künftig im Rahmen des Möglichen zu vermeiden, um nach innen wie außen den universitären Zusammenhalt zu gestalten. Gegenseitige Behinderungen und Missverständnisse gilt es zu überwinden und eine wechselseitig getragene „Kultur der Ermöglichung“ zu etablieren.
Die Universität nachhaltig und klimaneutral gestalten
Angesichts der existentiellen ökologischen Probleme und Herausforderungen auf lokaler und globaler Ebene übernimmt die Universität Oldenburg Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung und eine minimierte Ressourcen- und Energienutzung. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Universität im Umbruch setzt sich daher dafür ein, dass die Universität Oldenburg in Betrieb, Forschung und Lehre im Themenfeld Nachhaltigkeit und Klimaneutralität Vorreiter bleibt, und sich zusammen mit anderen Wissenschaftseinrichtungen und Hochschulen für eine Transformation in Richtung Nachhaltige Entwicklung entlang der Agenda 2030-Ziele (Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen einsetzt und überregionale Sichtbarkeit erreicht.
Die Oldenburger Lehrkräftebildung konstruktiv weiterentwickeln
Mit ihrem Schwerpunkt der Lehrkräftebildung wirkt die Universität Oldenburg nachhaltig in die Gesellschaft hinein. Universität im Umbruch tritt dafür ein, zukünftigen Lehrer*innen – fachlich und forschungsbasiert – den Erwerb einer professionellen Haltung zu ermöglichen. Dafür zentral ist nicht nur die methodisch und didaktisch fundierte Vermittlung wissenschaftlichen Wissens, sondern auch die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen pädagogischen Praxis in historischen, gesellschaftlichen, politischen und institutionellen Zusammenhängen. Dies setzt nicht nur interdisziplinäre Zusammenarbeit, sondern auch die Integration fachdidaktischer, bildungs- und fachwissenschaftlicher Perspektiven in Lehre und Forschung voraus. Nicht zuletzt aufgrund dieses integrativen Ansatzes genießt die Oldenburger Lehrer*innenbildung und deren fakultätenübergreifende Organisationsform im Didaktischen Zentrum bundesweit einen guten Ruf. Um die Funktionsfähigkeit dieses für die Universität profilgebenden Bereichs angesichts immer neuer Herausforderungen an die Lehrer*innenbildung zu erhalten, plädieren wir dafür, die dafür notwendigen Strukturen und Prozesse der Abstimmung zwischen Fakultäten, Didaktischem Zentrum und Präsidium konsequent weiterzuentwickeln.
Die Systemakkreditierung vernünftig gestalten
Das im Rahmen der Systemakkreditierung an unserer Universität eingeführte Qualitätsmanagementsystem eröffnet durchaus Räume zur Identifikation und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung von Studium und Lehre. Gleichzeitig schafft es aber auch neue Verantwortlichkeiten und bindet damit Ressourcen auf unterschiedlichen Ebenen. Wir plädieren dafür, die im Rahmen der Systemakkreditierung anfallende Arbeit im (auch) dafür eingerichteten Qualitätszirkel systematisch im Blick zu behalten und Entlastungsmöglichkeiten (v.a. im Mittelbau, etwa durch Reduktion des Lehrdeputats) zu schaffen, um dieser weiteren neuen Daueraufgabe Rechnung zu tragen.
Profilierung anstatt Prekarisierung des wissenschaftlichen Nachwuchses und des akademischen Mittelbaus
Für die Liste Universität im Umbruch sind die Erfolge u.a. im Bereich der Drittmitteleinwerbungen unserer Universität ohne den Einsatz des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht denkbar. Die Liste spricht sich für ein verantwortungsvolles Konzept zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses aus. Im Bereich der Juniorprofessuren soll dies durch die verpflichtende Ausschreibung von Stellen mit Tenure-Track-Option sowie durch faire, transparente und beschleunigte Evaluationsverfahren gewährleistet werden. Der Mittelbau soll grundlegend aufgewertet und gestärkt werden, sodass alle Wissenschaftler*innen forschungsorientiert lehren und motiviert forschen können – ohne die Sorgen aufgrund prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Bei Qualifikationsstellen darf das Qualifikationsziel nicht gegenüber anderen Dienstaufgaben in den Hintergrund treten; Vertragslaufzeiten müssen im Sinne der befristet Beschäftigten und ihren Qualifizierungs- und Forschungszielen gestaltet werden. Für Daueraufgaben in Lehre und Forschung sollen vermehrt unbefristete Stellen auf Mittelbauebene eingerichtet werden, die im Hinblick auf den Umfang von Lehrverpflichtung und Dienstaufgaben zumutbar sind. LfA-Stellen dürfen sich nicht dadurch als eine berufsbiografische Sackgasse erweisen, dass sogar habilitierten Stelleninhaber*innen das Beantragen von Forschungsprojekten verwehrt wird/ist. Wir plädieren in diesem Sinne für eine gemeinsame Strategie zur Entwicklung von Karrierewegen an der Universität auch jenseits der Professur, gleichzeitig für die Weiterentwicklung von Strukturen der Information und Beratung über Berufsoptionen jenseits der Universität.
