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Dr. Thomas Badewien

Institut für Chemie und Biologie des Meeres

  • Thomas Badewien steht mit Drifter auf einem Boot

    Thomas Badewien hat einige Drifter ins Meer gelassen. Manchmal treiben Wind, Strömung und Wellen diese Bojen an Land. Foto: Universität Oldenburg/ Thomas Badewien

  • Drifter treiben an der Meeresoberfläche

    Die etwa 50 Zentimeter großen Drifter haben an der Oberfläche einen Durchmesser von 14 Zentimetern und treiben wie eine moderne Flaschenpost an der Wasseroberfläche. Foto: Universität Oldenburg/ Thomas Badewien

Forschung zum Mitmachen

Thomas Badewien vom ICBM erhält derzeit vermehrt Anrufe von Touristen und Strandspaziergängern. Was es damit auf sich hat und welche Rolle gesellschaftliche Beteiligung für die Forschung spielt, erklärt er im Interview.

Ozeanograph Thomas Badewien vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) erhält derzeit vermehrt Anrufe von Touristen und Strandspaziergängern. Was es damit auf sich hat und welche Rolle gesellschaftliche Beteiligung für die Forschung spielt, erklärt er im Interview.

Bei Ihnen steht das Telefon in letzter Zeit kaum noch still. Warum?

THOMAS BADEWIEN: Wir haben im Projekt „Gute Küste Niedersachsen“ einige Drifter ins Meer gelassen. Diese etwa 50 Zentimeter großen Bojen haben an der Oberfläche einen Durchmesser von 14 Zentimetern und sind wie eine moderne Flaschenpost, ausgestattet mit GPS-Tracker und einem Satelliten-Kommunikationsmodul. Wind, Strömung und Wellen treiben die Drifter manchmal an Land, wo Spaziergänger oder Touristen sie finden. Da auf den Driftern meine Kontaktdaten sind, melden sich immer wieder Menschen bei mir. Sie wollen wissen, was es mit den Geräten auf sich hat und was sie mit ihnen machen sollen.

Darunter sind sicher auch besondere Gespräche…

BADEWIEN: Ja, sehr. Vor kurzem rief mich ein Junge an, der einen Drifter in den Dünen gefunden hatte. Er teilte seinen Fund sogar über die Videoplattform TikTok. Ein anderes Mal trieb eine der Bojen am Ufer vor Schillig, wo Jungen sie aus dem Wasser fischten. Manche Drifter legen weite Wege zurück. Irgendwann treffen sie auf Land. Wir benutzen sie bereits seit einigen Jahren und manche sind bis nach Schweden oder Norwegen getrieben. Eine Familie hat während ihres Weihnachtsurlaubs in Dänemark einen Drifter gefunden. Sie haben ihn mit in ihr Ferienhaus genommen und mir dann ein Foto vom Drifter unter dem Weihnachtsbaum geschickt.

Was erforschen Sie mit den Driftern?

BADEWIEN: Sie zeigen uns die Strömung an der Meeresoberfläche. Im Projekt „Gute Küste Niedersachsen“ interessiert uns zum Beispiel, wie Küstenschutzbauten die komplexen Strömungsverhältnisse im Wattenmeer beeinflussen. Wir haben die Drifter dafür an zwei verschiedenen Orten ausgesetzt – zum einen in der Harle zwischen Spiekeroog und Wangerooge. Hier gibt es eine Buhne, die die Strömungsverhältnisse verändert. Andere Bojen treiben in der unverbauten Otzumer Balje zwischen Spiekeroog und Langeoog. Wir erfassen die Einwirkungen von Seegang und Tideströmungen und vergleichen die Daten.

Wie reagieren die Menschen auf Ihre Forschung?

BADEWIEN: Sehr positiv! Sie wollen helfen und sind interessiert an den Themen. Oft schicken mir die Finder Fotos vom Fundort oder davon, wie sie die Drifter wieder ins Meer lassen. Alle, die unsere Drifter finden, sind sehr hilfsbereit und begeistert, dass sie sich beteiligen können.

Was können die Finderinnen und Finder dann tun?

BADEWIEN: Das kommt darauf an, welchen Drifter die Person gefunden hat. Unsere moderne Flaschenpost hat eine Arbeitszeit von ungefähr acht Monaten, danach sendet sie keine Signale mehr. In diesem Fall bitten wir darum, das Objekt an uns zurückzusenden oder wir holen es ab. Die Drifter verbleiben also nicht in der Natur, sondern wir verwenden sie immer wieder.

Anders ist es mit den Driftern, die wir kürzlich im Wattenmeer ausgesetzt haben. Manche stranden relativ schnell. Dann ist es sehr hilfreich, wenn die Finder den Drifter bei Hochwasser einfach wieder ins Meer setzen. So können wir weitere Daten sammeln.

Also eine wichtige Aufgabe, die Bürgerinnen und Bürger da übernehmen. Welche Bedeutung hat direkte gesellschaftliche Beteiligung für Ihre Forschung?

BADEWIEN: Für uns ist das Zusammenarbeiten mit der Zivilgesellschaft sehr bereichernd. Viele Menschen, gerade auch junge, haben ein großes Interesse daran, mehr über unsere Forschung zu erfahren. Bürgerinnen und Bürger als sogenannte „Citizen Scientists“ zu beteiligen, wird aus meiner Sicht immer wichtiger. Das schafft auch Akzeptanz für die Forschung in der Gesellschaft, und das ist nicht selbstverständlich. Beim Projekt „Gute Küste“ binden wir die Menschen vor Ort wie auch die Entscheidungsträger von Beginn an ein und entwickeln gemeinsam mit ihnen unsere Forschungsfragen. Auch für Forschende ist dieser Weg noch ungewohnt, aber auf diese Weise entsteht ein ganz neuer Dialog. Ich halte diese Form von Wissenschaft für wichtig, um die Menschen in ihrer Lebenswelt abzuholen.

Und wie geht es weiter mit den Driftern?

BADEWIEN: Wir entwickeln sie stetig weiter – auch mit Hilfe vieler Studierender, vor allem aus unserem Master-Studiengang Marine Sensorik und dem Bachelor Meerestechnik an der Jade Hochschule. Da kommen tolle neue Ideen zustande. Künftig möchten wir QR-Codes auf den Driftern anbringen, um Interessierten einen einfachen Zugang zu weiteren Informationen zu ermöglichen. Außerdem beschäftigen wir uns mit der Frage, wie wir die Energieversorgung im Drifter noch weiter verbessern können. Im Herbst planen wir eine weitere größere Kampagne, bei der wir 20 Drifter ins Meer bringen – und hoffen auch dann wieder auf die Hilfe der Bevölkerung.

Interview: Lara Schäfer

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