Bund und Länder würdigen das Gleichstellungskonzept der Universität mit einer Aufnahme ins Professorinnenprogramm. Dabei geht es um Berufungen – aber auch noch um viel mehr.
An der Universität Oldenburg studieren und forschen überdurchschnittlich viele Frauen. Bei den Professorinnen nimmt die Universität im Bundesvergleich seit einiger Zeit sogar eine Spitzenstellung ein: Der Anteil von Frauen, die eine der rund 260 Professuren innehaben, liegt in Oldenburg bei aktuell 32,4 Prozent – und damit 3,4 Prozentpunkte über dem 2023 zuletzt erhobenen Bundesdurchschnitt. Das Engagement und den Erfolg in Sachen Gleichstellung würdigen Bund und Länder jetzt erneut mit einer Förderung im Rahmen des Professorinnenprogramms. Innerhalb der kommenden Jahre können bis zu rund 2,5 Millionen Euro für die Berufung von neuen Professorinnen nach Oldenburg fließen.
„Wir freuen uns über die sichtbaren Erfolge, die wir mit unserer Gleichstellungsstrategie bereits erreicht haben – und darüber, dass wir, wie auch in früheren Förderrunden des Professorinnenprogramms, überzeugen konnten. Das hat uns nicht nur ermöglicht, hervorragende Wissenschaftlerinnen an die Universität Oldenburg zu berufen, sondern auch zahlreiche Maßnahmen, die sich langfristig und universitätsweit positiv auf die Gleichstellung auswirken“, sagt Prof. Dr. Katharina Al-Shamery, die als Vizepräsidentin unter anderem für das Thema Gleichstellung verantwortlich ist.
Eine dieser Wissenschaftlerinnen ist die Physikerin Prof. Dr. Caterina Cocchi, die seit 2020 in Oldenburg forscht und lehrt. „Das Professorinnenprogramm war für meine Karriere ein Wendepunkt“, sagt sie. Nach zweieinhalb Jahren Juniorprofessur ohne Tenure Track, also ohne Garantie auf anschließende Lebenszeitprofessur, wechselte sie von der Humboldt Universität zu Berlin an die Hunte. Die durch das Programm finanziell gut ausgestattete Professur ermöglichte es Cocchi, ihre Forschungsgruppe zu erweitern. „Das war von unschätzbarem Wert für meine wissenschaftliche Arbeit“, sagt sie. „Die Unterstützung hat mir erlaubt, meine eigenen Ideen unabhängig zu verwirklichen und meine Forschung voranzutreiben.“ Das Programm hält sie daher für wichtig, um dem Problem „Leaky Pipeline“ zu begegnen, also dem Phänomen, dass der Frauenanteil in der Wissenschaft besonders auf höheren Karrierestufen rapide sinkt, obwohl immer mehr Frauen ein Studium absolvieren. „Durch die Bereitstellung von gezielten Finanzmitteln und flexiblen Fördermöglichkeiten werden strukturelle Barrieren abgebaut, die Frauen auf ihrem Karriereweg oft behindern“, so Cocchi.
Das „Professorinnenprogramm 2030“ übernimmt für fünf Jahre die Kosten für die Professur von drei Wissenschaftlerinnen, die erstmals in ihrer Karriere auf eine unbefristete Position berufen werden. Das ermöglicht den Universitäten, entweder früher als geplant Professorinnen zu berufen oder bei planmäßigen Berufungen die in ihrem Haushalt eigentlich für diese Kosten vorgesehenen Mittel in Maßnahmen zu investieren, die die Gleichstellung universitätsweit fördern.
Zahlreiche Projekte gefördert
Und das waren in den vergangenen Jahren eine ganze Menge: So haben die Gelder etwa die ersten vier Runden des Helene-Lange-Mentoring-Programms ermöglicht, das mit verschiedenen Programmlinien Wissenschaftlerinnen von der Abschlussphase der Dissertation bis hin zur Juniorprofessur bei ihrer Karriere unterstützt. Weitere Mittel sind in die Entwicklung eines Lehrkonzepts geflossen, in dem angehende Lehrkräfte lernen, gendersensibel Informatik zu unterrichten oder in den gerade erst fertiggestellten familienfreundlichen Lernraum in der Bibliothek, in dem spielende Kinder und lernende Eltern gleichermaßen Platz finden.
Die über das Programm finanzierte „Helene-Lange-Gastprofessur“ brachte bereits vier internationale Gastprofessorinnen an die Universität, die in Bereichen forschen, in denen Frauen traditionell unterrepräsentiert sind und die während ihres Aufenthalts in Oldenburg auch spezielle Angebote für Studentinnen und Wissenschaftlerinnen in frühen Karrierephasen machten. „Ich freue mich sehr, dass die Mittel, die im Zusammenhang mit meiner Regelstelle über das Professorinnenprogramm an die Universität geflossen sind, dieses Programm ermöglicht haben“, sagt Prof. Dr. Anne Frühbis-Krüger, die seit 2020 als Professorin für Mathematik an der Universität lehrt und forscht. Sie hat das Gastprofessur-Programm nicht nur mitinitiiert, sondern empfing 2022 gemeinsam mit ihrem Kollegen Prof. Dr. Andreas Stein die seit vielen Jahren in Kanada forschende Kryptographin Prof. Dr. Renate Scheidler als erste Helene-Lange-Gastprofessorin in Oldenburg. „Ihr Aufenthalt war nicht nur wissenschaftlich fruchtbar, sondern hat vielen jungen Leuten im Institut eine exzellente Mentorin mit viel Erfahrung an die Seite gestellt“, sagt Frühbis-Krüger.
In den verschiedenen Förderrunden floss seit 2008 für insgesamt sechs Professuren Geld aus dem Professorinnenprogramm nach Oldenburg. Drei weitere können jetzt hinzukommen. Welche Ideen mit dadurch freiwerdenden Geldern umgesetzt werden sollen, steht bereits fest. Das erfolgreiche Helene-Lange-Gastprofessorinnen-Programm wird fortgeführt. Erstmals geplant ist außerdem ein einwöchiges Ferien-Schnupperstudium Informatik, das Schülerinnen der achten Klasse an den bis heute männlich geprägten Studiengang heranführen soll. Damit reagiert die Universität darauf, dass der Studentinnenanteil in der Informatik auf 14 Prozent gesunken ist. Weitere Mittel fließen zum Beispiel in Karriereberatungsangebote für Wissenschaftlerinnen und eine Kampagne gegen sexualisierte Diskriminierung und Gewalt.
Aktuell kann die Universität eine erfreuliche Gleichstellungsbilanz ziehen. Bei den Studierenden machen Frauen aktuell 57 Prozent aus. Das Verhältnis von Männern und Frauen bei den Wissenschaftlichen Mitarbeitenden ist ausgeglichen. Bei den Professor*innen ist aktuell jede dritte weiblich – betrachtet man nur die in den vergangenen Jahren neu an die Universität Berufenen ist es fast jede zweite. Während bei den – zumindest zunächst - befristeten Juniorprofessuren bereits eine Parität von Männern und Frauen erreicht ist, sinkt der Frauenanteil aber mit höheren Besoldungsstufen, insbesondere bei den Lebenszeitprofessuren.