Diversität und Ungleichheitsbewusstsein an der Universität fördern
Die Universität ist gefordert, auf wachsende soziale Ungleichheiten sowie sich zuspitzende Tendenzen rassistischer Diskriminierung und Ausgrenzung zu reagieren – nicht nur, um der zivilgesellschaftliche Rolle der Universität Rechnung zu tragen, sondern auch, um das universitäre Miteinander verantwortungsvoll zu gestalten. Universität im Umbruch engagiert sich daher dafür, für Ungleichheit und Diskriminierung an unserer Universität wie in der Gesellschaft zu sensibilisieren, entsprechende Forschung und Lehrangebote zu unterstützen, handlungsfähige Strukturen zu schaffen und die Universität so auch überregional als Protagonistin der Bearbeitung dieser Themen zu profilieren.
Digitalisierung an der Universität gesellschaftlich reflektieren
Die gegenwärtige Pandemie hat Digitalisierungsprozesse in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft beschleunigt. Auch die Universität hat in den letzten Semestern auf digitale Kommunikationsformate setzen müssen. Diese Umstände haben die öffentliche Debatte über die Potentiale und Risiken der Digitalisierung weiter angetrieben. Die Universität sollte in der Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie sorgfältig die Möglichkeiten der Digitalisierung für Forschung und Lehre prüfen, dabei aber unbedingt auch den berechtigen Sorgen Rechnung tragen, die mit diesem Prozess verbunden sind – etwa hinsichtlich weiterer Überwachung oder der Verletzung von Bürgerrechten und Privatheit. Als Präsenzuniversität ist sie aufgerufen, unter Berücksichtigung individueller Lebensbedingungen und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgewogene Lösungen zur Flexibilisierung von Präsenzarbeitszeiten zu finden, ohne jedoch den Präsenzcharakter der Universität infrage zu stellen. Universität im Umbruch wird die Digitalisierungsbemühungen der Universität konstruktiv-kritisch begleiten, um den Digitalisierungsprozess mitgestalten zu können.
Für eine offene und partizipative Debattenkultur im Senat
Damit der Senat zentrales hochschulpolitisches Gremium für die Profilierung und den weiteren Ausbau der Universität bleiben kann, ist die Verhandlung kontroverser Positionen von besonderer Bedeutung. Nur solche offenen Debatten können, im Sinne eines Frühwarnsystems, auf mögliche Probleme aufmerksam machen und neue Akzente setzen. Die Liste Universität im Umbruch setzt sich für die Beteiligung aller universitären Statusgruppen an wichtigen Entscheidungen sowie für die Förderung eines universitären Klimas ein, das ein kritisches Argumentieren ermöglicht, ohne persönliche Abwertung oder gar Ausgrenzung befürchten zu müssen. Sie steht für Transparenz in allen wesentlichen Entscheidungsprozessen und für die Förderung offener Diskussionen über zentrale Fragen in einer und für eine zukunftsfähige(n) Gesellschaft.
Für die Liste 2 Universität im Umbruch kandidieren in der Gruppe der Hochschullehrenden Gunilla Budde (Fk IV), Bernd Siebenhüner (Fk II), Martin Butler, Mario Dunkel (Fk III), Joachim Peinke (Fk V), Susanne Binas-Preisendörfer (Fk III), Thomas Alkemeyer (Fk IV).